Der Göttinger Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann kritisiert die Werbekampagne für die drei nationalen Sonderausstellungen zum Gedenken an 500 Jahre Reformation 2017. "Was hier werbetechnisch passiert, ist der größte anzunehmende Ernstfall", sagte er am Freitag in Hamburg beim Deutschen Historikertag. "Das ist nicht mehr witzig, das ist skandalös", so der evangelische Universitätsprofessor.
"Reformation unter dem Hammer"
Die Ausstellungen in Berlin, Eisenach und Wittenberg werden mit dem gemeinsamen Internetauftritt 3xhammer.de, einem Hammer und unter dem Titel "Die volle Wucht. Die Reformation" beworben. Der wissenschaftliche Beirat, dem Kaufmann angehört, sei "mit keiner Silbe gefragt worden", sagte er. "Das ist nicht hinnehmbar, das ist schlichtweg ärgerlich." Da habe sich die Werbeagentur durchgesetzt.
"Die waren der Meinung, dass man mit einer baumarktartigen Kampagne Personen ansprechen könnte, die sonst für museale Themen nicht erreichbar sind. Ich glaube, dass das ein Schuss in den Ofen ist", so der Wissenschaftler, der kürzlich mit "Erlöste und Verdammte" im Verlag C.H. Beck eine Geschichte der Reformation vorgelegt hat.
Überwindbare Legende
Kaufmann hält die Werbekampagne für "fatal", weil sie das symbolisch besetzte Konzept des Thesenanschlags aufnehme. Das aber sei die "Fortsetzung einer Perspektive, die zu überwinden sich die Wissenschaft seit einigen Jahrzehnten" bemühe. Dass Martin Luther am 31. Oktober 1517 mit lauten Hammerschlägen seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche genagelt haben soll, gilt unter Historikern seit langem als eine Legende. Kaufmann betonte, man dürfe jedoch "auf keinen Fall die Qualität der Ausstellungen über die Qualität der Werbung beurteilen".