"Wir müssen uns dann um die kümmern, die urplötzlich an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, um die, die sich in prekären Lebenssituationen wähnen", sagte Genn im Interview mit den "Westfälischen Nachrichten" (Donnerstag) in Münster. Er verwies auf die katholischen Sozialverbände.
Der Bischof forderte zudem, die Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze nicht zu vergessen. Der Krieg in Syrien, "der mich geradezu rasend macht, weil hier politsche Mächte auf dem Rücken von Millionen von Menschen ihre Interessen austragen", sei im Gegensatz zum Coronavirus ein von Menschen gemachtes Problem.
Genn erklärte, dass die Osterfeierlichkeiten im Sankt-Paulus-Dom voraussichtlich ohne Kirchenvolk stattfänden. Bereits jetzt feiert er Messen ohne Besucher. Diese Gottesdienste würden stattdessen ins Internet übertragen. Ihn motiviere dabei, dass er viele Menschen anspreche, die nicht in die Kirche gekommen wären, sagte der Bischof. "Man schaut zwar auf die leeren Bänke, aber man ist mit seinem Gebet in einer großen virtuellen Zuhörerschaft."
Bischof Hanke: Coronakrise verursacht auch geistlichen Mangel
Dass die Christen die Heilige Woche mit Ostern nicht gemeinsam feiern könnten, sei ein "großes Manko für das geistliche Leben", sagte der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke in einem Interview mit der "Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt". Die Coronakrise verursacht nicht nur einen ökonomischen, sondern auch einen geistlichen Mangel. Das bereite ihm Sorgen. "Ich weiß nicht, was das mit unserem Glauben und dem Kirchesein macht." Er könne nur hoffen, dass die Gläubigen diesen Notstand kreativ angingen.
Die Coronakrise führt laut Hanke auch zu einer Form von Exerzitien. "Wir sind auf uns selbst zurückgeworfen. Solche Zeiten können auch fruchtbar werden". Er hoffe, dass die Menschen nicht so sehr um sich selbst kreisten, sondern sich um die Nächsten kümmerten. Persönlich nutze er diese Zeit, um sein geistliches Leben zu intensivieren und Menschen anzurufen, für die sonst nicht genügend Zeit bleibe.
Bertram Meier: Corona birgt Veränderungspotenzial für die Kirche
Auch der ernannte Augsburger Bischof Bertram Meier sieht in der Corona-Krise "Veränderungspotenzial" für die Kirche. Es stelle sich nun die Frage nach ihrem zentralen Anliegen "was treibt sie an?", sagte Meier der "Katholischen SonntagsZeitung" für das Bistum Augsburg (Wochenende). Meier fügte zur innerkirchlichen Reformdebatte an: "Auch der Synodale Weg könnte dadurch vielleicht mehr geistlichen Tiefgang gewinnen und eine etwas andere Richtung nehmen." Der Prälat ergänzte, ihn beschäftige beim Thema Corona auch Folgendes: "Was bedeutet das für unsere vielen Gremien? Welche Plattformen brauchen wir wirklich, welche führen tatsächlich weiter? Wo kommt Jesus vor?"
Meier fügte an, die Krise möge dazu beitragen, "dass viele Menschen in sich gehen und versuchen, in die Tiefe ihrer Existenz zu steigen mit der Aufforderung: Werde wesentlich!" Das betreffe nicht nur den Einzelnen, sondern auch die gesamte Kirche.
Bischof Wilmer hält am Lesertelefon Kontakt zu Gläubigen
Unterdessen sucht der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer auch in der Corona-Krise den direkten Kontakt zu den Gläubigen. Er sitzt am Montag für zwei Stunden am Lesertelefon der Hildesheimer "KirchenZeitung", wie das Bistum am Donnerstag ankündigte. Von 16.00 bis 18.00 Uhr werde er Anrufern unter (0 51 21) 30 78 20 zur Verfügung stehen.
Der Bischof nimmt nach eigenen Worten derzeit kaum persönliche Termine wahr und führt stattdessen Telefongespräche und Videokonferenzen. Im Wechsel mit den Weihbischöfen Nikolaus Schwerdtfeger und Heinz-Günter Bongartz feiert er täglich eine Messe im Hildesheimer Dom. Das Bistum Hildesheim überträgt die Gottesdienste als Audio-Livestream auf seiner Internetseite.