Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) begrüßt bundeseinheitliche Regelungen zur Pandemiebekämpfung. ZdK-Präsident Thomas Sternberg sprach am Freitag vor der Frühjahrsvollversammlung des ZdK von einer wachsenden Corona-Müdigkeit in der Bevölkerung. Viele Menschen seien "erschöpft und an der Grenze ihrer finanziellen, familiären und seelischen Belastbarkeit angekommen". Zugleich seien viele Bürger verunsichert und verärgert, weil in den Bundesländern trotz ähnlicher Infektionslagen nach unterschiedlichen Maßstäben entschieden werde.
"Es kommt nun darauf an, dass Versprechungen und Zusagen im politischen Krisenmanagement eingelöst und eingehalten werden", so der ZdK-Präsident. "Bessere Kommunikation, transparente Entscheidungsfindung und pragmatische, praxisnahe Politik sind hier entscheidend." Zudem brauche es gemeinsame, demokratisch legitimierte Maßstäbe politischen Handelns, um schwindendem Vertrauen in das Krisenmanagement entgegenzuwirken.
Das diese Woche im Bundestag verabschiedete veränderte Infektionsschutzgesetz sei dafür ein wichtiger Baustein, sagte Sternberg. Zugleich müssten Grundrechtsbeschränkungen zugunsten des öffentlichen Gesundheitsschutzes weiter sorgsam geprüft werden und juristisch standfest sein.
Katholiken fordern gerechte Verteilung von Corona-Lasten
Das ZdK fordert eine sozial gerechte Verteilung der Corona-Lasten. "Das Ungerechtigkeitsempfinden bei den Betroffenen und der Gesamtbevölkerung für die drohende soziale Schieflage steigen deutlich", sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg am Freitag in Bonn vor der Frühjahrsvollversammlung des Katholikenkomitees.
Christen müssten in dieser Situation für soziale Gerechtigkeit werben und sich als Anwälte für die Schwächsten in der Gesellschaft engagieren, so Sternberg weiter. "Jedenfalls kann es nicht sein, dass von Teilen der Gesellschaft, die ohnehin besonders von der Pandemie betroffen sind, größtmögliche Flexibilität und Kreativität abverlangt wird, um Beruf, Familie und persönliche Gesundheit in einem guten Verhältnis auszubalancieren, während manche Wirtschaftsbranchen glauben, staatliche Auffanghilfen damit quittieren zu können, ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Testangebote vorzuenthalten."
Der ZdK-Präsident wies darauf hin, dass die Pandemiebekämpfung und die Abmilderung dadurch entstandener wirtschaftlicher und sozialer Nöte durch Rekordschulden abgefedert würden, die in Zukunft vor allem von den jungen Generationen geschultert werden müssten. Menschen mit niedrigen Einkommen, Geringqualifizierte und Alleinerziehende hätten durch Corona finanzielle Einbußen erlitten. Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien litten weiterhin besonders unter den Corona-Beschränkungen im Bildungs-, Sozial- und Freizeitbereich.
Sternberg forderte zugleich weltweite Solidarität bei der Verteilung der Impfstoffe. Es fehle eine internationale Impfgerechtigkeit. "Es ist ein bleibender Skandal, dass sich weiterhin etwa 90 Prozent der Impfstoffe auf etwa ein Dutzend Länder verteilen", so der ZdK-Präsident. Er appellierte an die EU und ihre Mitgliedstaaten, sich für eine gerechte Verteilung einzusetzen und die internationale COVAX-Initiative zur Verteilung in den Ländern des Südens zu stärken. Eine "global verfasste Kirche" stehe in der Verantwortung, diese Solidarität zu fördern und sich "gegen kurzsichtige Nationalismen in der Impfstoffverteilung zu stellen".
Sternberg hört als Präsident des Katholikenkomitees auf
Das ZdK muss sich einen neuen Präsidenten suchen. Der amtierende Präsident Thomas Sternberg (69) kündigte am Freitag vor der Frühjahrsvollversammlung des ZdK an, er werde im November nicht erneut für dieses Amt kandidieren.
"Als Sie mich 2015 zum Präsidenten des ZdK wählten, hatte ich angekündigt, für die restliche Periode meines Vorgängers Alois Glück und eine weitere zur Verfügung zu stehen. Dann stehe ich vor meinem 70. Geburtstag", sagte Sternberg. "Trotz der vielen Prozesse, die vor sechs Jahren nicht absehbar waren, hat sich nichts an meiner damaligen Entscheidung geändert."
Sternberg steht der Laienvertretung der Katholiken seit November 2015 vor. In dieser Rolle ist er maßgeblich beteiligt an der Initiierung und Gestaltung des Gesprächsprozesses Synodaler Weg in der katholischen Kirche Deutschlands, der am 1. Dezember 2019 gestartet wurde.
Von 2005 bis 2017 war Sternberg CDU-Landtagsabgeordneter in NRW und von 1988 bis 2016 Direktor der Katholischen Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster. Seit 2001 ist er Honorarprofessor für Kunst und Liturgie an der Uni Münster. Zudem hat er zahlreiche Ehrenämter: So gehört er dem Kuratorium der Kunststiftung Nordrhein-Westfalen, dem Vorstand der Kulturpolitischen Gesellschaft und dem WDR-Rundfunkrat an.
Der aus der heutigen Lennestadt stammende Sauerländer wurde 1952 geboren. Er machte eine Bäcker-Lehre im elterlichen Betrieb und studierte später Germanistik, Kunstgeschichte und Theologie in Münster, Rom und Bonn. Sternberg trat 1974 in die CDU ein und gehörte von 1999 bis 2004 dem Stadtrat in Münster an, bevor er Landtagsabgeordneter in Düsseldorf wurde. Sternberg ist verwitwet und hat fünf Kinder.
Roms Nein zur Segnung Homosexueller empört
ZdK-Präsident Thomas Sternberg hat erneut das Nein aus Rom zur Segnung homosexueller Paare kritisiert. Das "Störfeuer" aus Rom habe die Kirche in Deutschland plötzlich und unerwartet getroffen, sagte er am Freitag bei der Frühjahrsvollversammlung des ZdK.
"Besonders die Begründungen erstaunen, wenn es um die Nähe von Segnung und Sakrament geht und empören, wenn sexuelle Akte außerhalb der Hinordnung auf Zeugung für sündhaft gehalten werden", sagte er. "Wenn es nur um die Bestätigung all dessen ginge, was in Katechismus und Verordnungen steht, brauchte es ja keine Reformdebatten, sondern nur eine Exegese, eine Vermittlung." Sternberg zeigte sich überzeugt, dass der Reformprozess des Synodalen Wegs durch die Stellungnahme aus Rom nicht eingeschränkt werde.
Sternberg fordert Aufarbeitungskommissionen in Bistümern
ZdK-Präsident Thomas Sternberg, fordert eine rasche Bildung von unabhängigen Kommissionen zur Aufarbeitung von Missbrauch in den katholischen Bistümern. Er sprach sich am Freitag vor der Frühjahrsvollversammlung des ZdK erneut dafür aus, dass der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung im Bundestag einen jährlichen Bericht zur Lage der Aufarbeitung in Deutschland abgeben solle, um das Thema auf der politischen Agenda zu halten.
Sternberg hatte zuvor mehrfach betont, sexueller Missbrauch sei nicht nur ein Problem der katholischen Kirche, sondern eine gesamtgesellschaftliche Frage. In der Kirche sei in den vergangenen Jahren "zu wenig, aber überhaupt etwas passiert - was in anderen Bereichen der Gesellschaft noch aussteht".
Ende 2019 hatten sich der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, und der Beauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, auf Eckpunkte für das weitere Vorgehen verständigt. Demnach soll die Aufarbeitung in den Bistümern durch unabhängige Kommissionen transparent und nach einheitlichen Kriterien erfolgen. Deshalb soll es in allen 27 Bistümer eine solche unabhängige Kommission geben. Anfang November hat sich auch bei der Bischofskonferenz zusätzlich ein Betroffenenbeirat konstituiert.
Der ZdK-Präsident appellierte zugleich an alle Bistümer, aus dem Kölner Missbrauchsgutachten zu lernen. Es habe sich gezeigt, wie dramatisch sich Verfahrensfehler, fehlende rechtliche Regelungen und mangelnde Rechtskenntnis ausgewirkt hätten. "Die Vorgänge im Erzbistum Köln zeigen exemplarisch, dass es endlich die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit braucht, die geordnete Verfahren mit Anklage und Verteidigung ermöglichen." Sternberg mahnte aber zugleich, es reiche nicht, allein auf juristische Expertise zu setzen. Es brauch auch "Selbstkritik, Beteiligung des Betroffenenbeirats und den Willen zu transparenter Kommunikation".
Der ZdK-Präsident kündigte an, dass sich das ZdK stärker mit Verantwortung auch von Laien als Täter oder Vertuscher von Missbrauchstaten auseinandersetzen wolle. Ein entsprechender Arbeitskreis war im März beschlossen worden. "Wir müssen uns auch selbst hinterfragen", sagte Sternberg damals der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es werde immer deutlicher, dass "Verbrechen sexualisierter Gewalt nicht nur eine Frage von Klerikern sind, sondern ein breites Geschehen". Daher stellten sich Fragen wie: "Wie war das, was wir 'Ko-Klerikalismus' in den Gemeinden nennen? Wie war das in unseren Verbänden und Einrichtungen?"
Sternberg zeigte sich überzeugt, dass die Kirche mit dem Synodalen Weg einen strategisch richtigen Weg gehe. "Nur so können wir unsere Kirche erneuern und neue Glaubwürdigkeit nach innen und außen gewinnen."
Sternberg bedauert Kirchenaustritte bei Maria 2.0
ZdK-Präsident Sternberg hat die Kirchenaustritte von Gründungsmitgliedern der Initiative Maria 2.0 bedauert und zugleich eine zunehmend polemische Auseinandersetzung über Kirchenreformen beklagt. Der angekündigte Kirchenaustritt habe ihn erschüttert, sagte Sternberg am Freitag vor der Frühjahrsvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken; und weiter: "Ich habe mit Frau Lisa Kötter gesprochen; sie hat sicher sehr verständliche Gründe; aber ich bin doch traurig darüber, dass in dieser Bewegung 'für unsere Kirche' nun wichtige Gründungspersönlichkeiten die kirchliche Gemeinschaft verlassen."
Mitte März war bekannt geworden, dass Lisa Kötter und Andrea Voß-Frick aus der Kirche austreten wollen. Die beiden hatten 2019 mit weiteren Frauen Maria 2.0 in Münster gegründet. Die Initiative, die mittlerweile bundesweit aktiv ist, fordert unter anderem die Aufarbeitung von Missbrauch in der Kirche sowie die Priesterweihe auch für Frauen. Als Grund für den geplanten Austritt nannten Kötter und Voß-Frick ihren Ärger über sexuellen Missbrauch durch Priester und Vertuschungen von Taten. Sie fragten sich immer mehr, ob eine Mitgliedschaft nicht auch Komplizenschaft bedeute.
Sternberg zeigte sich am Freitag verletzt von Kritik, er suche einen zu starken Schulterschluss mit den Bischöfen und stelle zu wenig das Leid der Betroffenen und Opfer in den Mittelpunkt der Missbrauchsaufarbeitung. "Dieser Vorwurf trifft mich zutiefst, und ich halte ihn auch in der Sache für falsch", sagte er vor der Vollversammlung. "Einem polarisierenden, oft polemischen und hysterischen Debattenstil, wie er durch die so gar nicht sozialen Social Media befördert wird, möchte ich entschieden entgegentreten."
Der ZdK-Präsident forderte eine Konzentration auf Inhalte und Sachthemen im Reformprozess. Die Kirche sei in einer existenziellen Krise. Da helfe es wenig, sich in polemischen Auseinandersetzungen zu verzetteln.
Suizid darf nicht zu Normalfall werden
In der Debatte um die Suizidbeihilfe warnt das ZdK davor, dass der assistierte Suizid zu einem Normalfall des Sterbens wird. "Wir brauchen für alle Suizidwilligen eine kompetente Beratung, Möglichkeiten der palliativen Versorgung und Möglichkeiten für ein würdevolles Miteinander am Lebensende", erklärte ZdK-Präsident Thomas Sternberg am Freitag bei der Frühjahrsvollversammlung des ZdK in Bonn. Christen müssen zugleich den Wunsch von Menschen respektieren, aus dem Leben scheiden zu wollen.
Er würdigte die am Mittwoch im Bundestag stattgefundene Orientierungsdebatte zur Suizidassistenz. "Eine säkulare Gesellschaft wie die unsrige braucht diesen parlamentarischen Tiefgang, da ethische Fragen nicht in einem heraufziehenden Wahlkampf verknappt werden dürfen", sagte er. Das ZdK wünsche sich daher für die weiteren parlamentarischen Debatten "die notwendige Gründlichkeit, damit ein tragfähiger gesellschaftlicher Kompromiss gefunden werde".
Sternberg lobte das interfraktionelle Eckpunktepapier, das von vier aktiven und ehemaligen religionspolitischen Sprechern von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP als Lösungsvorschlag eingebracht wurde. Die Abgeordneten Stephan Pilsinger (CSU), Ansgar Heveling (CDU), Lars Castellucci (SPD) und Benjamin Strasser (FDP) fordern darin, dass die Selbstbestimmung des Suizidwilligen durch umfassende Beratung und Begutachtung gesichert und mit Angeboten der Suizidprävention verbunden wird.
Der ZdK-Präsident betonte, dieser Entwurf setze sich zuvorderst für den Schutz des Menschen in der letzten Phase des Lebens ein. "Suizid wird durch diesen Gesetzentwurf nicht zum Normalfall. Zugleich werden für diejenigen, die einen Suizidwunsch seit langer Zeit hegen, reflektierte Optionen eröffnet, diesen Wunsch rechtmäßig umsetzen zu können", so Sternberg. Die beiden anderen parlamentarischen Entwürfe sähen stufenweise Wege einer Normalisierung des assistierten Suizids vor, die das ZdK nicht gutheißen könne.
Sternberg forderte erneut, dass es Schutzräume geben müsse. Deshalb dürfe es "organisierte Suizidbeihilfe als Regelangebot" in katholischen Häusern - etwa in Senioren- und Pflegeheimen - nicht geben.
Katholikenkomitee fordert mehr internationale Impfgerechtigkeit
Weiter fordert das Zentralkomitee der deutschen Katholiken eine verstärkte internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Corona-Krise. Die Pandemie könne nur gestoppt werden, wenn reiche und arme Regionen der Erde solidarisch handelten. "Das ist ein humanitäres Gebot und gleichzeitig auch politisch, wirtschaftlich und medizinisch die wirkungsvollste Strategie gegen die Corona-Pandemie", heißt es in einem am Freitag von der ZdK-Vollversammlung beschlossenen Antrag. "Eine weltweite Viren-Seuche im 21. Jahrhundert können wir nur als Weltgemeinschaft besiegen."
Konkret forderte das ZdK die Bundesregierung auf, die internationale Covax-Initiative zu stärken; sie soll einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu Impfstoffen ermöglichen. Deutschland und die EU müssten ausreichend Geldmittel und Impfstoff für Covax zur Verfügung stellen und so dazu beitragen, dass alle Staaten der Erde ausreichend Impfstoff für ihre Bevölkerung bestellen könnten.
Auch müsse die Weltgesundheitsorganisation WHO unterstützt werden, damit auch neu entwickelte Covid-Medikamente, Forschung und medizinische Geräte solidarisch an arme Länder verteilt werden könnten. Schon heute müssten Netzwerke von Wissenschaftlern, Ärzten und Unternehmen geschaffen werden, um sich auf mögliche weitere Pandemien vorzubereiten.
Das ZdK kritisiert ein "egoistisches Verhalten einiger Regierungen", wenn Impfstoffe gehortet oder lebensrettende Therapiemöglichkeiten aus geopolitischen Motiven zurückgehalten würden. Die Bundesregierung solle sich auch dafür einsetzen, dass internationale Impfpässe und Testbescheinigungen in allen Ländern verfügbar sind und ärmere Regionen nicht vom internationalen Handel und Warenverkehr abgeschnitten werden.
"Die Corona-Pandemie vergrößert aktuell die Schere zwischen arm und reich", heißt es. Von einem Aufschwung der Weltwirtschaft nach der Pandemie dürften die schwächsten Länder nicht ausgeschlossen werden.