Kölner Berufungspastoral freut sich über großes Interesse

"Da ist Begeisterung, da ist Feuer"

Heute noch für die Kirche arbeiten? Ja, es gibt sie, die jungen Menschen, die ihren Glauben auch hauptberuflich leben möchten, sagt Gerald Mayer von der Berufungspastoral im Erzbistum Köln. Es gibt sogar mehr von ihnen, als er dachte.

Jugendliche mit Rosenkranz / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Jugendliche mit Rosenkranz / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Seit fast einem Jahr leiten Sie die Berufungspastoral im Erzbistum Köln. Was ist Ihr Fazit bisher?

Gerald Mayer (Leiter der Diözesanstelle für Berufungspastoral im Erzbistum Köln): Ich bin einfach begeistert. Es kommen so viele Menschen zu uns, bei denen man merkt: Die haben Feuer gefangen. Die haben richtig Lust darauf, ihren Glauben im Berufsalltag zu leben und können sich vorstellen, einen Beruf in der Kirche zu ergreifen.

Gerald Mayer / © Nicolas Ottersbach (DR)
Gerald Mayer / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Als ich im letzten Jahr in diese Funktion in der Berufungspastoral gekommen bin, habe ich gedacht: In der aktuellen Situation unserer Kirche, die ja, vorsichtig formuliert, turbulent ist, wird es vielleicht nur den ein oder anderen geben, der für die Kirche arbeiten möchte. Es werden bestimmt keine großen Massen sein, die sich bei uns melden. Und dann hatte ich alleine in den ersten Tagen über ein Dutzend Gespräche mit jungen Frauen und Männern, die später in einer unserer Gemeinden arbeiten möchten und wissen wollten: Wie gehe ich das am besten an? Was studiere ich? Was mache ich, wenn ich kein Abitur habe?

Bei allen habe ich gesehen: Da ist Begeisterung, da ist Feuer, da ist eine Leidenschaft, den eigenen Glauben zu leben und zum Beruf zu machen. Das ist einfach wahnsinnig schön. Diese jungen Menschen zu erleben und ihre Begeisterung: Das macht mir selbst immer wieder neue Hoffnung und Freude.

DOMRADIO.DE: Am Freitag werden im Kölner Dom vier Diakone zu Priestern geweiht. Ist das auch so ein Hoffnungszeichen?

Weihekandidaten, Priesterweihe 2022, EB Köln / © Erzbistum Köln / Jelen
Weihekandidaten, Priesterweihe 2022, EB Köln / © Erzbistum Köln / Jelen

Mayer: Auf jeden Fall. Ich bin mir sicher, dass die vier genau diese Begeisterung in sich tragen. Es braucht schon eine gehörige Portion Mut und auch innere Überzeugung, sein ganzes Leben in den Dienst der Kirche zu stellen - und eine tiefe Gottesbeziehung. Davor habe ich großen Respekt.

Erst letzte Woche sind vier Männer zu Diakonen geweiht worden, Anfang des Monats haben 57 Religionslehrerinnen und Religionslehrer die kirchliche Lehrerlaubnis bekommen und nach dem, was ich gehört habe, fangen in diesem Jahr so viele Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten ihre Ausbildung bei uns im Erzbistum Köln an, wie in den letzten Jahren nicht. Jeder und jede Einzelne davon ist ein Segen und ein Hoffnungszeichen für uns.

DOMRADIO.DE: Es gibt bei vielen ja so ein Bild im Kopf: Berufung ist vor allem etwas für Priester – vielleicht noch für Ordensleute. Bei wem kann man denn von Berufung sprechen?

Verleihung der kirchlichen Lehrerlaubnis "Missio Canonica" im Kölner Dom.  / © Robert Boecker (Erzbistum Köln)
Verleihung der kirchlichen Lehrerlaubnis "Missio Canonica" im Kölner Dom. / © Robert Boecker ( Erzbistum Köln )

Mayer: Ich bin davon überzeugt, dass Berufung etwas viel Größeres ist. Wer sein Leben ganz in den Dienst für Gott und für seine Mitmenschen stellt und daran Freude hat und Erfüllung findet, der lebt seine Berufung. Und da ist dann erst mal zweitrangig, ob als Priester, als Ordensfrau, als Journalistin oder Journalist im Radio oder im Einzelhandel. Jeder von uns ist zur Heiligkeit berufen. Das klingt erst mal ein wenig abgehoben und unrealistisch, aber bedeutet nichts Anderes als: Jeder von uns ist dazu berufen, Jesus nachzufolgen. Und zwar indem er oder sie in seinem ganz alltäglichen Leben die Liebe an die oberste Stelle setzt und sich in den Dienst an seinen Mitmenschen stellt. Das kann in der Familie sein, in einer Partnerschaft, unter Freunden – und natürlich auch im Beruf.

Berufung ist nicht nur eine Frage für Priester und Ordensleute, sagt Gerald Mayer

Wer sein Leben ganz in den Dienst für Gott und für seine Mitmenschen stellt, der lebt seine Berufung.

DOMRADIO.DE: Und wer herausfinden möchte, wo und wie er oder sie das am besten machen kann, der kommt dann zu Ihnen?

Mayer: Genau. In der Berufungspastoral sind wir vor allem dann Experten, wenn sich jemand denkt: Ich könnte meine Berufung in der Kirche finden und zum Beispiel in den Gemeinden vor Ort arbeiten. Das sind junge Erwachsene im Studium oder kurz vor dem Abitur, das sind aber auch erfahrene Frauen und Männer, die schon eine erste Berufsausbildung haben und spüren: Das ist noch nicht zu 100% das, was mich erfüllt. Da muss noch mehr sein.

Im ersten Schritt helfen wir dann, herauszufinden, was genau dieses "Mehr" ist. Natürlich haben wir keine fertigen Antworten auf die Frage, wo die Berufung eines einzelnen Menschen liegt. Wir können nur einen Raum öffnen, in der die Frage nach der eigenen Berufung Platz hat, versuchen, die richtigen Fragen zu stellen und dann Perspektiven anzubieten. Ob es dann am Ende die Priesterberufung ist oder die zur Gemeindereferentin oder zum Religionslehrer oder auch zu einem ganz anderen Beruf außerhalb der Kirche, das liegt – Gott sei Dank - nicht in unserer Hand.

In der Diözesanstelle für Berufungspastoral finden Beratungsgespräche und Informationsveranstaltungen statt. (berufen.de)
In der Diözesanstelle für Berufungspastoral finden Beratungsgespräche und Informationsveranstaltungen statt. / ( berufen.de )

DOMRADIO.DE: Werden Sie in der Berufungspastoral denn am Ende an Zahlen gemessen? Sie haben ja eben einige genannt …

Mayer: Nein. Das würde die Gefahr bergen, dass Menschen eine geistliche Berufung eingeredet wird, nur damit am Ende des Jahres die Statistik gut aussieht. Dann hätten wir unsere Aufgabe völlig verfehlt. Es geht ja darum, den Menschen, die zu uns kommen, dabei zu helfen, ihre Erfüllung zu finden und den Platz, an dem sie mit ihren Talenten glänzen können.

Da haben die Wünsche der Institution Kirche nichts verloren – und ich bin sehr froh, dass unser Erzbischof und auch die Verantwortlichen in der Ausbildung diese Meinung teilen. Was zählt, ist die persönliche Berufung, nicht die Statistik.

Quelle:
DR