Kolumba-Leiter würdigt Architekt Zumthor zum 80. Geburtstag

"Eine faszinierende Persönlichkeit"

Das Kolumba-Museum des Erzbistums Köln ist eines der ältesten Museen der Stadt Köln. Peter Zumthor hat den Neubau des Diözesanmuseums entworfen und gestaltet. Der preisgekrönte Architekt aus der Schweiz wird am Mittwoch 80 Jahre alt.

Peter Zumthor, Architekt des Kunstmuseums Kolumba, bei dessen Eröffnung am 13. September 2007 in Köln (KNA)
Peter Zumthor, Architekt des Kunstmuseums Kolumba, bei dessen Eröffnung am 13. September 2007 in Köln / ( KNA )

DOMRADIO.DE: Der Architekt des Kolumba-Gebäudes, Peter Zumthor, feiert seinen 80. Geburtstag. Was ist das für ein Gebäude, in dem Sie arbeiten?

Kolumba-Museumsdirektor Dr. Stefan Kraus / © Tomasetti (DR)
Kolumba-Museumsdirektor Dr. Stefan Kraus / © Tomasetti ( DR )

Dr. Stefan Kraus (Leiter des Kunstmuseums Kolumba im Erzbistum Köln und Kunsthistoriker): Das ist das schönste Haus, was man sich als Museumsmann vorstellen kann. Es ist von den Atmosphären, von den Charakteren und von den Nutzungen her ein Haus, wie wir es uns erträumt haben. Peter Zumthor hat bis ins kleinste Detail hinein genau die richtige Antwort gefunden.

Seit vergangenem Jahr haben wir auf unserer Homepage die Rubrik "Resonanzen". Ich kann jedem nur empfehlen, da mal reinzuschauen, weil das die Spitze dessen ist, was wir als Resonanzen von unseren Gästen erfahren.

Ich glaube, ich kann für alle Besucher, die das Haus in den ganzen Jahren erlebt hat, sprechen. Und das sind jährlich über 50.000. Ich glaube, wir haben Peter Zumthor einen Ort zu verdanken, der einem mehr gibt, als man je erwartet hätte.

Er lässt einen Ausgleich und Ruhe finden, er fordert einen und er zeigt einem immer wieder, wie wichtig es sein kann, dass man nicht irgendwelche Häuser baut und irgendwelche Räume betritt, sondern dass sich mit der Planung solcher Räume immer das Verständnis verbindet, dass es auch um den Menschen geht, der sich darin aufhalten soll.

DOMRADIO.DE: 2007 wurde das Museum eröffnet. Bis zu einem Museumsneubau ist es aber ein langer Weg. Sie haben diesen Weg komplett begleitet. Wie war das damals in den 1990er Jahren, als Sie sich damit beschäftigt haben, neu zu bauen?

Dr. Stefan Kraus (Leiter des Kolumba-Museums im Erzbistum Köln)

"Er hat uns Projekte vorgestellt und wir haben gemerkt, dieser Architekt spricht eine Sprache und hat eine Dialogkultur."

Kraus: Die Aufgabenstellung war relativ klar benannt. Sie lautete: Entwickelt dieses alte, 1853 gründete Diözesanmuseum weiter. Wie sieht zukünftig ein Konzept für so ein Haus aus? Was könnte das in der Trägerschaft der Kirche werden? Und wenn es zu einem Neubau kommt, wie könnte man das angehen?

Insofern durften wir einen Architekturwettbewerb vorbereiten. Wir haben zunächst zu diesem Wettbewerb eingeladen und 1993 europaweit Architekturbüros besucht. Wir haben unter anderen diesen damals in Deutschland völlig unbekannten Schweizer Architekten Peter Zumthor in der Nähe von Chur aufgesucht.

Wir hatten im Frühjahr 1993 zwei wunderbare Tage mit ihm. Er hat uns Projekte vorgestellt und wir haben gemerkt, dass dieser Architekt eine Sprache spricht und eine Dialogkultur hat. Von daher konnten wir uns vorstellen, dass man gut mit ihm zusammen ein wunderbares Haus entwickeln kann.

DOMRADIO.DE: Was ist Peter Zumthor für ein Mensch? Sie sprachen gerade von der Dialogkultur. Die drückt sich wahrscheinlich in der Person aus, aber auch in der Architektur selbst, oder?

Kraus: Ich glaube, er ist jemand, der sich als Autor auffasst, als jemand, der eine Autorenschaft für etwas übernimmt, das man ihm anträgt. Man macht ihm im Grunde genommen Vorschläge, die künstlerisch sind und mit der Freiheit des Künstlerischen gedacht werden, was nicht von der Stange kommt. Das ist das Tolle an allen Zumthor-Häusern. Denken Sie an die kleine Kolumba-Tochter, wie ich sie immer nenne, die Zumthor-Kapelle in Wachendorf.

Er ist also auf der einen Seite ein Autor. Auf der anderen Seite haben wir ihn als jemanden kennengelernt, der unglaublich gut zuhören kann und der einen auch fordert, indem er immer wieder sagt: "Ich habe es noch nicht ganz verstanden. Beschreibt es noch mal! Was wollt ihr eigentlich? Was ist das Anliegen? Was ist der Hintergrund?"

Wenn wir versucht haben, darauf hinzuweisen, dass die Grenze der Architektur zur bildenden Kunst hin irgendwie formuliert sein sollte und das am Ende zum Beispiel zu einer lichtgrauen, Lehm geputzten Wand führt, dann sind aus dieser Realisierung ganz viele gemeinsame Überlegungen vorausgegangen.

Dabei waren sowohl die Planungssitzungen im Baucontainer, also in den üblichen Arbeitsräumen, wichtig, wie auch eine planerische Kultur, wie etwa beim gemeinsamen Kochen und Essen. Wo liegt die Grenze zwischen dem? Wie plant man das offiziell und wie plant man vielleicht einen viel privateren Umgang, wenn man am Ende im Gebäude eine Atmosphäre erreichen will, die dieses Private auch tatsächlich mitberücksichtigt?

Dr. Stefan Kraus (Leiter des Kolumba-Museums im Erzbistum Köln)

"Ich glaube, dass Peter Zumthor eine faszinierende Persönlichkeit ist, zwischen einem hohen intellektuellen Verständnis, einem großartigen Interesse (...) und gleichzeitig eben mit einer dezidiert handwerklichen Begabung und Kenntnis".

Ich glaube, dass Peter Zumthor eine faszinierende Persönlichkeit ist, zwischen einem hohen intellektuellen Verständnis, einem großartigen Interesse auch für zeitgenössische Literatur, für zeitgenössische Kunst, für Musik und gleichzeitig mit einer dezidiert handwerklichen Begabung und Kenntnis, die immer wieder die Dinge auch nach ihrer materiellen Qualität befragt.

Ihm, mit genau dieser Mischung, haben wir das Anliegen gegenüber formuliert, einen Ort neu fassen zu wollen, der schon 2000 Jahre Kulturgeschichte hinter sich hat. In einer Zeit, in der man immer digitaler und immer globalisierter mit den Dingen umgeht, mit Verständnis dafür, dass es vielleicht trotzdem Sinn machen könnte, hier einen Anker zu werfen, ein Haus zu bauen, das eben sehr sinnlich, in dem guten Sinne des Wortes mit allen Sinnen zu begreifen ist.

DOMRADIO.DE: 16 Jahre ist das Gebäude in Benutzung. Wenn wir auf diese 16 Jahre zurückblicken, gab es auch Situationen, von denen Sie sagen, da habe ich mich auch an der Architektur gerieben?

Kraus: Ich glaube, dass die Reibung Teil der Geschichte ist. Wir arbeiten vor allen Dingen mit dem eigenen Bestand, daher glaube ich, dass wir uns im Planen einer Ausstellung tatsächlich immer im Abwägen von Situationen aufhalten. Ich könnte keine Präferenz ausmachen. Ich könnte Ihnen jetzt nicht sagen, welche unserer Jahresausstellung vielleicht am besten mit dem Gebäude harmoniert hat.

Wir haben in den vergangenen 15 Jahren keinen einzigen Cent in temporäre Ausstellungsarchitektur investiert, da wir immer mit demselben Gebäude arbeiten. Dennoch haben wir, glaube ich, den Nachweis erbracht, dass das Haus trotzdem jedes Jahr wie ein ganz anderes Museum erscheint.

Das ist, wie ich finde, das höchste Qualitätsmerkmal, was diese Architektur erlangt hat. Dass sie uns immer wieder fordert, aber immer wieder Raum gibt und dass die Werke sowie die Räume mit den Werken immer wieder anders erlebt werden können.

DOMRADIO.DE: Das Gebäude wird wieder neu eingerüstet. Gibt es auch Probleme mit diesem Gebäude?

Kraus: Ich glaube, es wird kein Gebäude der Weltarchitektur geben, das nicht auch Probleme hat. Wenn man nicht von der Stange plant und baut, sondern für die jeweiligen Orte viele Lösungen mit ganz neuen Dingen entwickelt werden, mit denen man sich beschäftigt hat, dann wird es sicherlich nicht ausbleiben, dass man am Ende feststellt, dass sich manches nicht bewährt.

Es ist hinlänglich bekannt, dass wir Probleme mit unseren Wänden haben. Sie lassen, obwohl sie 60 Zentimeter massiv gemauert sind, das Regenwasser durch. Das freut einen nicht. Da wird intensiv dran gearbeitet.

Ich bin zuversichtlich, dass wir auch dafür Lösungen finden werden. Aber ich glaube, man muss akzeptieren, dass auf dieser Erde nichts wirklich so perfekt ist, dass es nicht auch Probleme hat.

DOMRADIO.DE: An diesem Mittwoch wird Peter Zumthor 80 Jahre alt. Was wünschen Sie sich für ihn? Und was würden Sie gerne noch von ihm sehen?

Dr. Stefan Kraus (Leiter des Kolumba-Museums im Erzbistum Köln)

"Ich wünsche ihm vor allen Dingen, dass seine Bauten von denen, die sie in der Nutzung verantworten, verstanden werden".

Kraus: Ich wünsche mir natürlich, dass er noch lange die Fähigkeiten und die Möglichkeiten hat, tolle Architekturen zu entwerfen. Sie sind alle anders. Das ist das Tolle.

Ich wünsche mir zugleich, dass ihm das häufig passiert, was ihm bei Kolumba freut, wie er mir selber mal gesagt hat. Dass er jedes Mal, wenn er kommt, sieht, dass das Haus verstanden worden ist. Das heißt, ich wünsche ihm vor allen Dingen, dass seine Bauten von denen, die sie in der Nutzung verantworten, verstanden werden und dass die jeweiligen Träger - und das wünsche ich mir natürlich auch hier in Köln vom Erzbistum Köln - alles daran setzen, dass diese Bauten bestmöglich erhalten bleiben.

Damit kann auch die Handschrift, die Peter Zumthor in seinen Bauten realisiert hat, und das, was er den Menschen mit seiner Architektur gibt, auf Generationen bewahrt werden.

Das Interview führte Alexander Foxius.

Kunstmuseum Kolumba

Kolumba ist das Kunstmuseum des Erzbistums Köln, das 1853 als Diözesanmuseum Köln gegründet wurde. Zweitausend Jahre abendländischer Kultur sind in einem Haus zu erleben. In der Kunst mit Werken der Spätantike bis zur Gegenwart.

Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR