Die Ergebnisse seien so erschreckend, dass man nur hoffen könne, dass sie nicht einträten, sagte Anika Schroeder, Umweltexpertin des katholischen Hilfswerks Misereor, am Dienstag.
Der Meeresspiegel steigt jedes Jahr schneller - und laut der neuen Studie kann der Anstieg am Ende dieses Jahrhunderts bei zehn Millimetern pro Jahr liegen - statt wie bisher angenommen bei drei.
Diese Zahlen veröffentlichten Forscher der University of Colorado. Im Jahr 2100 kann der durchschnittliche Pegel der Meere den Angaben zufolge um 65 Zentimeter höher liegen als im Jahr 2005. Experten waren bisher von einer Erhöhung um rund 30 Zentimeter ausgegangen.
Experte hält Studie für glaubhaft
Anders Levermann ist Experte für das Thema Meeresspiegelanstieg am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Seinen Einschätzungen zufolge ist die Studie glaubhaft: "Die Studie bestätigt unser Wissen über die Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs."
Am Anfang des vergangenen Jahrhunderts lag der Anstieg Levermann zufolge bei einem Millimeter, dann lag er zu Beginn dieses Jahrhunderts schon bei drei Millimetern. "Aber der Meeresspiegel steigt weiter und immer schneller", stellt der Forscher fest. "So muss wohl eher mit einem Anstieg bis 1,5 Metern gerechnet werden, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen weiter ansteigt wie bisher." Die Unterschiede liegen den Angaben zufolge an den genaueren Daten durch Satelliten und den Arten der Berechnung.
Der Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und dem Anstieg des Meeresspiegels ist Levermann zufolge so zu erklären: "CO2 erwärmt die Luft. Je mehr CO2 es gibt, desto wärmer wird damit auch das Wasser. Das Meer braucht dann mehr Raum, das Eis schmilzt und der Meeresspiegel steigt."
Der Wissenschaftler sieht als eine Lösung der Probleme eine schnelle Umsetzung des Pariser Klimaabkommens: "Wenn wir die Erwärmung begrenzen wollen, müssen wir die globale Energiewende schaffen. Ohne Kohleausstieg gibt es keinen Klimaschutz".
Misereor warnt
Dieser Meinung ist auch Schroeder von Misereor: "Als ersten Schritt muss die Bundesregierung einen schnellen Kohleausstieg beschließen. Dazu zählt die deutsche Braunkohle, aber auch importierte Steinkohle." Der zweite Schritt sei eine echte, sozialverträgliche Agrarwende. Dazu müssten die Stickstoff- und Methanemissionen gesenkt werden.
Ein gestiegener Meeresspiegel bedroht laut Schroeder viele Menschen: 30 Prozent aller Menschen leben in den betroffenen Risikogebieten.
Dazu komme, dass die Ärmsten der Armen genau dort lebten. Schroeder verweist außerdem auf die schleichende Folgen des Anstiegs: "Das Salzwasser wird in das Grundwasser gedrückt und zerstört Pflanzen und versalzt das Trinkwasser der Menschen." In manchen Regionen steigt laut Schroeder als Folge die Sterblichkeit von Babys.