Knobloch entsetzt von AfD-Rede

"Beleidigung für alle Deutschen"

Mit seiner Kritik am Holocaust-Gedenken hat der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke Entrüstung ausgelöst. "Wir erleben eine regelrechte braune Renaissance", warnt Charlotte Knobloch im Gespräch mit domradio.de.

Charlotte Knobloch / © Peter Kneffel (dpa)
Charlotte Knobloch / © Peter Kneffel ( dpa )

domradio.de: Was machen die Äußerungen von Höcke mit Ihnen?

Charlotte Knobloch (ehemalige Präsidentin des Zentralrates der Juden): Ich hätte das nicht für möglich gehalten. In unserem Land, in dem so viel aufgeklärt wurde und in der Erinnerungskultur immer einen hohen Stellenwert hatte, ist eine Relativierung des Holocaust ebenso wie seine Leugnung unerträglich. Das ist nicht nur eine Schändung unseres Gedenkens an die sechs Millionen ermordeten Juden, das ist eine Beleidigung für alle Deutschen. Es schadet dem Ansehen unseres Landes. Das hat Deutschland nicht verdient.

Für ihn ist völkischer Nationalismus ein Volksbegriff, der Minderheiten und bestimmte Gruppierungen ausgrenzt, ächtet und diffamiert. Davon geht er aus.  Mit seiner Rede hat er jetzt wieder antisemitische Stereotype geliefert und seine Ressentiments werden genährt  und untermauert. Er betreibt Geschichtsklitterei – und das eine Woche vor dem Holocaustgedenktag am 27. Januar. Aber daran sehen wir, dass es immer wichtiger wird, uns mit den dunkelsten Kapiteln deutscher Geschichte zu beschäftigen, um das zu vermeiden, was diese Partei mit unserem Land vorhat.

domradio.de: Höcke hat gesagt, das Denkmal sei ein Denkmal der Schande.

Knobloch: Das kann nur ein Mensch mit einer vergifteten politischen Kultur, die er in die gesellschaftliche Debatte in unserem Land einbringen möchte, so ausdrücken. Es ist ein Zeichen dafür, wessen Geist er ist. Für mich ist das ein Zeichen, wie schnell und unaufhaltsam die Decke der Zivilisation in Stücke gerissen werden kann. Das sage ich natürlich auch in Hinblick auf das gestrige NPD-Urteil.

domradio.de: Hängen diese beiden Ereignisse für Sie zusammen?

Knobloch: Ich gehe davon aus, wenn die Aussage an einem Tag dem NPD-Urteil kommt, dass da Zusammenhänge bestehen. Wir sehen, wie brisant das Problem des Rechtsextremismus in Deutschland ist. Wir erleben eine regelrechte braune Renaissance - das brauche ich nicht zu unterstreichen.

domradio.de: Gibt es irgendetwas, was Sie von der Politik erwarten? Was würden Sie sich wünschen?

Knobloch: Ich würde mir wünschen, dass diese Themen parteiübergreifend von unseren verantwortlichen Politikern nicht nur mit Worten, sondern auch mit Handlungen eingreifen. Dass diese Volksverhetzer - wie dieser Mann, dessen Namen ich gar nicht nennen will -, dass die nicht weiter Unheil in unser Volk bringen können. Das tut mir so leid, weil Deutschland so viel für die Vergangenheit und für das Gedenken macht. Das solche Typen den guten Ruf, den Deutschland hat, in den Dreck ziehen - das geht nicht. Ich hoffe, dass das die Bevölkerung genauso sieht.

domradio.de: Im Moment wird von der Dresdner Staatsanwaltschaft geprüft, ob es eine strafrechtliche Relevanz gibt. Wenn Ermittlungen aufgenommen werden, müsste man auch die Immunität von Herrn Höcke aufheben. Das wäre in Ihrem Sinne, oder?

Knobloch: Das wäre in meinem Sinne, da solche Leute aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Sie bereiten nur Unheil und sind bereit mit dem Unheil zu leben und das auch weiter zu fördern.

Das Gespräch führte Utra Vorbrodt.


Quelle:
DR