Kölner Islamexperte bezeichnet Aus für König-Fahd-Akademie als "überfällig"

"Magnet für Extremisten"

In Frankreich sollen neue Institutionen verhindern, dass ausländisches Geld in den Moscheenbau und die Imam-Ausbildung fließt. Thomas Lemmen aus dem Erzbistum Köln blickt auf die Finanzierung islamischer Gruppen in Deutschland.

Minarett der König-Fahd-Akademie / © Oliver Berg (dpa)
Minarett der König-Fahd-Akademie / © Oliver Berg ( dpa )

domradio.de: Wie finanzieren sich islamische Gemeinden?

Dr. Thomas Lemmen (Referat für interreligiösen Dialog im Erzbistum Köln): Hauptfinanzierungsquellen sind Mitgliedsbeiträge, Spenden – es wird sehr viel und gerne in den Gemeinden gespendet - und Einkünfte aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb. Das sind all die Unternehmungen, die mit der Ausübung der Religion zu tun haben – aber auch Einkünfte bescheren, z.B. Bestattungen, Wallfahrten oder andere Dinge. All das, was mit der Religionsausübung im weiteren Sinne zu tun hat.

domradio.de: Welche Rolle spielt die Finanzierung aus dem Ausland?

Lemmen: Die Finanzierung aus dem Ausland spielt dann eine Rolle, wenn beispielsweise ein Golfemirat eine bestimmte Moschee in Deutschland fördert, also den Moscheebau unterstützt. Das ist in Einzelfällen in der Vergangenheit vorgekommen, dass Schardscha (ein Emirat der Vereinigten Arabischen Emirate, Anm. d. Redaktion) beispielsweise die Moschee in Penzberg finanziert hat oder Libyen eine Moschee in München. Das sind aber eher Ausnahmen. Eine regelmäßige Finanzspritze aus dem Ausland, sind die Gehälter der Imame, der Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion), die als Angestellte der türkischen Religionsbehörde aus der Türkei nach Deutschland entsandt werden. Die Gehälter von mehreren 100 Imamen fließen jeden Monat aus der Türkei.

domradio.de: Es steht der Vorwurf im Raum, dass die Finanzierung von islamischen Verbänden aus dem Ausland, mit dafür verantwortlich ist, dass es islamistischen Extremismus gibt…

Lemmen: Man muss da sehr stark unterscheiden. Was reine Gemeindeaufgaben anbetrifft, läuft viel aus eigenen Quellen. Beim Moscheebau mag es Unterstützungen aus dem Ausland geben. Im Bildungsbereich gibt es auch Unterstützungen.

Wenn wir den Extremismus ansprechen, verlassen wir den Aspekt der organisierten Moscheegemeinden und begeben uns in einen anderen Bereich. In diesem Bereich ist damit zu rechnen, dass Geld aus dem Ausland kommt. Beispielsweise die Koranverbreitungsaktion von Pierre Vogel und anderen. Sie sind aus Saudi-Arabien finanziert worden, weil diese Gruppen das aus eigenen Mitteln nicht können.

domradio.de: Die König-Fahd-Akademie in Bonn ist jetzt geschlossen worden. Dort soll man mit islamistischen Organisationen sympathisiert haben. Die Einrichtung wurde bislang von Saudi-Arabien finanziert. Sehen Sie vor diesem Hintergrund die Kirchensteuer als Modell für islamische Verbände?

Lemmen: Die Akademie hatte zu einem gewissen Zeitpunkt auch einen gewissen Zweck, nämlich die Kinder von Diplomaten zu beschulen, die in Bonn lebten. Seitdem die Botschaften alle nach Berlin gegangen sind, hat die Schule den Zweck nicht mehr erfüllt und ist zum Magnet für Extremisten geworden. Das ist aber schon lange bekannt gewesen und die Schließung ist - meines Erachtens nach - überfällig.

Die Frage zum Modell der Kirchensteuer: Sie ist dann anwendbar, wenn sich die muslimischen Gemeinden eine entsprechende Rechtsform geben. Das heißt, als Religionsgemeinschaften den Antrag der Körperschaften des öffentlichen Rechts zu werden und als solche anerkannt zu werden. Ob das Modell akzeptabel ist, ist die Frage, die sich die Muslime selbst stellen müssen. Ob sie sich wie eine Kirche verfassen wollen und ob sie ein entsprechendes Steuerinstrument schaffen wollen, das in ihrer Religion so nicht vorgesehen ist.

Das Gespräch führte Tobias Fricke.


Thomas Lemmen / © Harald Oppitz (KNA)
Thomas Lemmen / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR