DOMRADIO.DE: Durch die Corona-Pandemie ist schon viel in der Jugendarbeit kaputt gegangen. Inwiefern spürt man heute schon, dass Jugendlichen Unterstützung fehlt?
Claudia Kurras (Mitglied des Vorstands BDKJ-Stadtverbandes Köln): In den letzten Jahren hatten sie schon nicht die Möglichkeit, sich auf Ferienfreizeiten oder Aktionen sehen zu können und neue Kontakte knüpfen zu können. Daher fällt es diesen Kindern tatsächlich auch heute noch sehr schwer, neue Freundschaften zu finden.
Und wenn das weiterhin nicht möglich ist, werden die ganzen Kinder und Jugendlichen wahrscheinlich in naher Zukunft auch nur noch alleine zu Hause sitzen.
DOMRADIO.DE: Sie haben die Jugendfreizeiten angesprochen. Inwiefern werden die angekündigten Sparmaßnahmen für die Kinder- und Jugendarbeit auch richtig existenzgefährdend? Was wäre noch alles nicht möglich?
Kurras: Unter anderem das Angebot "Ferien zu Hause", das im jeweiligen Stadtteil selber für Kinder und Jugendliche angeboten wird, wo die Eltern nicht die Möglichkeit haben, sich einen Urlaub oder eine Ferienfreizeit zu leisten.
DOMRADIO.DE: Die Kinder haben in den Sommerferien also eine Anlaufstelle, wo sie hingehen können. Das wäre nicht mehr möglich?
Kurras: Genau.
DOMRADIO.DE: Der "Kölner Jugendring" ist im Grunde die Lobby aller Kölner Kinder und Jugendlichen. Nun hat der "Kölner Jugendring" aus Protest seinen Ehrenamtspreis zurückgegeben. Den Preis hatte die Stadt im Sommer verliehen. Was zeigt dieser Protest?
Kaplan Johannes Kutter (Präses des BDKJ-Stadtverbandes Köln): Das Ehrenamt ist unglaublich wertvoll und wichtig. Aber es darf kein Luxus sein. Wenn wir die angekündigten Kürzungen wahrnehmen, dann merken wir, dass man sich gerne mit Ehrenamtlichen schmückt, gerade auch mit Kindern und Jugendlichen, die sich ehrenamtlich engagieren.
Aber dieses Ehrenamt braucht auch in irgendeiner Form Unterstützung. Wir sehen da aber einen Widerspruch zwischen dem Schmücken und dem, was wirklich als Hilfe ankommt, sodass wir und alle, die ehrenamtlich engagiert sind, das auch gut begleiten können und uns ehrenamtlich engagieren können.
DOMRADIO.DE: Wenn man auf die Realität schaut, dann sagt die Oberbürgermeisterin, dass man sich das alles nicht leisten könne und die Realität auch mal zur Kenntnis genommen werden müsse. Was sagen Sie dazu?
Kutter: Ich kann das vollkommen nachvollziehen. Die Realitäten sind so, wie sie sind. Ich unterstelle auch niemandem irgendwie einen schlechten Willen. Ich bin mir sicher, dass man sich diese Entscheidung durchaus schwer gemacht hat.
Wir können aber auf jeden Fall sagen, dass diejenigen, die an Kinder- und Jugendarbeit sparen, die am Ehrenamt sparen, an der falschen Stelle sparen.
DOMRADIO.DE: Die Stadt läuft Gefahr, sich zu überschulden. Eine Besserung der finanziellen Lage ist nicht sichtbar. Was denken Sie, wie könnte man aus dieser Lösung herauskommen? Welche Lösungen hätte man dafür?
Kurras: Eine schwierige Frage. Ich finde, nur in einem Bereich zu sparen, ist auf jeden Fall der falsche Weg.
DOMRADIO.DE: Es wird ja überall gespart, in allen Bereichen.
Kurras: Aber vor allem an der Kinder- und Jugendarbeit zu sparen, ist nicht richtig. Wir machen das auch alles, um die Jugendlichen in der Demokratie zu fördern. Es ist schwierig, wenn das wegfällt.
Kutter: Ja, das ist zu kurz gedacht. Es gibt langfristig mehr Probleme, die man vielleicht jetzt schon beim Haushaltsentwurf lösen könnte.
Das Interview führte Tobias Fricke.