"Die Nöte der Zeit werden euch lehren, was zu tun ist." So lautet der Ausspruch Adolph Kolpings, der gleichsam als die Gründungsformel des Kolpingwerks gilt. Im 19. Jahrhundert, zu Lebzeiten des "Gesellenvaters" (1813-1865), waren die sozialen Probleme im frühindustriellen Deutschland groß; als Seelsorger hatte Kolping unmittelbar mit ihnen zu tun. Seine Antwort darauf waren die Gesellenvereine, die jungen Handwerkern eine Zuflucht boten. So schuf er die Grundlage für das Kolpingwerk.
Was sich in Deutschland bewährt hatte, sollte auch international zur Lösung sozialer Probleme beitragen: Schon 1968 fasste die Generalversammlung des Kolpingwerkes den Entschluss, sich in der Entwicklungshilfe zu engagieren. Vor 50 Jahren, am 26. August 1969, wurde dann der Verein "Sozial- und Entwicklungshilfe des Kolpingwerkes" gegründet; seit 2018 heißt er Kolping International Cooperation. Am Freitag wird das Jubiläum gefeiert.
Ausweitung auf andere Länder in den 1970er
Mit der Einrichtung eines Ausbildungszentrums in Sao Paulo wurde das internationale Engagement im Jahr 1972 konkret. Nach und nach entstand daraus der erste Kolpingsverband in Übersee. Angespornt durch den Erfolg in Brasilien, weitete das Werk ab Mitte der 1970er Jahre seine Tätigkeit auch auf andere Länder Südamerikas aus. 1977 folgte dann die erste Niederlassung auf dem afrikanischen Kontinent in Johannesburg (Südafrika). Auf Initiative eines indischen Priesters entstand schließlich 1979 die erste Niederlassung auf asiatischem Boden. Bis heute ist Indien, nach Deutschland, der zweitgrößte Landesverband.
Nach dem Ende des Kalten Krieges gründeten sich dann die ersten Verbände auch in Osteuropa. Hier kam das vielerorts einer Rückkehr gleich, so beispielsweise in Prag: "Es stellte sich heraus, dass die Kolpingsfamilie in den Jahren der kommunistischen Herrschaft weiter existiert hatte, als Kleingärtnerverein", erinnert sich der ehemalige Generalsekretär Hubert Tintelott.
8.000 Kolpingsfamilien in 60 Ländern
Inzwischen sind nach Zählung des Werks über 8.000 Kolpingsfamilien in 60 Ländern aktiv. Die verfolgten Entwicklungsprojekte sind dabei vielfältig: Während in Südamerika Zisternen ausgehoben werden, um Landwirtschaft zu ermöglichen, werden in der Ukraine junge Binnenflüchtlinge bei der Berufsausbildung unterstützt. Schwerpunkte sind die Bekämpfung von Armut und Marginalisierung durch berufliche Aus- und Weiterbildung, Förderung von Kleingewerbe-Initiativen, Aktivitäten zur ländlichen Entwicklung sowie der Aufbau von Mikrofinanzsystemen.
Was allerdings immer im Vordergrund stehe, sei die Hilfe zur Selbsthilfe, sagt der Generalpräses des Kolpingwerks, Ottmar Dillenburg. Die örtliche Gesellschaft solle dauerhaft gestärkt und stabilisiert werden. "Ohne eine starke Zivilgesellschaft ist nachhaltige Entwicklung nicht möglich," fügt der Generalsekretär von Kolping International, Markus Demele, an.
Festakademie in Bergisch-Gladbach
Auch in Deutschland engagiert sich Kolping International politisch für die Interessen der Menschen im Süden. So momentan zusammen mit weiteren christlichen und sozialen Verbänden in der Initiative für das Lieferkettengesetz. Es soll deutsche Unternehmen verpflichten, entlang der gesamten Produktionskette die Einhaltung der Menschenrechte sicherzustellen - etwa in den Textilbetrieben in Asien. Es werde wesentlich darauf ankommen, ob solche Vorgaben auch vor Gericht eingeklagt werden könnten, sagte Demele dem kirchlichen Kölner Internetportal domradio.de. "Wenn ein Geschäftsmodell auf der Ausbeutung von Menschen beruht und nur dann erfolgreich ist, dann ist es einfach kein richtiges Geschäftsmodell."
Kolping International feiert das 50-jährige Jubiläum seiner Entwicklungshilfeaktivitäten am heutigen Freitag mit einer Festakademie in Bergisch-Gladbach. Als Festredner werden unter anderem die parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Maria Flachsbarth, und der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, erwartet.