Kurschus beklagt Zunahme der Bestattungen durch Ordnungsamt

"Viele haben auch zum Sterben zu wenig"

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus, beklagt, dass sich viele Menschen keine würdevolle Beerdigung leisten können. Tote zu begraben sei mehr als nur ein Begräbnis, schreibt Kurschus.

Symbolbild Bestattungen / © New Africa (shutterstock)

Bestattungen durchs Ordnungsamt seien ein liebloser, aber inzwischen "leider nicht seltener Abschied aus dem Leben", so Kurschus in der evangelischen Zeitschrift "chrismon" (November-Ausgabe).

Annette Kurschus / © Paolo Galosi (epd)
Annette Kurschus / © Paolo Galosi ( epd )

"Das geflügelte Wort, jemand habe zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel, stimmt nicht mehr", so Kurschus weiter: "Viele haben auch zum Sterben zu wenig." In ihrem Wohnort Bielefeld seien das bereits bisher jährlich 120 bis 140 Menschen, so die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen: "In Hamburg sind es 1.000, in Berlin 3.000. Und es werden mehr."

Niemand bezahlt die Bestattung

Tote zu begraben sei aber mehr, "als sie unter die Erde zu bringen und zu verscharren". Genau dies geschehe jedoch derzeit mit Tausenden Menschen, so die EKD-Ratsvorsitzende. Es seien Frauen und Männer, die mittellos seien und für die sich niemand finde, der ihre Bestattung bezahlt. "Dann wird der tote Körper zum Fall fürs Ordnungsamt, das für sein Begräbnis sorgt."

Zunächst transportiere der Bestatter dabei den Leichnam ins Krematorium. "Wer weiß schon, dass man zu Lebzeiten ausdrücklich hinterlegen muss, wenn man nicht eingeäschert werden will", so Kurschus. Die Asche werde dann "in der rohen grauen Urne an einen Friedhof mit günstigen Gebühren, etwa in Ostdeutschland, geschickt, und zwar im speziell für diesen Zweck entwickelten DHL-Urnenversand ('Abgabe beim Nachbarn ausgeschlossen')". Die Toten würden dann gesammelt, bis es an der Zeit sei, ein Gemeinschaftsgrab auszubaggern.

Tote bestatten sei ein Gebot der Humanität

"Die Gemeinschaft besteht darin, dass alle Urnen darin sang- und klanglos eingegraben werden. Rasen drüber, fertig", kritisierte die EKD-Ratsvorsitzende. Die Menschenwürde ende jedoch nicht mit dem letzten Atemzug, betonte Kurschus. Tote würdig zu bestatten, sei ein Gebot der Humanität für die Gesellschaft: "Die letzte Reise eines Menschen ist viel wichtiger als jede Urlaubsreise."

Kirchliche Bestattungen laut Verein unter 50 Prozent gesunken

Der Anteil kirchlicher Bestattungen ist bundesweit erstmals unter 50 Prozent gesunken. Das ergab eine Auswertung der Verbraucherinitiative Bestattungskultur. 2020 wurden demnach in Deutschland 489.664 Bestattungen (49,7 Prozent) katholisch oder evangelisch begleitet. Im Jahr 2000 machte der Anteil kirchlicher Begräbnisse noch 71,5 Prozent aus.

Beerdigungssymbole: Weiße Lilie und Kerzen (shutterstock)
Beerdigungssymbole: Weiße Lilie und Kerzen / ( shutterstock )

 

 

Quelle:
epd