Es ist ein bisschen wie im "Leben des Brian". Gehört man zur "Judäischen Volksfront"oder zur "Volksfront von Judäa"? So könnte man im kirchlichen Kontext gerade fragen: Machst du mit beim "Synodalen Weg" oder der "Weltsynode"? Kurz und knapp zusammengefasst: Der "Synodale Weg" ist der Reformprozess der deutschen katholischen Kirche, gleichberechtigt von Bischöfen und Laien, der 2019 nach dem Missbrauchsskandal ins Leben gerufen wurde. Der "weltweite synodale Prozess" wurde 2021 vom Vatikan gestartet, um in aller Welt ganz allgemein zu fragen, was sich an der Kirche ändern soll – also auch in Deutschland.
Zwei Reformprojekte, beide mit der drängenden Aufgabe die Kirche zu verändern. Wird man aber in einer normalen Gemeinde danach fragen, wird der Großteil wahrscheinlich von keinem der beiden Prozesse so genau wissen, was dahinter steckt. Noch nie davon gehört? Da ist man in guter Gesellschaft. Die Deutsche Bischofskonferenz hat vergangene Woche die Ergebnisse der Umfragen zur "Weltsynode" in den 27 deutschen Bistümern veröffentlicht. Dabei sticht ein Satz ins Auge. Die Beteiligung des Kirchenvolks liegt "im unteren einstelligen Prozentbereich".
Hat diese Stimme überhaupt Gewicht?
Welche Änderungen wünschen sich die, die mitgemacht haben? Keine große Überraschung: Mehr Beteiligung für Laien, insbesondere Frauen, mehr Offenheit gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren, und eine aktivere Beteiligung am gesellschaftlichen Dialog, statt nur am innerkirchlichen. Die Kirche soll mehr über ihren eigenen Tellerrand gucken. Mehr Engagement bei Themen wie Klima, Flüchtlinge und soziale Gerechtigkeit. Wird diese Stimme aber gehört? Hat sie Gewicht, wenn die Beteiligung "im unteren Prozentbereich" liegt? Bei der "Weltsynode" scheint also zumindest in Deutschland ein wenig die Luft raus.
Aber wie sieht es beim "Synodalen Weg" aus? Dort werden die gleichen Reformideen diskutiert. Der Wunsch nach Veränderungen ist groß. Problematisch ist hier weniger die Teilnahme, sondern es sind vielmehr die roten Warmlampen, die alle paar Monate aus Rom aufleuchten. Erst vergangenen Monat hat der Vatikan nochmals deutlich gemacht, dass das eigendeutsche Reformprojekt "Synodaler Weg" klare Grenzen hat und keine bindenden Entscheidungen zur katholischen Lehre treffen kann. Das hat in Deutschland für Empörung gesorgt. Also kann der Wunsch nach Veränderung in der deutschen Kirchenszene doch nicht so klein sein, wie es die Beteiligung an der "Weltsynode" vermuten lassen mag.
Bekommt man beide Ansätze nicht irgendwie zusammen?
Wenn es in Deutschland doch schon zwei relativ unabhängige Reformprozesse gibt, warum müssen die sich dann gegenseitig im Weg stehen? Warum wurde die "Weltsynode" auf Bistumsebene von anderen Leuten organisiert als der "Synodale Weg"? Warum hat Rom für das eine Projekt nur Kritik übrig, kann aber für das andere anscheinend niemanden begeistern? Eines der Umfrageergebnisse ist doch, dass wir uns als Kirche nicht nur um uns selber drehen sollten. Vielleicht sollten wir uns das besonders zu Herzen nehmen und auch bei den synodalen Reformprozessen den Blick ein bisschen weiten. Mehr zusammenarbeiten, als immer nur im eigenen Saft köcheln, damit wir nicht enden wie die "populäre Front" von Judäa, im "Leben des Brian". Wo am Ende nur noch ein einzelner, überzeugter Mensch übrig bleibt.
Über den Autor: Renardo Schlegelmilch ist Redakteur bei DOMRADIO.DE und begleitet journalistisch sowohl den "Synodalen Weg" als auch die "Weltsynode" im Vatikan.