Kölner Gemeinde gießt zur Heiligsprechung eine Friedensglocke

Im Geiste des Pfarrpatrons Johannes XXIII.

Katholiken und Andersgläubige – alle Menschen in Köln-Chorweiler sind am Wochenende der Heiligsprechung dazu aufgerufen, eine Friedensglocke zu gießen. Damit will die Gemeinde "Seliger Johannes XXIII." ihren Pfarrpatron ehren.

Glocke im Lehmmantel (dpa)
Glocke im Lehmmantel / ( dpa )

domradio.de: Warum ist Johannes XXIII. eigentlich der ideale Namensgeber für Ihre Pfarrei?

Pfr. Ralf Neukirchen (Pfarrer der Gemeinde Seliger Johannes XXIII.): Das war mein erster Eindruck. Ich dachte, meine Güte, der passt ja genau hierhin, weil er in seinem Leben immer in ganz vielfältiger Weise mit Menschen ganz unterschiedlicher Nationalitäten und Religionen in Berührung gekommen ist und er immer wieder vermittelt hat und Wege gefunden hat, die Sprache des anderen zu verstehen. Und von da ausgehend hat er seine Botschaft weitergetragen.

domradio.de: Sie wollen nun bei der Heiligsprechung diese verschiedenen Nationen in Chorweiler einbinden. Lassen sich denn diese oft auch nichtchristlichen Menschen überhaupt für eine katholische Heiligsprechung vereinnahmen?

Pfr. Neukirchen: Gerade das wollen wir nicht. Wir versuchen vielmehr deutlich zu machen, welche positive Kraft in einem Menschen ruhen kann. Johannes XXIII. hat immer seinen jungen Priestern zugerufen: "Lernt die Sprache der Menschen.“ Ich bin jetzt nicht besonders sprachenbegabt, aber ich habe bei der Kirche die „Sprache der Zeichen“ gelernt. Unser Zeichen bei der Heiligsprechung wird sein: Eine Handvoll Erde. Ein Handvoll Heimaterde. Die brauchen wir für eine Friedensglocke, die wir am Wochenende gießen wollen mit den Heimaterden der Menschen, die in Chorweiler wohnen.

domradio.de: Aber wie kommen Sie an die Erde?

Pfr. Neukirchen: Wir haben uns an die Botschaften in Berlin gewandt. Da gibt es schon sehr viele bewegende Rückmeldungen mit Friedensbotschaften der Botschafter versehen: z.B. von Mexiko, von Weißrussland, dann gab es in einer halben Stunde drei Anrufe: vom Generalkonsulat der USA, dann vom Generalkonsulat von Russland und schließlich von der Ukrainischen Botschaft. Alle unterstützen die Aktion und so werden wir das als wichtiges Friedenszeichen setzen können.

domradio.de: Die Einwohner aus Köln-Chorweiler stehen dann sozusagen Pate für die Erde aus ihrem jeweiligen Heimatland, die dann für die Glocke benötigt wird. Wie kann man sich den Vorgang in Ihrem Pfarrgarten vorstellen?

Pfr. Neukirchen: Nein, das Ganze findet statt auf dem zentralen Platz von Chorweiler, dem Pariser Platz. Dort brauchen wir die Kraft der Heimaterde um die Gussform der Friedensglocke zu stützen. Das ist das Verbindende: Man gibt etwas Wertvolles her, ein Stück Heimat, um den Frieden unter allen zu sichern. Und wenn mir meine Heimaterde so wichtig ist und mich auf diese Weise sensibel macht für Frieden und Gerechtigkeit, dann macht mich auch die Heimaterde in der Hand des Nachbarn sensibel. Das wäre mein Wunsch. Eine kleine Geste – aber von großer Kraft.

domradio.de: Und diese große Kraft soll deutlich werden, wenn die Glocke, die am Samstag gegossen wird, am Sonntag zum ersten Mal angeschlagen wird…

Pfr. Neukirchen: …dann wird sie noch 300 Grad heiß sein, hat mir der Glockengießer verraten. Aber wenn sie aus dem Lehmmantel geholt ist, wird sie schnell abkühlen. Die Bezirksbürgermeisterin Cornelie Wittsack-Junge wird dann die Glocke, verbunden mit einem Friedenswunsch stellvertretend für alle die da sind, zum ersten Mal anschlagen.

domradio.de: Und das wird dann die Glocke für Ihre Pfarrei sein?

Pfr. Neukirchen: Nein, das ist die Glocke für die Menschen im Stadtteil. Es wäre unser Wunsch, dass diese Glocke – weil sie durch dieses große Zeichen entstanden ist – sich besonders mitteilen kann. Dass, wenn der helle Klang erklingt, die Menschen wissen: für den Frieden müssen wir etwas tun, müssen wir uns einsetzen, müssen wir auch etwas hergeben, müssen wir etwas wagen! Und all das ist auch im Geiste des Pfarrpatrons Johannes XXIII. Die Glocke wird transportabel sein und auf einem fahrbaren Glockenstuhl im Stadtteil und darüber hinaus beweglich sein.

domradio.de: Noch heißt Ihre Pfarrei "Seliger Johannes XXIII.“ Nun wird er aber am Sonntag heiliggesprochen – also muss sich die Gemeinde wieder umbenennen.

Pfr. Neukirchen: Genau. Aber das ist kein Problem. Der Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat stehen schon immer vor dem Pfarrheim und überlegen, was man da umstellen oder absägen kann. Wir werden auf jeden Fall wissen, dass wir zu diesem Pfarrpatron gehören, egal ob wir da vorne Selig oder Heilig sagen. Aber "heilig“ ist natürlich das, worauf wir uns freuen. 

Das Interview führte Martin Korden


Friedenspapst Johannes XXIII. (dpa)
Friedenspapst Johannes XXIII. / ( dpa )
Quelle:
DR