DOMRADIO.DE: Der Knabenchor "Dudaryk" aus Lwiw, oder Lemberg, aus der Ukraine singt bei diesem Konzert mit, das wir übertragen. Wie ist es dazu gekommen?
Prof. Eberhard Metternich (Domkapellmeister am Kölner Dom und Leiter der Kölner Dommusik): Wir haben seit einigen Jahren auch Kinder aus der Ukraine hier bei uns im Mädchen- und Knabenchor. Über diese privaten Kontakte aus dem Mädchenchor ist der Kontakt zu dem ukrainischen Knabenchor entstanden. Der weitere Hintergrund ist, dass unser Erzbischof Kardinal Woelki selbst Lwiw besucht hat. Von daher fanden wir diese Verbindung sehr gut.
Für die Kinder aus der Ukraine ist es auch einfach schön, in der Vorweihnachtszeit einmal raus zu kommen und etwas zu erleben, wobei das Leben vielleicht ein bisschen leichter aussieht. Und von daher wollten wir ihnen auch ein paar schöne Tage hier in Köln ermöglichen.
DOMRADIO.DE: Beim Adventskonzert erklingen auch immer wieder traditionelle Lieder, etwa aus Deutschland und England. In diesem Jahr kommen dann sicher auch Lieder aus der Ukraine dazu, oder?
Metternich: Ja, das ist so. Jeder Chor singt natürlich einen kleinen Block mit seinen Liedern und dazu gehören ukrainische Weihnachts- und Adventslieder. Besonders ist darunter das berühmteste Lied, was sich auch hier bei uns eingebürgert hat: "Schtschedryk" - was hier bekannt ist als "Carol of the Bells". Das singt unser Mädchenchor in englischer Sprache und der Knabenchor aus Lwiw in ukrainischer Sprache.
Außerdem schlagen wir auch eine Brücke mit unserem Knabenchor. Wir haben vor drei Monaten bei einer Preisverleihung für das "Blau-Gelbe Kreuz" im Schokoladenmuseum gesungen. Da haben wir das Gebet für die Ukraine des ukrainischen Komponisten Walentyn Sylwestrow gesungen. Das werden wir gemeinsam mit dem Knabenchor aus Lwiw wieder singen.
DOMRADIO.DE: Das "Blau-Gelbe Kreuz" ist eine deutsch-ukrainische Hilfsorganisation für die Menschen in der Ukraine. Die Konzertbesucherinnen und -besucher bekommen in der Regel auch die Gelegenheit, selber zu singen. In diesem Jahr ist es anders?
Metternich: Wir mussten dem Format, dass ein dritter Chor dabei ist, etwas Tribut zollen. Und deswegen haben wir uns auf die Lieder beschränkt, die wir vortragen. Und wir denken, das ist auch nicht schlecht, denn es gibt so viele Gottesdienste in der Weihnachtszeit, in denen man Gelegenheit hat, die Weihnachtslieder mitzusingen.
DOMRADIO.DE: Der Dom ist jedes Mal proppenvoll. Im Vorhinein muss man sich ein kostenloses Ticket organisieren und auch diesmal ist das Konzert wieder ausgebucht. Warum, glauben Sie, kommen so viele Menschen gerne zu diesem Konzert - obwohl es ja doch immer ziemlich ungemütlich ist im Kölner Dom?
Metternich: Man stellt sich den Kölner Dom immer so ungemütlich vor, weil es natürlich ein bisschen düster ist und oft ist es auch kalt. Aber wie ich das höre ,sind die Leute sind von dem Format immer total begeistert und wollen im nächsten Jahr wiederkommen, weil man sich vielleicht auch ein bisschen zusammenkuschelt. Und die Verbindung der Musik mit diesem Raum, das macht das Besondere im Kölner Dom aus. Man kann sich Musik auch auf YouTube oder Spotify anhören, aber wenn man sie live im Dom erlebt, ist es doch eine ganz andere Dimension.
DOMRADIO.DE: Das Adventskonzert hat eine lange Tradition. Sie werden jetzt im Sommer nach 38 Jahren am Dom in den Ruhestand gehen. Auch wenn Sie bis dahin noch viele Gottesdienste und Konzerte am Dom haben werden, wird das für Sie noch einmal ein besonderes Adventskonzert? Oder eins von 38?
Metternich: Ganz so viele waren es auch nicht, dieses besondere Konzert hat sich erst gebildet. Aber wenn man jetzt alles quasi zum letzten Mal erlebt in seiner aktiven Dienstzeit, dann ja. Hinterher denkt man immer, dass es schön war und man jetzt mal sieht, was noch kommt. Von daher ist es nicht ganz so sentimental. Aber trotzdem. Es schwingt immer mit, dass es das letzte Mal in dieser Atmosphäre ist.
DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie den Besuchern im Dom und den Zuschauerinnen bei DOMRADIO.DE dann für dieses Konzert?
Metternich: Ich wünsche ihnen, dass sie sich von der Musik berühren lassen. Und dass es ihnen somit leichter fällt, von den Alltagssorgen ein bisschen Abstand zu gewinnen und auf ein friedvolles Weihnachtsfest zuzugehen. Und dass sie immer wieder auf die Botschaft hören, die wir verkünden: dass einer in die Welt gekommen ist, der Frieden bringen soll.
Das Interview führte Tobias Fricke.
DOMRADIO.DE überträgt das Konzert live in Bild und Ton im Internet, auf YouTube und Facebook.