DOMRADIO.DE: Ist Klimaschutz zurzeit noch eher etwas für die, die gut verdienen und sich E-Autos oder teure Bahntickets leisten können?
Vera Bünnagel (Klimaschutzbeauftragte des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln): Man hat manchmal ein bisschen den Eindruck, aber eigentlich geht Klimaschutz uns alle an. Wir alle sind von den Folgen betroffen, die spüren wir jetzt schon.
Wir alle emittieren und tun damit etwas für den Klimawandel und können weniger emittieren und somit etwas gegen den Klimawandel tun. Aber natürlich ist es schwieriger, wenn ich irgendwo auf dem Land wohne und mich nur schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiterbewegen kann.
Das ist ein Thema, was wir auch angehen wollen. Wir brauchen überall die Möglichkeit, uns auch ohne diesen Individualverkehr und vor allem den Individualverkehr mit dem Auto fortbewegen zu können.
DOMRADIO.DE: Die Caritas fordert unter anderem, dass der öffentliche Nahverkehr für alle bezahlbar sein muss. Derzeit ist noch unklar, wie es nächstes Jahr mit dem 49-Euro-Ticket weitergeht. Die Finanzierung ist noch nicht geklärt. Wie blicken Sie auf die aktuelle Diskussion?
Bünnagel: Natürlich ist es schwierig, wenn der ÖPNV nicht bezahlbar ist. Dann fahren die Leute eben auch nicht. Leider ist immer noch ganz oft das Auto billiger oder im Fernverkehr der Flug billiger. Ganz viel geht einfach nur über den Preis. Wenn wir das nicht öffentlich entsprechend fördern, dann wird sich da auch nichts ändern. Wir fördern ja auch den Individualverkehr durch große Subventionen.
Von daher sehe ich das als ein großes Problem, wenn es auch das 49-Euro-Ticket nicht weiter geben sollte. Da braucht man andere Lösungen, treffsichere Lösungen, die gerade für diejenigen greifen, die sich teilweise auch das 49-Euro-Ticket nicht leisten können, auch wenn es das zu ermäßigten Preisen gibt. Aber da haben wir noch mal ein gesondertes Problem.
DOMRADIO.DE: Am Dienstag findet das erste Klima-Forum für Wohlfahrt und Kirche statt. Welche anderen Ansätze zu sozialer und ökologischer Mobilität werden da noch diskutiert?
Bünnagel: Wir als Kirche und als Caritas haben einen sozialen Auftrag und brauchen dafür Mobilität. Den können wir nicht nur von zu Hause aus oder nur aus dem Homeoffice erledigen. Wir müssen uns bewegen, werden das aber vielleicht auch in unserem Arbeitsalltag mit weniger Emissionen tun können.
Dafür wollen wir gemeinsam Lösungen suchen, uns von Experten Input geben lassen, uns vernetzen. Wir alle arbeiten an denselben Themen: Wie kommen die Leute täglich zur Arbeit? Wie kommen die zu den Klientinnen und Klienten? Wie kommen die Leute in den Gottesdienst?
Dafür suchen wir gemeinsam Lösungen, wie wir da besser werden können und mit weniger Emissionen tun können, was wir täglich tun wollen.
DOMRADIO.DE: Das sollte nach wie vor ein Anliegen der Kirche und der kirchlichen Einrichtungen im Sinne der Bewahrung der Schöpfung sein.
Bünnagel: Unbedingt. Wir sehen selbst, was wir mit unserem Planeten machen. Wir alle können ganz viel tun. Da haben natürlich diejenigen, die viel Auto fahren, die viel mit dem Flugzeug fliegen, den größten Hebel. Aber auch alle anderen sind gefragt. Wenn viele kleine Schritte tun, dann können wir Großes bewirken.
DOMRADIO.DE: Morgen mit dabei sind auch Promis wie der Arzt und Moderator Eckart von Hirschhausen. Was ist sein Thema?
Bünnagel: Eckart von Hirschhausen hat inzwischen die Stiftung "Gesunde Erde – Gesunde Menschen" gegründet. Er wird auch noch mal darauf aufmerksam machen, dass wir so, wie wir uns gerade auf unserem Planeten bewegen, nicht mehr lange gesund darauf leben können. Wir müssen uns unbedingt in unserem Verhalten ändern, damit es hier für uns alle lebenswert bleibt.
DOMRADIO.DE: Was versprechen Sie sich vom Klima-Forum?
Bünnagel: Wir kommen mit 120 Menschen zusammen, die in Kirche und Wohlfahrt rund um das Thema Klimaschutz aktiv sind und die sich jetzt vernetzen, die Synergien entdecken, die Input bekommen und die von Experten beispielsweise in ambulanten Diensten Lösungen aufgezeigt bekommen.
Wir erfahren, was man mit künstlicher Intelligenz machen kann, mit ihrer Hilfe Wege einzusparen und somit auch Emissionen einzusparen. Das ist ganz breit aufgestellt.
Versuchen wir einfach gemeinsam Lösungen zu finden, uns gegenseitig neu zu motivieren. Denn manchmal ist das ja auch ein etwas frustrierendes Geschäft, wenn man sieht, wer alles noch "fleißig" wie immer schon weitermacht.
Wir wollen unseren Beitrag dafür leisten, dass die Emissionen im Verkehr sinken und wir unsere Klimaziele ein bisschen besser in Deutschland einhalten können.
DOMRADIO.DE: Was ist Ihre persönliche Motivation?
Bünnagel: Ich habe drei Kinder. Die fragen schon danach und versuchen, sich selbst ökologisch bewusst zu verhalten.
Meine größte Motivation ist, dass die auch in 30, 50, 60 Jahren noch gut leben können. Da mache ich mir Sorgen.
Das Interview führte Katharina Geiger.