Dies sei dann der Fall, "wenn die Akten der Glaubenskongregation aus seiner Amtszeit zugänglich sind", sagte Schüller der "Kölnischen Rundschau" (Montag).
Man könne indes schon jetzt sagen: "Joseph Ratzinger hat im Unterschied zu seinem heiliggesprochenen Vorgänger Johannes Paul II. überhaupt erkannt, dass das ein dramatisches Thema ist."
Als Präfekt der Glaubenskongregation habe der spätere Papst es geschafft, Johannes Paul II. davon überzeugen, dass solche Delikte zentral in Rom untersucht werden müssen.
Schüller: "Ich verstehe aber gut, dass aus Sicht der Opfer sexualisierter Gewalt nichts von dem ausreicht, was von 1980 bis heute geschehen ist. Das darf man auch nicht kleinreden."
Was wäre wenn?
Aus Schüllers Sicht wäre es interessant gewesen, wie Benedikt als Papst agiert hätte, wenn ihn 2013 nicht die Kräfte verlassen hätten.
"Denn er hatte ja einiges angestoßen, während sein Nachfolger Franziskus in den letzten Jahren dann wichtige Normen erließ. Man könnte sagen, Benedikt hat als Papst die Türen für Franziskus geöffnet, durch die sein Nachfolger dann mit der Verschärfung des kirchlichen Strafrechts gegangen ist."
Allerdings habe Benedikt, was seine eigene Verantwortung als früherer Erzbischof von München und Freising angeht, stets nur von Fehlern in seiner Amtszeit gesprochen, nicht von persönlichen Fehlern. Schüller: "Das ist charakteristisch, er konnte Fehler schwer eingestehen - ob es um problematische theologische Aussagen ging oder um amtliches Handeln. Das hat sicher auch damit zu tun, dass er die Institution, für die er handelte, um jeden Preis schützen wollte."
Benedikt XVI. war am Samstagmorgen im Alter von 95 Jahren in seiner Wohnung im Vatikan gestorben. Er war von 2005 bis 2013 Oberhaupt der katholischen Kirche und damit der erste deutsche Papst seit 482 Jahren. Vor seiner Wahl war er gut 23 Jahre lang Leiter der Glaubenskongregation im Vatikan.