Kreuze in Erft und Ahr erinnern an Flutopfer

"Kunst öffnet die Herzen"

Anlässlich des Jahrestages der Flutkatastophe hat das selbst betroffene Ehepaar Guy Féaux und Sylvie de la Croix aus Bad Münstereifel dutzende Flutkreuze im Flussbett der Erft errichtet. Sie sollen erinnern, an die Toten und das Leid.

Die EifelflutKreuze werden am Jahrestag in der beschädigten Iversheimer Dorfkirche aufgestellt sowie in der Erft und Ahr
 / © Stefan Strabelzi/Gabriele Franke (privat)
Die EifelflutKreuze werden am Jahrestag in der beschädigten Iversheimer Dorfkirche aufgestellt sowie in der Erft und Ahr / © Stefan Strabelzi/Gabriele Franke ( privat )

DOMRADIO.DE: Die 170 Kreuze sind Wanderkreuze, die 2014 bei einer Aktion mit Schülern zum Gedenken der Opfer des Ersten Weltkrieges entstanden waren. Wo waren diese Kreuze in der Zwischenzeit?

Guy Féaux de la Croix (Ex-Diplomat, Flutbetroffener und Initiator der Kunst-Installation "FlutEifelkreuze"): Wir haben seit 2014 mehrere Ausstellungen damit gehabt, wir waren mit unseren Kreuzen auf dem Katholikentag in Münster oder auch bei der Jugendwallfahrt im Kölner Dom. Da haben wir zum Beispiel eine Werkstatt errichtet und eine Nacht lang mit jungen Menschen zusammen weitere Kreuze gestaltet, uns die Kreuze auch zu eigen gemacht und uns diesen Kreuzen angenähert. Es ist eine sehr sinnliche, künstlerische Kunsterfahrung – wir alle sind ja zum Laienpriestertum berufen aber gleichzeitig auch zum Kunstpriestertum. Das überschneidet sich bei manchen Menschen.

FlutEifelkreuze / © Stefan Strabelzi (privat)
FlutEifelkreuze / © Stefan Strabelzi ( privat )

DOMRADIO.DE: Was genau meinen Sie mit Laienpriestertum?

de la Croix: Das müssen Sie eigentlich die Theologen fragen (lacht). Die sagen doch, dass wir alle zu Laienpriestern berufen sind. Wir dürfen nicht die Sakramente spenden, aber wir sollen Zeichen für unseren Glauben setzen - nicht nur für uns ganz persönlich, sondern auch für andere. Dafür ist das Kreuz das wichtigste Zeichen.

DOMRADIO.DE: Mit welcher Absicht installieren Sie die "FlutEifelkreuze" in Bad Münstereifel?

Bei Antweiler waren die ersten Todesopfer zu beklagen. In der Nähe starb die 19-jährige Feuerwehrfrau Katharina Kraatz bei dem Versuch, eine bettlägerige Frau aus einem davon driftenden Campingwagen zu retten.
 / © Stefan Strabelzi (privat)
Bei Antweiler waren die ersten Todesopfer zu beklagen. In der Nähe starb die 19-jährige Feuerwehrfrau Katharina Kraatz bei dem Versuch, eine bettlägerige Frau aus einem davon driftenden Campingwagen zu retten. / © Stefan Strabelzi ( privat )

de la Croix: Wir haben am vergangenen Freitag damit begonnen, die Kreuze in der Ahr und im schwer getroffenen Ort Antweiler aufzustellen. Am Wochenende haben wir mehrere Installationen in Bad Münstereifel vollzogen - in diesem Fluss, der jetzt so friedlich dahin plätschert und vor genau einem Jahr zu einem großen Todesstrom angeschwollen war. Wir erinnern uns hier alle an diese Nacht, in der wir noch gar nicht begreifen konnten, welches Unglück, welche Verheerung unser Land, unsere Heimat getroffen hat.

Guy Féaux de la Croix

"in diesem Fluss, der jetzt so friedlich dahin plätschert und vor genau einem Jahr zu einem großen Todesstrom angeschwollen ist"

DOMRADIO.DE: Welche Reaktionen haben Sie bislang erhalten?

de la Croix: Unterschiedliche. Es gibt natürlich auch Menschen aus dem Ort, die vorbeikommen und sagen: "Müsst ihr uns denn schon wieder an dieses schreckliche Ereignis erinnern?" Das gibt es auch. Es gibt auch das Vergessenwollen, vielleicht gerade bei Menschen, die besonders viel gelitten haben. Aber dann gibt es auch Menschen, die kommen und sagen: "Ja, das freut uns und das berührt uns, dass ihr ein Zeichen der Anteilnahme für Menschen setzt, die es noch viel schlimmer getroffen hat als uns - als mich, meine Frau, unsere Freunde." 

Und wenn sie erst mal aufgestellt sind, ist es vielleicht auch die Schönheit dieser Kreuze, wie sie da im Fluss stehen, die den Menschen das Herz aufgehen lässt. Kunst öffnet die Herzen für eine andere Erfahrung. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Kunst ein anderer paralleler, ergänzender Glaubensraum ist, in dem man Gott erfahren kann.

Guy Féaux de la Croix

"Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Kunst ein anderer paralleler, ergänzender Glaubensraum ist, in der man Gott erfahren kann"

Das Interview führte Florian Helbig.

Die Flutkatastrophe im Juli 2021 und ihre Nachwehen

Bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 im Westen Deutschlands kommen allein in Rheinland-Pfalz mindestens 136 Menschen ums Leben.  In Nordrhein-Westfalen sterben bei Hochwasser nach extremem Starkregen 49 Menschen; mit 180 Städten und Gemeinden ist fast die Hälfte der Kommunen betroffen. Eine Chronologie der Ereignisse:

11.7.: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt am Vormittag vor extremem Starkregen mit bis zu 200 Litern Regen pro Quadratmeter innerhalb von 60 Stunden. Eine genaue Vorhersage, wo die riesigen Mengen niedergehen werden, ist nicht möglich.

Nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen / © Marius Becker/dpa (dpa)
Nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen / © Marius Becker/dpa ( dpa )
Quelle:
DR