Kretschmann und Fürst geben in Polen geraubte Glocken zurück

"Friedensglocken für Europa"

Gebhard Fürst und Winfried Kretschmann reisen nach Polen. Dort wollen der katholische Rottenburger Bischof und der grünen Ministerpräsident von Nationalsozialisten gestohlene Kirchenglocken an ihre alten Besitzer zurückgeben.

Die zurückgebrachte Glocke aus Aichtal-Grötzingen steht am 16. Oktober 2021 in der Laurentiuskirche im tschechischen Pist  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Die zurückgebrachte Glocke aus Aichtal-Grötzingen steht am 16. Oktober 2021 in der Laurentiuskirche im tschechischen Pist / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Konkret geht es um drei Instrumente aus Pommern und dem Ermland, die im Rahmen eines in dieser Form einmaligen Projekts zurückgebracht werden.

Ab 1940 wurden rund 100.000 Glocken in den früheren deutschen Ostgebieten und in besetzten Ländern abgehangen und der Rüstungsindustrie als Metallreserve zur Verfügung gestellt.

Bei Kriegsende blieben 16.000 Glocken erhalten; die meisten kamen zurück in ihre Gemeinden.

Kirchenglocken als Kriegsbeute

Rund 1.300 landeten zunächst auf dem Hamburger "Glockenfriedhof" und wurden ab 1950 Kirchengemeinden in der Bundesrepublik überlassen.

Ausgangspunkt des Projekts "Friedensglocken für Europa" waren Arbeiten am Geläut des Rottenburger Doms Sankt Martin. Damals stellte sich heraus, dass eine Glocke aus dem heutigen Polen stammt.

Bei der danach gestarteten systematischen Untersuchung in allen katholischen Kirchen Württembergs zeigte sich, dass 66 weitere Instrumente vom "Glockenfriedhof" stammen, von denen 54 noch benutzt wurden.

Persönliche Reise für Kretschmann

Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg / © Harald Oppitz (KNA)
Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg / © Harald Oppitz ( KNA )

Drei davon werden nun den katholischen Gemeinden in Dietrichsdorf (Straszewo) im Bezirk Pommern sowie in Frauenburg (Frombork) und Siegfriedswalde (Zegoty) im Bezirk Ermland-Masuren übergeben.

Für Kretschmann hat die Reise eine persönliche Dimension, weil seine Familie aus dem Ermland stammt.

Während der Grünen-Politiker in Spaichingen auf die Welt kam, wurde sein älterer Bruder Ulrich noch in Frauenburg geboren und getauft.

Friedensglocken als Symbole der Geschwisterlichkeit 

Bischof Gebhard Fürst / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Gebhard Fürst / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Fürst liegt das Projekt am Herzen. Er spricht von "Friedensglocken, weil sie Symbole für die christliche Überzeugung der Geschwisterlichkeit aller Menschen sind".

Ziel des Projekts ist es, über die Rückgabe hinaus Begegnungen zu ermöglichen und einen Beitrag zur kirchlichen Friedensarbeit zu leisten.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg auf dem europäischen Kriegsschauplatz. Hitler und sein Regime hatten mit dem von ihnen angezettelten Krieg Deutschland in die schlimmste Niederlage seiner Geschichte geführt. 55 Millionen Tote waren zu beklagen, davon 5,5 Millionen Deutsche und 50 Millionen Angehörige zahlreicher anderer Völker. Ein Viertel der Toten waren Zivilisten, unter ihnen sechs Millionen Juden, die dem rassenideologischen Wahn zum Opfer gefallen waren.

Die Innenstadt von Köln nach der Bombadierung durch die Alliierten 1945 / © akg-images GmbH (epd)
Die Innenstadt von Köln nach der Bombadierung durch die Alliierten 1945 / © akg-images GmbH ( epd )
Quelle:
KNA