In diesem Jahr feiert der katholische Orden der Prämonstratenser seinen 900. Geburtstag. Seinerzeit gründete Norbert von Xanten mit einigen Gleichgesinnten ein Kloster im französischen Premontre, aus dem an Weihnachten 1121 die heute weltweit agierende Ordensgemeinschaft hervorging. Dieses Jubiläum nimmt das Kulturhistorische Museum Magdeburg zum Anlass für eine Sonderausstellung: Unter dem Titel "Mit Bibel und Spaten" soll sie ab dem 8. September 2021 das Ordensleben und -wirken bis in die Gegenwart beleuchten.
Die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Im vergangenen Jahr veranstaltete das Museum dazu eine wissenschaftliche Tagung, deren Ergebnisse mit in die Ausstellungskonzeption einfließen sollen. "Wir streben eine Referenzausstellung mit internationaler Strahlkraft an", erklärte die Direktorin des Kulturhistorischen Museums, Gabriele Köster. Der Titel der Ausstellung spiele darauf an, dass für die Prämonstratenser zum einen das Bibel-Studium eine zentrale Rolle spielt, zum anderen sie mit ihrem wirtschaftlichen Wirken im Mittelalter maßgeblich zum Landesausbau beitrugen.
Hohe Erwartungen
Auch der Orden hat hohe Erwartungen, wie Generalabt Jos Wouters erklärte: "Wir hoffen, dass diese Ausstellung ein Fenster auf- und einen Dialog anstößt", so Wouters. "Es ist nicht nur so, dass wir Einblicke geben, sondern auch wir bekommen Einblicke." Die Beschäftigung mit "Geschichte, Fakten und Wirklichkeit" könne helfen, sich weiterzuentwickeln und Dinge besser zu verstehen. Wouters zufolge ist der Orden mit gegenwärtig 1.200 männlichen und 100 weiblichen Mitgliedern "auf allen Kontinenten außer der Antarktis" tätig.
Mit Kunstwerken vom Mittelalter bis in die Neuzeit will das Kulturhistorische Museum das kulturelle, geistige und wirtschaftliche Wirken des Ordens von den Ursprüngen bis in die Gegenwart illustrieren. Laut Köster wird eines der Exponate der sogenannte Kopf von Cappenberg sein, ein vergoldetes Bronze-Reliquiar aus dem 12.
Jahrhundert. Der ebenfalls an der Schau beteiligte Leiter der Forschungsstelle "Klöster im Hochmittelalter" der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Bernd Schneidmüller, erläuterte: «Die Ausstellung stellt auch die Frage ins Zentrum: Was bewegt Menschen, aus ihrem gewohnten Leben komplett auszusteigen - denn die Prämonstratenser waren ja nichts anderes als Aussteiger.»
Leben als Einsiedler statt Klerikerkarriere
Ordensgründer Norbert sei ein Adelssprössling mit exzellenten Kontakten gewesen, dem eine lukrative Klerikerkarriere bevorstand.
Doch dann habe er sich plötzlich für ein Leben als Einsiedler entschieden, sei Wanderprediger geworden und wenig später die Prämonstratenser als eine Gemeinschaft gegründet, die sich am Ideal des bescheidenen Lebens der Urkirche orientierte. Schließlich sei er 1126 Erzbischof von Magdeburg und damit wieder ein mächtiger Mann geworden.
"Es ist ein Leben - auf den ersten Blick - voller Widersprüche, mit denen sich die Ausstellung auch auseinandersetzt", so Schneidmüller. "Norbert war sehr experimentierfreudig, aber nicht unbedingt in aller Augen eine Lichtgestalt: mehrere Mordversuche von Klerikern an ihm sind belegt." Auch sei der Wechsel vom Wanderprediger zum geistlichen Fürsten bei seinen Anhängern durchaus umstritten gewesen, so Schneidmüller.
Trotzdem entwickelte sich Magdeburg in der Folge zu einem zentralen Ort des Ordens und zugleich Mittelpunkt des sächsischen Verwaltungsgebiets der Prämonstratenser. Die junge Gemeinschaft expandierte erfolgreich: Bis zum Ende des Mittelalters konnte sie hunderte Niederlassungen von Irland bis Ungarn, von Norwegen bis Sizilien gründen. Einen Dämpfer bereitete indes die Reformation - damals musste der Orden auch Magdeburg verlassen und kehrte erst 1991 zurück.
Die Magdeburger Schau wird eine von drei offiziellen Partnerausstellungen zum Jubiläum. Die anderen beiden entstehen in der Park-Abtei Löwen in Belgien (Mai bis August 2021) und im tschechischen Kloster Strahov in Prag (November 2021 bis März 2022), wo die Gebeine des 1134 in Magdeburg verstorbenen Ordensgründers ruhen.