DOMRADIO.DE: Wie geht es Ihnen, wenn Sie von den Berichten ihres Mainzer Mitbruders hören, der Kirchen in der Stadt temporär schließen will, weil sie mit Fäkalien verunreinigt wurden und durch Vandalismus ramponiert wurden?

Dr. Dominik Meiering (Domkapitular und Leitender Pfarrer in Köln-Mitte): Das tut einem natürlich in der Seele weh, denn unsere Kirchräume werden auf diese Art und Weise profaniert oder schlimmer noch: in den Schmutz gezogen. Wir kennen das auch aus der Kölner Innenstadt.
Wir haben immer wieder diese Herausforderungen, dass dort entweder getrunken wird oder Drogen konsumiert werden. Wir erleben es, dass dort Vandalismus stattfindet, dass Dinge heruntergebrochen oder -geworfen werden, dass Dinge gestohlen werden, dass die Opferstöcke ausgeraubt werden. Das gehört zum Tagesgeschäft.
DOMRADIO.DE: Auch der Kölner Dom bleibt nicht verschont, oder?
Meiering: Der Kölner Dom muss immer wieder gesichert werden. Jeden Tag gehen Mitarbeiter der Dombauhütte einmal um den Dom herum und schauen, wo neues Graffiti zu finden ist. An den Karnevalstagen, dem CSD oder am 11.11. müssen wir in der Innenstadt die Kirchen Herz Jesu, Groß Sankt Martin, Aposteln und Severin abzäunen.
Übrigens ist gar nicht klar, wer die Kosten dafür bezahlt. Im Augenblick tut das die katholische Kirche in den meisten Fällen.

Das ist eine riesige Herausforderung, dass wir uns damit täglich beschäftigen müssen. Ich gebe jeden Monat tausende Euros dafür aus, dass die Graffitis sofort entfernt werden, damit es keine Nachahmer gibt.
Beim Karneval weiß ich nicht, ob die Stadt oder das Festkomitee eine Verantwortung mittragen könnten. Die Frage nach den Kosten ist relevant.
DOMRADIO.DE: Der Dom wird tagsüber bewacht. Wie ist das in Ihren Innenstadtkirchen?
Meiering: Wir versuchen, unsere Kirchen alle offen zu halten und das wird so bleiben. Wir haben Gott sei Dank ein tolles Team von ehrenamtlichen Leuten, die den sogenannten Kirchenempfang machen. Die sind in erster Hinsicht nicht Aufsichtspersonen, sondern sollen eine Willkommenskultur dort etablieren und bei Fragen weiterhelfen.
Aber das führt dazu, dass die Besucher sich auch ein bisschen beobachtet fühlen. Wir arbeiten daran, diese Teams auszubauen. Es sind über 100 Leute aktiv. Wir werden im Mai eine neue Kampagne starten und einladen, da mitzumachen. Man kann sich einmal pro Woche zwei Stunden in unsere Kirchen setzen und damit gewährleisten, dass man alles öffnen kann, damit alles angesehen werden kann. Wenn kein Kirchenempfang da ist, öffnen wir unsere Kirchen in der Regel bis zum Gitter hinten, sodass man rein kann, ein Kerzchen aufstellen kann, aber nichts Kostbares zerstört.
DOMRADIO.DE: Der Mainzer Innenstadtpfarrer denkt darüber nach, Kirchen außerhalb der Gottesdienste zu schließen. Wäre das denn für die Kölner Innenstadtkirchen eine Option?
Meiering: Das ist für uns undenkbar. Wir wollen unsere Kirchen offenhalten. Die großen romanischen Kirchen, aber auch die "Veedelskirchen" (Kirchen in den Kölner Stadtviertel, Anm. d. Red.), sind Orte, wo die Menschen reingehen. Wir haben an vielen Kirchorten jeden Tag Menschen, die reinkommen und Kerzen anzünden. 300 Kerzen werden in St. Aposteln jeden Tag angezündet. Wer die Kirchen abschließt, sorgt dafür, dass die Menschen mit der Kirche abschließen.

Wir müssen viel Kreativität haben und es schaffen, dass unsere Kirchen als Orte des Glaubens und des Gebetes geöffnet bleiben können. Das ist auch ein zivilgesellschaftlicher Auftrag.
Wer mitbekommt, dass jemand Blödsinn macht, muss liebevoll, aber bestimmt auf diese Menschen zugehen und sich im Zweifel auch Hilfe holen. Wenn jemand draußen eine Wand mit Graffiti beschmiert, muss man schreien und Leute zusammenzurufen, damit klar ist: so nicht!
Das Interview führte Katharina Geiger.