DOMRADIO.DE: Am Baugerüst wird immer gewerkelt. Abgesperrt werden muss aber nur bei Wind, oder?
Dr. Albert Distelrath (Stellvertretender Dombaumeister: Bei Sturm müssen wir absperren, um Steinschlaggefahr zu minimieren. Aktuell arbeiten wir am Nordturm, zwischen 100 und 130 Metern Höhe. Dort müssen wir auch unten absperren, da die Gefahr von fallenden Teilen einfach zu groß ist.
DOMRADIO.DE: Was wird aktuell oben genau gemacht?
Distelrath: Wir haben Ende 2021 das Hängegerüst in mehreren Teilen mit einem Schwerlastkran abgehoben. Oben sind aber noch die Ketten geblieben, mit denen das Gerüst im Turmhelm verankert war. Diese Ketten müssen wir zurückbauen. Das geht nur mit der Absperrung.
DOMRADIO.DE: Da hängen Ketten, die am Gerüst waren? Wieso hat man die damals nicht gleich mitgenommen?
Distelrath: Damals hätten wir auch die Absperrung gebraucht, das war Ende des Jahres. Diese Arbeiten können wir im Winter nicht durchführen. Das sind mehrere Ketten, die sind im Turmhelm verankert. Es ist eine Verankerung, die durch den Turmhelm geht, mit einer Gegenkonterplatte auf der Rückseite. Das ist eine komplexe Konstruktion, um dieses Hängegerüst mit 30 Tonnen dann in den Helm zu hängen. Das lässt sich nicht in zwei bis drei Tagen abhängen.
Wir müssen uns in die Baustellen der Stadt hineinpuzzeln. Viele Leute wissen, dass am Dom zurzeit unglaublich viel gebaut wird. Wir können nicht einfach absperren, wie wir Lust und Laune haben. Wir müssen uns mit der Baustelle Domhotel und mit der eigenen Baustelle Dombauhütte, Römisch-Germanisches Museum absprechen. Dass man die Beeinträchtigung minimiert. Wir sind gezwungen, das bald zu machen, weil dort einfach Gefahr im Verzug ist. Wir können das nicht weiter nach hinten schieben.
DOMRADIO.DE: Abgesehen davon, dass diese Ketten da jetzt runter müssen, die Sie beschrieben haben. Was wird noch gemacht?
Distelrath: Auf der Westseite, um den ganzen Turm herum stehen Fialaufbauten, das sind kleine Ziertürmchen. Zwei davon auf der Westseite sind im Krieg abgebrochen. Die wurden in den letzten Jahren in der Dombauhütte geschlagen und werden jetzt oben wieder versetzt. Es sind Aufbauten, die drei Meter Höhe haben. Dafür werden zwei kleine Gerüste gebaut, um diese Stücke oben wieder aufbauen zu können.
DOMRADIO.DE: Das hat auch mit der jetzigen Absperrung zu tun?
Distelrath: Das machen wir auch innerhalb der Absperrung. Es ist keine Arbeit, die unbedingt jetzt gemacht werden müsste. Wir müssen diese Arbeiten aber vorziehen, weil wir durch den Rückbau des Hängegerüstes sonst an diese Türme gar nicht mehr herankommen. Also besteht jetzt die Chance, mit dem Rückbau der Ketten auch diese Vielfalt wieder aufzubauen.
DOMRADIO.DE: Nun wird jeden Tag, aber nur zwischen sieben und 16 Uhr diese Nordseite vom Kölner Dom gesperrt. Wie öffnet und sperrt man das ganze jeden Tag?
Distelrath: Das ist gut geplant. Die Bauzäune stehen so, dass sie permanent stehen können. Auf den Frontseiten, auf der Bahnhofsseite und auf der Haupteingangsseite sind große Bautore, die wir dann öffnen können, wenn die Arbeiten gestoppt sind. Abends und am Wochenende komplett, sodass die Leute einfach durch diese großen Tore durchlaufen können.
DOMRADIO.DE: In der Zeit ist also die Verkehrssicherheit des Nordturmes gesichert?
Distelrath: Richtig, da wir dann nicht oben arbeiten. Die Gefährdung geht nur durch die Arbeiten. Es reicht schon, wenn ein Schraubenschlüssel herunterfällt. Das darf nicht passieren. Das passiert in der Regel auch nicht. Wir haben aber keine hundertprozentige Sicherheit, wenn man oben auf 130 Meter arbeitet. Man hat die ganzen Materialien am Gurt hängen. Es kann immer etwas passieren. Das kann man nicht ausschließen.
DOMRADIO.DE: Herr Distelrath, wann ist es wieder vorbei, dass tagsüber gesperrt wird?
Distelrath: Wir werden schon noch eine Weile brauchen. Aktuell ist die erste Absperrung bis zum November. Im nächsten Jahr müssen wir dann wieder im Frühjahr absperren. Höchstwahrscheinlich bis zum Sommer. Dann würde sich die Stadt auch anschließen mit einer Baumaßnahme zur Erweiterung Nordwest. Das heißt, wir nutzen die Fenster, die wir jetzt zur Verfügung gestellt bekommen haben, um die Sachen vorzubereiten.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.