Kirchenvertreter zeigen sich entsetzt über Nawalnys Tod

"Angeblicher Rechtsstaat"

Trauer, Entsetzen und viele offene Fragen verbinden sich mit dem Tod von Putin-Kritiker Alexej Nawalny. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz wirft dem russischen Präsidenten Putin rücksichtslose Unmenschlichkeit vor.

Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, spricht bei der Pressekonferenz zum Abschluss der Herbstvollversammlung / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, spricht bei der Pressekonferenz zum Abschluss der Herbstvollversammlung / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Schwere Vorwürfe gegen den russischen Präsidenten: "Menschenleben scheinen für Putin nicht zu zählen", kritisierte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz am Freitagabend auf X (früher Twitter): "Der Tod von Alexej Nawalny ist erschütternd", fügte Bischof Georg Bätzing hinzu: "Er zeigt, wie unmenschlich das System Putins ist, wenn in einem angeblichen Rechtsstaat Menschenrechte und Gesetze mit Füßen getreten werden."

"In dieser Stunde gelten meine Gedanken der Frau von Alexej Nawalny und seiner ganzen Familie", ergänzte der Limburger Bischof.

"Repressionen, Gefängnis und Tod"

Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, äußerte sich entsetzt über die Nachricht vom Tod des russischen Regimekritikers. "Er steht stellvertretend für all jene, die sich in Russland für Demokratie und Menschenrecht eingesetzt haben und dafür Repressionen, Gefängnis und sogar den Tod erleiden", zitierte die EKD die Hamburger Bischöfin auf X: "Kein Mensch darf inhaftiert werden, weil er sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzt."

Im Vatikan äußerte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin "Erstaunen und Trauer". Am Rande eines Gottesdienstes sagte er am Abend laut Vatican News: "Ich habe es in den Nachrichten gesehen, was soll ich sagen? Es tut mir sehr leid, ich dachte, es hätte anders gelöst werden können. Stattdessen erstaunt uns diese Nachricht und erfüllt uns mit Trauer." Für eine Einschätzung möglicher Folgen für die Beziehungen zu Russland wollte er sich noch nicht äußern.

Gesundheitszustand wegen widriger Haftbedingungen schlecht 

Die Todesnachricht sorgt für Trauer und Erschütterung in der gesamten westlichen Welt: Eine sibirische Strafvollzugsbehörde teilte am Freitag überraschend mit, dass der bekannte russische Kreml-Kritiker in seiner Haft gestorben sei. Angeblich, so russische Medien, sei der 47-Jährige bei einem Spaziergang plötzlich zusammengebrochen. Nawalnys Vertraute zweifeln an dieser Darstellung, manche sprechen gar von einer gezielten Tötung.

Nach Angaben aus dem Umfeld des prominenten Dissidenten soll er bei einer Videoschalte am Donnerstag noch einen fitten Eindruck gemacht haben. In den vergangenen Monaten hatte es allerdings immer wieder Berichte gegeben, dass sich Nawalnys Gesundheitszustand aufgrund der widrigen Haftbedingungen massiv verschlechtert habe. Menschenrechtsorganisationen und Regierungen in aller Welt setzten sich zuletzt immer wieder vergeblich für eine Freilassung ein.

Nicht sicher, ob wirklich tot

Bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz trat Nawalnys Frau Julia Nawalnaja vor die Kameras. Mit Tränen in den Augen rief sie die internationale Gemeinschaft auf, das "schreckliche Regime" in Russland zur Verantwortung zu ziehen. Sie sei sich jedoch nicht sicher, ob ihr Mann wirklich tot sei: "Ich weiß nicht, ob wir den entsetzlichen Nachrichten glauben sollen, die wir ausschließlich aus staatlichen russischen Quellen erhalten." Man könne Putin und seiner Regierung nicht vertrauen - "sie lügen immer".

Nawalny saß seit 2021 in Haft. Ihm wurde unter anderem Extremismus vorgeworfen. Mehrere Gerichte verhängten in fragwürdigen Prozessen langjährige Freiheitsstrafen gegen ihn. Insgesamt sollte er mehrere Jahrzehnte hinter Gittern verbringen. 2020 war Nawalny Opfer eines Attentats mit Nervengift geworden. Er machte den Kreml dafür verantwortlich.

Debatte um Papstworte zu Russland

Nach starker Kritik an den positiven Worten von Papst Franziskus über Russland hat ein ukrainischer Bischof das Kirchenoberhaupt in Schutz genommen. Der römisch-katholische Bischof von Kiew, Witalij Krywyzkyj, erinnerte am Dienstagabend auf Facebook daran, dass Franziskus die Ukraine wiederholt unterstützt habe, auch mit unerwarteten Gesten. Zugleich fragte er jene Katholiken, die jetzt bereit seien, den Papst zu "kreuzigen", ob sie dessen spirituellen Rat befolgt hätten, als er das größte Vertrauen unter den religiösen Führern in der Ukraine genoss.

Papst Franziskus / © Romano Siciliani/Vatican Media (KNA)
Papst Franziskus / © Romano Siciliani/Vatican Media ( KNA )
Quelle:
KNA