KNA: Bischof Kozon, am Dienstag hat das dänische Parlament strengere Asylgesetze beschlossen - Vermögen von Flüchtlingen können eingezogen werden, der Familiennachzug wird erschwert. Wie schätzen Sie die neue Lage ein?
Kozon: Ich habe bei diesem Gesetz sehr große Bedenken, denn es mangelt ihm an Respekt vor den Flüchtlingen. Wer vorläufig in Dänemark leben darf, der kann seine Familie künftig erst nach drei Jahren nachholen. Das trifft doch vor allem die Kinder dieser zerrissenen Familien hart, sie sind eigentlich auf beide Elternteile angewiesen.
KNA: Dänemark galt einmal als weltoffen, jetzt kritisieren sogar die Vereinten Nationen das Land.
Kozon: Wir Dänen sind eigentlich gastfreundlich, aber in den letzten Jahren hat sich die politische Stimmung zugespitzt: Viele Menschen haben Furcht vor islamistischem Terror, vor dem Verlust ihres Wohlstandes und vor dem vermeintlichen Niedergang der dänischen Kultur. Mit dieser Angst spielen einige Parteien bei uns, auch aus taktischen Gründen, weil sie die Wählerstimmen der Leute nicht verlieren wollen.
KNA: Verstehen Sie die Angst Ihrer Landsleute?
Kozon: Man darf natürlich fragen, wie wir die Integration schaffen können. Aber die bessere Frage wäre: Wie können wir mit den Mitteln, die uns zur Integration zur Verfügung stehen, so viel wie möglich stemmen? Wir sollten nicht schauen, was wir nicht können oder nicht wollen, sondern wir sollten so großzügig sein, wie es uns irgend möglich ist, um den Flüchtlingen das Ankommen zu ermöglichen.
KNA: Unter den Katholiken Dänemarks sind viele Zugewanderte. Gibt es deshalb größeres Verständnis für Menschen, die jetzt ihre Heimatländer verlassen?
Kozon: Es ist eine Tatsache, dass unter den dänischen Katholiken viele Einwanderer sind, aber es ist auch eine Tatsache, dass manche Einwanderer nach einer gewissen Zeit selbst einwanderungskritisch werden. Wir Katholiken sind eine Minderheit in Skandinavien - aber wir spiegeln die zerrissene öffentliche Meinung in den Flüchtlingsfragen dennoch wider.
Das Interview führte Christina Rietz.