DOMRADIO.DE: Das Thema Gleichberechtigung liegt der KJG besonders am Herzen. Es geht um Mädchen und Frauen in der Kirche und um queere Personen. Ist das für Kinder und Jugendliche eigentlich noch ein Thema oder ist das für sie schon selbstverständlich?
Lisa Holzer (Geistliche Bundesleitung des KJG-Bundesverbandes): Ich glaube schon, dass es ein großes Thema ist. Gerade in der Umsetzung der Gleichberechtigung sind doch noch einige Fragen offen. Queere Menschen und Kinder haben noch nicht immer diesselben Rechte. Wir fordern beispielsweise die Anpassung des Wahlalters auf 16 Jahre. Gerade ist auch das Selbstbestimmungsgesetz in der Mache. Da ist es ein großes Thema, wie queere Menschen gut geschützt werden können und wie sie sich selbst bestimmen können. Vorgestern gab es in Hannover auch einen gewaltvollen Übergriff gegen queere Menschen. Und da positionieren wir uns ganz klar und möchten auf jeden Fall, dass queere Menschen so teilhaben können, dass sie eben nicht mehr Gewalt erfahren.
DOMRADIO.DE: Durch "Out in Church" gab es vor anderthalb Jahren einen einen Umbruch gegeben in der katholischen Kirche. Hat sich denn seitdem etwas getan? Vielleicht sogar zum Positiven?
Holzer: Ja. Ich glaube, dass viel aus dem Dunkelfeld rauskommen konnte. Queere Menschen können jetzt ein bisschen besser Position beziehen oder einfach sie selbst sein, gerade auch, was das Arbeitsrecht angeht. In vielen Bereichen sind ja tatsächlich praktische Umsetzungen beschlossen worden. Wir merken schon, dass Menschen sichtbarer werden, die sich bisher nicht trauen konnten. Eigentlich sollte Kirche ein sicherer und ermutigender Ort sein. Das ist sie noch lange nicht.
DOMRADIO.DE: Sie haben jetzt fünf Tage intensive Beratungen und Entscheidungen hinter sich. Was waren denn sonst die Schwerpunktthemen in dieser Woche?
Holzer: Ein ganz großes Thema war die Positionierung gegen Faschismus. Wir haben seit einem Jahr auch strukturell das Schwerpunktthema Antifaschismus und haben uns sehr klar gegen Faschismus positioniert, weil das nicht mit unserer Haltung, mit unserem Glauben zusammenpasst. Wir haben große Forderungen an Politik und Kirche zur Aufarbeitung von getanem Unrecht im Kontext rechter Übergriffe und Rassismus gestellt und haben uns selber in die Pflicht genommen, da auch weiter voranzugehen.
DOMRADIO.DE: Können Sie Beispiele nennen?
Holzer: Wir haben für uns selbst beschlossen, dass wir mehr Bildungsarbeit leisten wollen. Gerade weil rechte Positionen immer mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommen. Wir schauen, dass wir uns gut vernetzen und immer wieder klar Position beziehen. Es gibt schon einen Beschluss, den wir noch mal bekräftigt haben, dass wir wählen gehen, die Demokratie unterstützen und explizit nicht die AfD wählen. Von der Politik fordern wir, dass keine rechten Parteien und Stiftungen finanziert werden und dass struktureller Rassismus und Polizeigewalt umfassend aufgearbeitet werden. Wir haben auch Forderungen an die katholische Kirche gestellt, weil sie eine moralische Instanz ist. Uns kommt es viel zu häufig vor, dass Bischöfe Grußworte an Veranstaltungen richten, wo rechte Gruppierungen mitgehen.
DOMRADIO.DE: Heute geht ja die Bundeskonferenz zu Ende. Gehen Sie denn zufrieden und zuversichtlich in die kommenden zwölf Monate?
Holzer: Ja, absolut. Ich finde es toll, dass junge Erwachsene so viel Lust haben, sich für eine bessere Gesellschaft einzusetzen auf Grundlage ihres Glaubens, auch im Hadern mit der katholischen Kirche. Wir haben gute Beschlüsse gefasst mit der Positionierung gegen Rechts, auch wie wir kirchenpolitisch lautstark sein können und wie wir queere Menschen auch in unseren Strukturen sichtbarer machen können. Das macht mich sehr zuversichtlich.
Das Interview führte Heike Sicconi.