Franziskaner in Assisi mit besonderer Krippendarstellung

Krankenschwester im Mittelpunkt

Im Corona-Jahr 2020 ist alles anders. Auch in der Adventszeit in der Stadt Assisi. Die Franziskaner dort haben ihre Krippendarstellung angepasst und eine Krankenschwester mit Mundschutz aufgestellt. 

Assisi ehrt Einsatz von Krankenpflegerinnen und -pflegern / © Yara Nardi (Reuters)
Assisi ehrt Einsatz von Krankenpflegerinnen und -pflegern / © Yara Nardi ( Reuters )

DOMRADIO.DE: Eine Krankenschwester als Teil der Weihnachtskrippe, das ist ziemlich ungewöhnlich. Woher kommt diese Idee?

Bruder Thomas Freidel (Diakon des Klosters Sacro Convento Assisi): Wir haben in den vergangenen Jahren schon immer besondere aktuelle Akzente gesetzt bei der Krippendarstellung, die jedes Jahr vor der Basilika aufgebaut wird. Da war zum Beispiel in einem Jahr auch ein Flüchtlingsboot aufgestellt. Dieses Jahr war die Idee, diese Krankenschwester mit in die Krippenszene zu nehmen, im Bezug auf die Corona-Pandemie, die natürlich Italien sehr stark getroffen hat, stärker vielleicht auch noch als andere Länder. Uns hier in Assisi hat die Krankheit auch getroffen, wir haben zahlreiche Erkrankungen. Der Gedanke war, gerade den Dienst der Pflegerinnen und Pfleger in den Mittelpunkt zu setzen, die sich diesen, den kranken Menschen widmen und somit ja etwas ganz ursprünglich Christliches tun, sich Kranken zuwenden. Wenn wir Weihnachten feiern, das Fest der Liebe, der Menschwerdung Gottes, dann gehört das mit dazu.

DOMRADIO.DE: Unter anderem wird die Basilika in Assisi auch zu einer großen Leinwand. Was steckt dahinter?

Freidel: Grundsätzlich ist es so, dass Weihnachten in der franziskanischen Ordensfamilie eine ganz wichtige Rolle spielt. Für Franz von Assisi war das Fest der Menschwerdung Gottes ganz zentral - dieser Gott, der Mensch wird, in Armut und Demut. Normalerweise ist es in Assisi so, dass die ganze Stadt zu einer Krippenszene wird. Viele Weihnachtskrippen werden aufgebaut, ausgestellt in den Schaufenstern der Geschäfte, in den verschiedenen Straßen. Auch bei uns wird normalerweise vor der Kirche, auf der Rasenfläche, eine große Krippe aufgestellt, mit lebensgroßen Figuren, besorgt von einer Gastwirtsfamilie aus der Nachbarschaft. Das fällt dieses Jahr alles weg und so kam die Idee mit Hilfe der Technik: Unser Pressebüro hat da besondere Bekannte ausfindig gemacht, die das realisieren konnten, dass praktisch Fresken aus der Basilika überdimensional groß auf die Fassade projiziert werden und ein Teil der dargestellten Szene in großen Figuren dann vorne dran auch nochmal sichtbar gemacht wird.

DOMRADIO.DE: Die Stadt wird außerdem in eine imaginäre Krippe verwandelt. Können Sie das genauer erklären?

Freidel: Weil an anderen Stellen auch andere Szenen abgebildet werden. Zum Beispiel auf der Fassade der Domkirche Sandro Ino. Da ist Maria Verkündigung dargestellt. Auf der Piazza, dem zentralen Platz in der Innenstadt, wird am alten Rathausturm so ein Teil des blauen Himmels dargestellt, wie er in der Basilika an der Decke zu sehen ist. Also die Bilder aus der Kirche werden hinausgetragen an die Wände der Kirchen und Häuser und somit vergrößert sichtbar gemacht.

DOMRADIO.DE: Das Franziskanerkloster hat sich an die aktuellen Gegebenheiten angepasst in diesem Jahr. Ein Teil dieses Projekts wird ins Internet verlegt. Wie genau wird das funktionieren?

Freidel: Wenn man ein wenig sucht und nachschaut: Ich habe jetzt zum Beispiel gerade auch hier vor mir den YouTube-Kanal, das ist italienisch. Aber man kann trotzdem viel verstehen und mitverfolgen, wenn man den Begriff eingibt: "Il natale di Francesco di Assisi" - Das Weihnachten des Franz von Assisi. Dann stößt man zum Beispiel im YouTube-Kanal auf den Film, der das alles zeigt und dokumentiert. Auch wer Nutzer von sozialen Netzwerken ist, immer unter den Stichwörtern "Assisi, Francesco, Natale" findet man diese Darstellungen, die sehr eindrucksvoll, sehr schön ausschauen. Und das wird jetzt auch immer nach einem gewissen Zeitplan abends projiziert auf die Wände. Einmal die Szene der Weihnacht, also der Geburt Christi, wie sie Giotto in der Unterkirche gemalt hat. Dann wird auch einmal eine Szene gezeigt, wo quasi das Tor der Oberkirche geöffnet wird und man dann da hineinschauen kann. Also, es sind wechselnde Szenen. Immer ab 17 Uhr am späten Nachmittag, frühen Abend, beginnt es dann.

DOMRADIO.DE: In diesem Jahr ist ja nun wirklich alles etwas anders als sonst, durch das Corona-Virus. Wie erleben Sie ganz persönlich in Assisi diese Adventszeit? Wie kommt Ihnen das vor?

Freidel: Dass natürlich wenige Menschen da sind, das ist für uns schon das ganze Jahr über die Erfahrung gewesen. Damit verbunden sind auch die wirtschaftlichen Sorgen, die wir mit den Leuten hier in der Stadt teilen. In Assisi leben fast alle von den Besuchern, die kommen. Und jetzt im Moment diese Leere, diese Stille, die zwar einerseits besinnlich ist, aber wir sind doch auch sonst gewohnt, dass an den Adventswochenenden und an den Weihnachtstagen Menschen kommen. Jetzt nehmen viele über die Medien teil, aber es ist natürlich eine ganz außergewöhnliche Situation. Und gerade deswegen sollte diese Aktion jetzt sein, weil vieles, was sonst selbstverständlich ist, jetzt nicht möglich ist.

Dass wir trotzdem Weihnachten feiern können und uns auf das Wesentliche, auf die Botschaft konzentrieren. Gott wird Mensch, nicht wegen der Fehlerhaftigkeit der Menschen, sondern er wird Mensch aus Liebe, aus liebender Mitteilung. Das hat ja der große Theologe unseres Ordens, Johannes Duns Scotus, dessen Grab in Köln in der Minoritenkirche ist, hervorgehoben. Er hat gesagt: Ja, die Liebe ist der Beweggrund für Gott, Mensch zu werden. Das heißt für uns, dass wir eben diese Liebe weitergeben, dass wir sie leben und dass wir Hoffnung geben. Auch gerade jetzt, in diesen schwierigen Zeiten, in diesem Jahr. 

Das Interview führte Carsten Döpp.


 

Bruder Thomas Freidel in Assisi / © Freidel (privat)
Bruder Thomas Freidel in Assisi / © Freidel ( privat )
Quelle:
DR
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