Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, lobten in einem Beitrag für den Kölner "Express" (Dienstag) die ökumenische Ausrichtung des Reformationsgedenkens.
Woelki unterstrich: "Gemeinsam haben wir unseren Glauben an Christus, den Mensch gewordenen Sohn Gottes, öffentlich in die Gesellschaft hinein bezeugt." Der Reformationstag "beschließt ein Jahr, in dem evangelische und katholische Gläubige ihre Zusammengehörigkeit in Jesus Christus sichtbar gemacht haben", so Rekowski. Es sei ein Grund zum Feiern, wenn Christen in der Nachfolge Jesu unterwegs seien.
Woelki glaubt nicht an gemeinsames Abendmahl
Auch Woelki hebt in der Zeitung hervor, dass Katholiken vielerorts von evangelischen Christen zum Gedenken an die Reformation vor 500 Jahren eingeladen wurden. "Gemeinsam haben wir unseren Glauben an Christus, den Mensch gewordenen Sohn Gottes, öffentlich in die Gesellschaft hinein bezeugt", so der Erzbischof. Er erinnert an die Taufe als verbindende Grundlage. "Sie ist die Basis dafür, dass auch konfessionsverschiedene Ehepartner sich unwiderruflich aneinander binden können, ohne das eigene Bekenntnis aufgeben zu müssen."
Zugleich betont der Erzbischof die Unterschiede zwischen den Konfessionen. So fehle die Basis für ein gemeinsames Abendmahl. "Hier stimmen die Konfessionen in zentralen Fragen nicht überein." Für Katholiken lade Christus nicht nur zu diesem gemeinsamen Mahl ein. Für sie sei es eine unumstößliche Gewissheit, dass Christus in den verwandelten Gaben von Brot und Wein gegenwärtig sei. Solange es Unterschiede im Bekenntnis und Verständnis der Eucharistie gebe, könne es keine gemeinsame Abendmahlsfeier geben, so Woelki.
Für die Zukunft bekundete Woelki den Wunsch, dass Katholiken und Protestanten gemeinsam und mit einer Stimme zum Wohl der Menschen für das christliche Bekenntnis einstehen. "Das bleibt unser gemeinsamer Auftrag, auch über das Ende des Reformationsgedenkens hinaus."
Präses Rekowski sieht das anders
Dagegen warb Präses Rekowski für mehr konkrete Ökumene zwischen Katholiken und Protestanten. "Die Menschen in den Kirchengemeinden haben nach meiner Beobachtung wenig Verständnis für ökumenische Stagnation, zumal sie in der Regel nachbarschaftlich gut ökumenisch zusammenleben", sagte Rekowski kürzlich dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Düsseldorf. Christen schöpften aus derselben Quelle. "Ein gemeinsames Abendmahl wäre ein folgerichtiger und konsequenter Weg."
Ob dies bis zum ökumenischen Kirchentag im Jahr 2021 möglich sein wird, könne er nicht sagen, erklärte der rheinische Präses: "In dieser Frage sollte man nicht auf den Kalender schauen." In der katholischen Kirche werde nach seiner Wahrnehmung aber intensiv über den seelsorglichen Umgang mit konfessionsverbindenden Ehepaaren und ihre gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie diskutiert, sagte der Theologe. "Auch der Papst ermutigt die deutschen Bischöfe, zu Lösungen zu kommen. Davon hängen weitere Fortschritte entscheidend ab."
Bischöfe waren vor der Reformationsdekade skeptisch
Die katholischen deutschen Bischöfe hatten dem Trierer Bischof Stephan Ackermann zufolge vor Beginn der zehnjährigen Feiern zum Reformationsgedenken von 2008 bis 2017 Bedenken. "Da gab es doch ein gewisses Kribbeln und die Befürchtung, es könnten zehn schwere Jahre für uns werden", sagte Ackermann am Montagabend laut vorab verbreitetem Manuskript in Saarbrücken. Schnell sei den Bischöfen jedoch klar geworden, dass keine "Jubel- und Profilierungsfeier des Protestantismus mit antikatholischen Spitzen" geplant werde, so Ackermann bei einem Festakt der Evangelischen Kirchen im Saarland zum Reformationsgedenken.
"Im Gegenteil: Je näher das Jubiläumsjahr rückte, umso deutlicher wurde, dass die Jubiläumsveranstaltungen eine ökumenische Dimension haben sollten", betonte der Bischof. Da die evangelische Kirche die Dekade hin zum 500. Jahrestag der Reformation nicht als Lutherfest, sondern als Christusfest ausgerichtet habe, sei es "das bisher ökumenischste Jubiläum aller Zeiten". Er schaue "dankbar und bereichert" auf das Gedenkjahr 2017 zurück.
Was sagen Politiker?
Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte am Montag in Berlin, die Reformation, an deren Beginn vor 500 Jahren aktuell erinnert wird, habe die Welt verändert. "Unser heutiges humanistisches, aufgeklärtes Weltbild verdanken wir auch den Reformatoren und ihrem Wirken." Die Reformation habe die Gesellschaft über Deutschland und Europa hinaus in die Moderne geführt.
Der Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder (CDU), erinnerte an die Bibelübersetzung Luthers: "Er wollte allen Menschen eine Begegnung mit dem Wort Gottes ermöglichen, das bis dahin nur in Latein und für viele unverständlich verkündet wurde." Der bundesweite Feiertag am Dienstag sei ein "Fest der Freiheit".
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sieht in der Reformation ein Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung und im Reformator Martin Luther den Wegbereiter einer Freiheits- und Emanzipationsbewegung. Die Reformation habe epochale Veränderungen hervorgebracht, deren Errungenschaften bis in die heutige Zeit wirkten. Zugleich erinnerte Bouffier an das "schwierige Erbe" der Reformation. Nach wie vor brauche es den Willen und die Fähigkeit, religiöse Konflikte zu bewältigen. Der Friede unter den Konfessionen und Religionen bleibe eine entscheidende Voraussetzung für ein gelingendes Zusammenleben.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) würdigte den 500. Jahrestag als "ganz besonderes Jubiläum". Die Reformation habe großen Einfluss auf die gesellschaftliche, politische und kirchengeschichtliche Entwicklung gehabt. Zum wichtigen Erbe der Reformatoren gehörten die Übersetzung der Bibel ins Deutsche und die Einführung der deutschen Sprache in die Liturgie. Laschet begrüßte es, dass die evangelische Kirche das Gedenkjahr als Christusfest gefeiert habe. Das habe ein gemeinsames Erinnern mit der katholischen Kirche ermöglicht.
Der religionspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion in NRW, Stephen Paul, betonte, die Kirchen hätten das Leben und die Werte in Europa über Jahrhunderte geprägt. "Die gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Auswirkungen dieser gemeinsamen Geschichte wirken bis heute nach", so Paul. Die Reformation stelle einen großen geschichtlichen Wendepunkt dar. Sie habe die Tür zur Moderne aufgestoßen und die Aufklärung vorbereitet. So seien die Werte Freiheit, Eigenverantwortung, Mitgefühl und Mitmenschlichkeit auch in der Gegenwart aktuell. "Vor 500 Jahren wurde ein Grundstein unserer freien und offenen Gesellschaftsordnung gelegt", sagte Paul.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte: "Das heutige Berlin, als Stadt der Freiheit und Symbol für Offenheit, Toleranz und Vielfältigkeit, wäre ohne das Erbe Martin Luthers nicht denkbar."