DOMRADIO.DE: Das ist ein Hollywoodfilm. Wie muss ich mir dieses Kreisen um Gott vorstellen?
Margarete von Schwarzkopf (Autorin, Journalistin und DOMRADIO-Literaturexpertin): Es spiegelt die tiefe Religiosität der "Persons of Colour" wieder, der Menschen in den Südstaaten. Sie leben mit Gott. Gott ist A und O. Die Religion spielt eine ganz große Rolle, in diesem Film auch.
Es gibt einen wunderbaren Satz in dem Film. Die Protagonistin Celie wird sehr schlecht behandelt. Und sie trifft eine Frau, die die Tochter eines Pfarrers ist. Aber sie ist ein "leichtes Mädchen" in dem Sinne, dass sie eine Barsängerin geworden ist. Celie sagt zu dieser Freundin, Gott habe sie verlassen. Diese Sängerin erwidert: "Nein, nicht Gott hat dich verlassen, sondern die Menschen behandeln dich schlecht. Das musst du unterscheiden. Gott wird dich nie verlassen und hat dich auch nie verlassen."
Der Film ist ganz in diesem Sinne aufgebaut. Es ist eine dramatische, tragische Geschichte. Großartige Lieder, Gospel, Blues, Country. Es geht immer um die Frage der Schöpfung Gottes, um die Farbe Lila, Blumen, die Gott geschaffen hat. Wie gesagt, ich habe selten einen Film gesehen, der so stark den Glauben von Menschen an Erlösung und Hoffnung widerspiegelt.
DOMRADIO.DE: Ist das Ringen um Trost, Hoffnungen und Glauben mehr als ein Stilmittel? Steckt da ein wahrhaftiges Anliegen dahinter?
Schwarzkopf: Es ist zum einen eine großartige Unterhaltung, die da geboten wird. Fantastische Schauspieler und wunderbare Sängerinnen und Sänger. Der Film lebt von der Musik und auch von der großen Frage, wie kann man mit dem Elend des Menschen und der Menschheit fertig werden? Wie kann man immer noch Hoffnung haben?
Die Schwester von Celie, eine ganz wichtige Figur, wird aus ihrem Leben gerissen, weil sie nach Afrika geht, um Missionarin zu werden. Auch da sehen wir wieder das ganz starke religiöse Element, dass man Menschen Gutes tun soll, Menschen helfen soll.
Es ist ein Film, der sich sehr darum dreht, wie Menschen miteinander leben können, wie man durch Freundschaft, Loyalität, Liebe und Hoffnung auch die schlimmsten Dinge im Leben überwinden kann. Ein letztlich sehr positiver Film.
Manchmal ein bisschen pathetisch. Damit habe ich aber wunderbar leben können, weil ich auch die Lieder in diesem Film so toll finde, nicht nur "Sister", dieser "Miss Celie's Blues", der ist auch mit drin. Ich muss sagen, es ist eine ganz große Leistung. Und Danielle Brooks, eine der Schauspielerinnen und Sängerinnen, ist für den Oscar nominiert worden. Mit Recht.
DOMRADIO.DE: Damals wurde Celie von Whoppi Goldberg gespielt. Kommt der neue Cast mit den Schauspielern von damals mit?
Schwarzkopf: Ja, es sind vor allem Frauen oder Männer, die auch wunderbar singen können und die in dem Musical am Broadway zum Teil schon aufgetreten sind, auch da ein Riesenerfolg. Es sind Schauspieler, die uns gar kein Begriff sind. Danielle Brooks kennt hier eigentlich keiner, aber die wird man jetzt kennenlernen.
Es ist wirklich ein sehr gutes Ensemble, was da zusammengestellt worden ist. Die Geschichte ist wirklich außerordentlich dramatisch. Celie wird nur misshandelt von ihrem Stiefvater, sie bekommt Kinder von ihm, er vergewaltigt sie mehrfach als sie 14 oder 15 Jahre alt ist. Die Kinder werden adoptiert, gehen aus ihrem Leben fort, aber sie glaubt immer noch dran, dass Gott eines Tages die Kinder zu ihr zurückbringt. In dem Fall bewirkt der Glaube Wunder.
Dann wird gezeigt, wie sie eigentlich nur ausgenutzt und schlecht behandelt wird von ihrem Ehemann, einem fürchterlichen Menschen, der aber am Schluss auch Buße tut. Aber immer wieder erlebt sie auch lichte Momente, Freundschaft, Liebe, Zuneigung. So wird die ganze Geschichte aufgebaut.
Viele Dramen, aber auch immer wieder das Prinzip Hoffnung und immer wieder, die Botschaft: Gott verlässt dich nicht. Aber es ist nicht kitschig-religiös aufgezogen, sondern es ist der Glaube, den die Menschen haben und dadurch können sie auch mit dem schwerem Leid, das sie erleben, fertig werden.
DOMRADIO.DE: Für wen lohnt es sich, den Film zu schauen?
Schwarzkopf: Ich glaube für alle, die eine spannende Geschichte und ein großes Drama erleben wollen. Für alle, die diese Musik lieben. Denn es ist sehr viel Jazz drin, sehr viel Blues. Ich bin ein großer Blues-Fan, auch Country Music, alle Arten von Musik, die im Süden der USA gespielt wird. Es spielt in Tennessee und Tennessee ist mit Nashville das Zentrum der Country Music.
Es ist ein Film, der alle anspricht, glaube ich. Die, die den Film von damals kennen, werden ein bisschen überrascht sein, weil Änderungen vorgenommen wurden. Aber das kann ich schon sagen, – denn das kennt man schon aus dem Film und aus dem Buch von Alice Walker – es gibt ein Happy End und der letzte Song wird viele sehr bewegen. Am Schluss gibt es ein Loblied auf die Schöpfung Gottes und auf die Farbe Lila. Die Farbe Lila symbolisiert Blumen, die blühen und die den Menschen Trost geben in einer trostlosen Welt. Das ist schon wirklich sehr ergreifend.
Das Interview führte Dagmar Peters.