DOMRADIO.DE: Ganz praktisch: ändert sich etwas durch das neue Kirchenrecht hier bei uns?
Dr. Stefan Vesper (ehemaliger ZdK-Generalsekretär): Bei uns wird sich hier nicht viel ändern. Es ist ja bei uns eine eingespielte Regelung. Das gibt es seit Jahrzehnten, muss man sagen. Aber es ist mir wichtig zu sagen, dass es für die Weltkirche durchaus eine wichtige Neuerung ist, für alle Länder. Ich meine, für uns ist es hier eine kleine Änderung im Kirchenrecht, die bei uns keine große Bedeutung hat. Ich habe auch gesehen, dass die Reaktionen eher belustigt waren. Aber man muss immer schauen: Wir sind eine Weltkirche. Das heißt, wenn der Papst Änderungen macht, gelten sie überall. In vielen Ländern und Kontinenten ist es überhaupt nicht üblich, dass es Frauen gibt, die Kommunion austeilen.
DOMRADIO.DE: Wo zum.Beispiel?
Vesper: In manchen Ländern Afrikas, Asiens. Auch bei uns in Europa gibt es Situationen, wo ich eigentlich immer nur sehe, dass Priester oder mal ein Ordensmensch hier aktiv werden. Insofern ist es gut, dass man sieht: Die katholische Kirche reformiert sich, auch wenn es für uns hier keine große Reform ist, aber für andere Länder schon.
DOMRADIO.DE: Muss der Papst da unter Umständen jetzt sogar mit Widerstand aus diesen betroffenen Ländern rechnen?
Vesper: Das glaube ich nicht. Aber es ist für uns schon, die wir auf dem Synodalen Weg hier sind, in zweifacher Weise wichtig. Das erste ist mal: kirchliche und kirchenrechtliche Veränderungen durch den Papst sind möglich. Der Papst kann das Kirchenrecht ändern und er tut es auch. Das ist eigentlich ein Argument gegen diejenigen, die es auch bei uns in Deutschland gibt, die sagen: Kirche muss immer so bleiben, wie sie jetzt ist. Sie war immer so, sie muss immer so bleiben. Es darf sich nichts verändern. Das ist hier ein Gegenargument, wenn auch nur ein kleines. Aber es ist ein Gegenargument gegen diese Rede.
DOMRADIO.DE: Würden Sie sagen, dass diese Entscheidung von Papst Franziskus dann auch ein Schritt dahin ist, die Rolle von Frauen in der Liturgie weltweit zu stärken?
Vesper: Auf jeden Fall ist es der Beginn. Es ist ein kleiner Schritt, natürlich. Aber wir setzen uns ja seit langem für den Diakonat der Frau ein. Und ich finde, man muss sehen, kirchliches Recht ändert sich, und der Papst kann hier Schritte gehen. Dies hat er getan aufgrund der Debatten in der Amazonas-Synode. Da waren auch andere Themen wie die "viri probati" oder auch der Diakonat der Frau angesprochen.
Noch etwas ist wichtig. Es gibt Länder, die gehen voran, es gibt Bischofskonferenzen oder auch Diözesen, die gehen voran. Die machen bestimmte Dinge so wie es in Deutschland war mit den Ministrantinnen. Und irgendwann, wenn die Kirche soweit ist, dann kommt es dazu, dass man diese Vorreiter auch dann ins Recht setzt. Wir haben ja auch in Deutschland schon vor dem Konzil Messen in deutscher Sprache gefeiert. Die "Liturgische Bewegung", die war weiter als die Weltkirche. Und manchmal ist es so, dass dann die Weltkirche dann auch nachkommt. Und wenn der Papst etwas für die gesamte Kirche entscheidet und festlegt, dann ist das eigentlich ein Tag, wo man sich freuen kann.
DOMRADIO.DE: Gehen Sie davon aus, dass das jetzt wirklich dazu führt, dass global mehr Frauen am Altar stehen werden, rund um den Globus?
Vesper: Nein, ich glaube, ich hoffe jedenfalls, dass sich das so entwickelt, dass es mehr Frauen gibt, die die Lesungen vortragen, die Kommunion austeilen, die diesen Dienst auch ausüben. Mädchen, Ministrantinnen werden überall eingesetzt und nicht nur hier bei uns. Übrigens auch hier bei uns überall. Es gibt ja auch wenige, die das noch verweigern. Aber insgesamt muss man sagen, ich habe mit einem Freund oft darüber gesprochen. Der war Priester in Brasilien und hatte 70 Gemeinden. Und wer hat denn da das Leben aufrechterhalten? Das waren doch Männer und Frauen aus diesen Gemeinden, die Gottesdienst gefeiert haben, die die Gemeinde geleitet haben, die die Menschen betreut haben, die für sie da waren. Und deswegen muss die Rolle der Laien weltweit gestärkt werden. Und ich finde, durch diesen kleinen Schritt, ist das auch wieder erfolgt.
Das Gespräch führte Hilde Regeniter.