Kommentar des Chefredakteurs zur neuen Kirchenstudie

Schlimmer geht nicht

Eine neue Studie zeigt, was sich mit der Rekordzahl an Kirchenaustritten angedeutet hatte. Die großen Kirchen in Deutschland verlieren an Rückhalt. Ingo Brüggenjürgen sieht darin ein weiteres Warnsignal. Rüttelt das die Bischöfe auf?

Symbolbild Frau trägt ein Evangeliar bei einer Prozession / © Lars Berg (KNA)
Symbolbild Frau trägt ein Evangeliar bei einer Prozession / © Lars Berg ( (Link ist extern)KNA )

Mein Gott - mehr geht wirklich nicht. Geahnt hat man es immer. Jetzt hat man es schwarz auf weiß: Die Ergebnisse der jüngsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung sind desaströs. Besonders für die Katholische Kirche. Nur noch 9 Prozent der deutschen Gesellschaft vertraut der Katholischen Kirche! Das ist der vorletzte Platz im Ranking, nur noch der Islam findet weniger Vertrauen.

Was noch schwerer wiegt: Lediglich 21 Prozent der Katholiken vertrauen ihrer eigenen Kirche. Selbst das Vertrauen der Katholiken in die Evangelische Kirche ist mit 26 Prozent noch höher! Da wundert es dann nicht mehr, dass 43 Prozent der Katholiken austrittsgeneigt sind. 

00:01
00:00

Kirchenmitgliedsuntersuchung: Abnahme der Religiosität

Ingo Brüggenjürgen / © Harald Oppitz (KNA)

Die Gründe für den Missmut dokumentiert die Studie auch ganz klar: Ganz oben steht der Ärger über die kirchlichen Skandale, über Täuschung und Vertuschung sexualisierter Gewalt. Auch die fehlende Gleichberechtigung von Frauen und die unzureichenden demokratischen Mitbestimmungsrechte bei der Auswahl des Führungspersonals sind den Katholiken ein Ärgernis. 

Die Reformbefürworter beim Synodalen Weg dürfen sich auf ganzer Linie bestätigt sehen, wenn 96 Prozent (!) der Katholiken finden, Kirche müsse sich grundlegend ändern, wenn sie eine Zukunft haben will. Priester sollen heiraten dürfen, Homosexuelle sollen den Segen bekommen, Führungspersonal soll gewählt werden.

Das alles sind Punkte, die nicht zum Glaubensbekenntnis gehören, wohl aber nicht nur auf Grund der Mehrheitsmeinung, sondern aus dem Glauben heraus geändert werden könnten. Ob sich all die Reformverweigerer, die sich immer noch auf die angebliche "große schweigende Mehrheit" berufen, durch empirisch abgesicherte Daten überzeugen lassen? Ob es angesichts dieser erschütternden Ergebnisse wirklich ausreicht, wenn sich die katholischen Bischöfe erst im Frühjahr 2024 (!) einen halben Studientag Zeit nehmen, um mögliche Konsequenzen zu beraten? 

Mut macht mir, dass die Studie feststellt: Immer noch hat die Gesellschaft hohe Erwartungen an die Kirche. Kirche stärkt immer noch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Vor allem aber: Kirche leistet vielfach gut Arbeit vor Ort. Na, immerhin! 

Ingo Brüggenjürgen

Chefredakteur

Quelle:
DR

Die domradio- und Medienstiftung

Unterstützen Sie lebendigen katholischen Journalismus!

Mit Ihrer Spende können wir christlichen Werten eine Stimme geben, damit sie auch in einer säkulareren Gesellschaft gehört werden können. Neben journalistischen Projekten fördern wir Gottesdienstübertragungen und bauen über unsere Kanäle eine christliche Community auf. Unterstützen Sie DOMRADIO.DE und helfen Sie uns, hochwertigen und lebendigen katholischen Journalismus für alle zugänglich zu machen!

Hier geht es zur Stiftung!