So eine Schlagzeile wie diese würden sicher viele Pilgernde gern lesen. Doch davon sind wir weit entfernt. Gerade erst hat das Pilgerbüro in Santiago de Compostela die Statistik für 2024 veröffentlicht: Fast eine halbe Millionen waren es, nur 761 haben gefehlt, um die 500.000 voll zu machen.
Ist das ein Grund zum Feiern oder zum Fernbleiben? Zum Einen ist es ein gutes Zeichen, wenn sich immer mehr Menschen auf den Weg machen, um sich und ihr Leben zu hinterfragen. Einige suchen nach Gott, andere wollen die Trauer auf dem Pfad lassen oder eine Lebensentscheidung überdenken. Der Camino kann bei all dem helfen. Das haben in den vergangenen Jahren schon Millionen Pilger erfahren dürfen.
Pilgerfilm entsteht
Viele von den Pilgern sind Wiederholungstäter und kehren immer wieder nach Santiago de Compostela zurück. Einige schreiben Bücher, andere laden Jakobsweg-Videos auf Youtube, posten Wanderbilder bei Instagram oder drehen sogar einen richtigen Kinofilm wie Sascha Günther, der gerade auf Kinotour mit seinem bewegenden Pilgerfilm "Almar" ist. Wir alle sorgen auch selbst dafür, dass der Jakobsweg eine gute Werbung bekommt und wundern uns zugleich, warum es unterwegs immer voller wird.
Wobei, ist der Weg wirklich voller geworden? Ja. Auf den ersten Blick stimmt das. Schaut man aber genauer in die Statistik wird schnell klar, dass sich vor allem die Pilgerzahlen auf den letzten Kilometern des Weges in den vergangenen Jahren potenziert haben. Dieses Problem ist hausgemacht. Die Pilgernden müssen mindestens 100 Kilometer vor Santiago auf den Weg gehen, um am Ziel auch die Pilgerurkunde (die Compostela) zu bekommen.
Herbergen waren oft leer
Machen wir es konkret: von den knapp 500.000 Menschen, die 2024 eine Compostela bekommen haben sind mehr als 200.000 nur die letzten 100 Kilometer gegangen. Sie sind vor allem im portugiesischen Tui oder dem spanischen Sarria gestartet. Nur gut 27.000 Pilger haben sich für die berühmte 800-km-Strecke des "Camino Frances" von St. Jean Pied de Port entschieden. Das sind nicht einmal 7 Prozent. Genau diese Zahlen zeigen die Machtverhältnisse auf dem Weg.
Der Jakobsweg ist, wenn man es durch diese Brille sieht, nicht überlaufen. Streng genommen waren vor zehn Jahren sogar mehr Menschen ab den Pyrenäen unterwegs als heute. Das Problem zeigt sich auf den letzten Kilometern. Viele Pilgernde haben im Camino-Podcast in diesem Sommer mehrfach berichtet, dass es in den Herbergen entlang der Hauptroute häufig leer war.
Mehr Hotels
Das liegt auch am Jahr 2024: Viele haben sich daran gewöhnt, ihre Unterkünfte für sonstige Urlaube auf Plattformen wie booking.com zu buchen und machen das auch auf den Pilgerpfad. Viele Herbergen sind aber in öffentlicher Hand und dort gilt die alte Regel: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Unterwegs kann also durchaus der Eindruck entstehen: Das Handy sagt mir, dass im nächsten Ort alle Pensionen, Hotels und Hostels ausgebucht sind, während in der Herberge fast alle Betten frei bleiben.
Wer einen Jakobsweg plant, soll sich von den Rekordzahlen nicht beeindrucken lassen und sich einfach auf den Weg machen. Für die letzten Pilgerautobahn-Kilometer gibt es übrigens auch Alternativen. Zum Beispiel den Camino Ingles, der ist 120 Kilometer lang und verläuft nördlich von Santiago. Aber psssst! Nicht weitersagen!
Zum Autor: Marcus Poschlod pilgerte den Jakobswegen acht Mal und ist Host des Jakobsweg-Podcasts: "Der Camino-Podcast". Natürlich auch zu hören bei DOMRADIO.DE (App, Web).