DOMRADIO.DE: Wie ist das mit der Ziege – warum haben sie die bekommen und was machen sie nun damit?
Dr. Dominik Meiering (Kölner Generalvikar): Wir waren im Norden von Kenia in der Region Turkana. Es ist eigentlich eine Halbwüste, dort gibt es aber einige Missionare der Gemeinschaft vom Heiligen Apostel Paulus, die seit Jahren eine sehr segensreiche Tätigkeit machen. Das Erzbistum Köln hat diese Missionare und die Diözese Lodwar in den letzten Jahren unterstützt.
Es gab die Gelegenheit, dort den Grundstein zu einem neuen Pfarrzentrum zu legen. Ebenso durften wir einen Kreuzweg einsegnen, den wir auch mit unterstützt haben. Die Menschen waren so froh, dass sie sich bedanken wollten. In Kenia ist es üblich, Gästen ein Geschenk zu machen und das sind meistens lebende Tiere – in diesem Fall war es eine Ziege, die wir für Kardinal Woelki mitnehmen sollten.
DOMRADIO.DE: Ihre Reise durch Kenia ist sehr abenteuerlich. Mit einer kleinen Propellermaschine haben sie auch abgelegene Gemeinden im Norden Kenias besucht – wie war das dort?
Meiering: Ein Abenteuer! Nicht zuletzt, weil man zig Kilometer über eine Halbwüste fliegt. Das ist schon eine Herausforderung. Die Menschen dort sind zum Teil Halbnomaden und haben größten Teils keine schulische Bildung. Die Missionare schaffen es, dass sie sich ansiedeln, Schulbildung bekommen und Gesundheitsfürsorge machen. Vor allem bringen sie den Menschen aber die Frohe Botschaft nahe.
Für uns gab es sogar eine Besonderheit – in dieser Region regnet es nur zwei oder drei Mal im Jahr – und prompt als wir da waren, gab es in der Nacht ein riesiges Gewitter mit Regen und Blitzen. Am nächsten Tag konnten wir mit der kleinen Propellermaschine nicht mehr abheben. Die Landebahn war so aufgeweicht, dass wir erst ein paar Kilometer rausfahren und einige Flüsse überqueren mussten, um sicheres Gelände zu haben und schließlich weiterfliegen zu können. Es ist also ein wirkliches Abenteuer.
DOMRADIO.DE: Und im Norden Kenias kann man auch eindrucksvoll erleben, wie Kirche als Friedensstifterin über die Grenzen hinweg tätig ist. Wie zeigt sich das - in den Ländern dort kommt es ja immer wieder Unruhen zwischen verschiedenen Stämmen?
Meiering: In der Tat, das ist eine ganz schwierige Situation. Obwohl natürlich Grenzen existieren zu Athiopien, Südsudan und Uganda, ist es faktisch so, dass die Völker und Stämme dort über die Grenzen hinweg die gleiche Sprache sprechen. Sie geraten miteinander in Feindseligkeiten und Kämpfe.
Der Bischof von Lodwar hat eine wunderbare Initiative gestartet, denn er hat die Bischöfe und auch die Friedensarbeiter und Caritasdirektoren zusammen gebracht, damit sie miteinander Friedensinitiativen starten können. Eine davon ist, dass es dort ein Radio gibt, das die ganze Region versorgt – mit religiöser Bildung, Lebenshilfe und Friedensförderung.
Ich finde es steht der katholischen Kirche gut, in diesen Projekten ganz vorne zu sein. Der Erzbischof von Mombasa sagt immer: "Es gibt nur einen Stamm - wir sind nicht viele Stämme“. Wenn wir also an Gott glauben und auf Jesus Christus vertrauen, dann sind wir ein Stamm und dürfen uns nicht auseinander dividieren lassen. Dort wo die Menschen das Christentum annehmen – und das ist die Erfahrung – gelingt es auch, in ein ganz neues Miteinander einzutreten.
DOMRADIO.DE: Das Erzbistum Köln unterstützt Projekte in Kenia finanziell. Aber das ist nur eine Seite – viel wichtiger ist der menschliche Austausch zwischen Köln und Kenia. Wie gelingt dieser?
Meiering: Ich habe mich zuvor gefragt: Wie ist das, wenn man neun Tage nach Kenia fliegt – ist das nicht ein Tropfen auf dem heißen Stein für die Menschen? Aber es ist schon hoch spannend und erfreulich zu sehen, was für eine Ermutigung es für die Menschen ist, hier aufzuschlagen. Die Solidarität, die wir versuchen zu zeigen, bewirkt in den Herzen der Menschen Freiheit und Motivation. Und das andere ist, dass wir selbst hier Lernende sind.
Die Zeit in Lodwar und am Turkana-See war wirklich wie Exerzitien. Wenn man dort hinkommt und sich mit den Grundfragen der menschlichen Existenz konfrontiert sieht, weil die Menschen dort unter extremen Umständen leben, ist es ein Lernen für beide Seiten. Und der Austausch mit den Bischöfen und Verantwortlichen der Pastoral oder Caritas ist wirklich sehr fruchtbar. Man merkt, man kann viel voneinander lernen.
DOMRADIO.DE: Was sie in Afrika erleben ist eine Glaubensfreude in den katholischen Gemeinden, die ansteckend ist. Da können wir uns in Deutschland sicherlich auch ein Beispiel nehmen, wie man die frohe Botschaft lebendiger macht, oder?
Meiering: Ja, in der Mitte von Kenia liegt das Erzbistum Kisumu. Dort gibt es die Kirchengemeinde Uradi, die hat eine Partnerschaft mit der Kirchengemeinde in Mondorf in unserer Erzdiözese. Peter Kerenyi als Vorsitzender der Partnerschaftsbewegung und René Stockhausen, Pfarrer von Mondorf, sind mit uns gereist – und kommen mit den Menschen in Austausch. Wie schaffen die Menschen es, so eine junge Kirche zu sein mit so viel Begeisterung, Strahlkraft und Beteiligung in den vielen Bereichen des kirchlichen Lebens? Da gibt es viele schöne Ideen und Initiativen, von denen wir sicherlich profitieren werden.
Das Gespräch führte Aurelia Rütters.