Landeskirche untersagt evangelischem Pfarrer Amtsausübung in Darmstadt

Antisemitismus-Eklat auf Weihnachtsmarkt

Nach dem Eklat um antiisraelische Symbole auf einem Weihnachtsmarkt einer evangelischen Kirchengemeinde greift die Landeskirche nun auch zu dienstrechtlichen Maßnahmen. Dem dortigen Pfarrer wurde vorerst die Amtsausübung untersagt.

Die evangelische Michaelskirche in Darmstadt / © epd-bild/Thomas Lohnes (epd)
Die evangelische Michaelskirche in Darmstadt / © epd-bild/Thomas Lohnes ( epd )

Nach der Ausstellung antiisraelischer und antisemitischer Symbole auf einem Weihnachtsmarkt der evangelischen Michaelsgemeinde in Darmstadt hat die zuständige Landeskirche dem verantwortlichen Pfarrer vorläufig die Ausübung seines Amtes untersagt. 

Grund ist offenbar, dass die Gemeinde aus Sicht der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau nicht klar genug die Vorwürfe aufklärt. Man suche weiter das Gespräch mit den Verantwortlichen der Gemeinde, um die Vorwürfe aufzuklären. "Bislang sind die Auskünfte weiter dürftig", heißt es in einer am Donnerstag in Darmstadt veröffentlichten Stellungnahme.

Amtsausübung vorläufig untersagt

Die Kirchenleitung habe unter anderem deshalb am Donnerstag beschlossen, Pfarrer Manfred Werner nach Pfarrdienstrecht mit sofortiger Wirkung vorläufig die Ausübung seines Amtes zu untersagen, hieß es weiter. 

Damit dürfe der Theologe beispielsweise keine Weihnachtsgottesdienste in seiner Gemeinde leiten, teilte eine Sprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit. Sollten sich die Anschuldigungen bestätigen, behalte sich die Kirche vor, weitere rechtliche Schritte einzuleiten.

Auf dem "Anti-Kolonialen Friedens-Weihnachtsmarkt" der Gemeinde am vergangenen Wochenende waren Produkte feilgeboten worden, die das Kennzeichen der verbotenen Terrororganisation Hamas, das rote Dreieck, oder den Slogan "From the river to the sea" ("Vom Fluss bis zum Meer") zeigen, der auch als Code für die von der Hamas angestrebte Auslöschung Israels genutzt wird. Ein Fotograf hatte das dokumentiert und im Internet veröffentlicht.

Betroffener Pfarrer begrüßt den Schritt

Die jüdische Gemeinde stellte daraufhin Strafanzeige, auch der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker und die Landeskirche selbst erstatteten Anzeige wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Pfarrer Manfred Werner sagte dem epd, er würde es begrüßen, "in dieser Situation von der Ausübung meines Amtes entbunden zu werden".

Er habe Morddrohungen gegen ihn und seine Familie von mehreren Personen am Telefon und von einer Person per SMS erhalten. Er habe dies der Polizei mitgeteilt und die Kirchenleitung um Unterstützung gebeten. Werner sagte, er hoffe, dass die Kirche ihn aus seinem Dienst derzeit herausnehme und ihn schütze. "Ich sehe mich in eine Ecke gedrängt, gegen die ich immer gekämpft habe", sagte der Pfarrer.

Mehrere Künstler hätten unterstützende Botschaften geschickt

Vor dem Bekanntwerden der Entscheidung der Kirchenleitung hatte Werner dem epd gesagt, man werde mit der ermittelnden Staatsanwaltschaft kooperieren. Auch die Kirchengemeinde selbst erwäge Strafanzeige gegen die kritisierten Aussteller des Weihnachtsmarkts zu stellen. Auf der Internetseite der Gemeinde hatte Werner erklärt, er bedaure zutiefst, dass es zu diesem Vorfall gekommen sei. Ein solcher Vorfall solle sich nie wiederholen.

In der Stellungnahme der Landeskirche heißt es, das Anliegen, sich für Menschen in Not - auch in Gaza - einzusetzen, sei grundsätzlich legitim. "Eine pauschal israelfeindliche und delegitimierende Wortwahl und der Verkauf von Gegenständen mit Symbolen, die in Verbindung mit der Terrororganisation Hamas und dem Anzweifeln des Existenzrechts Israels stehen, sind für uns aber inakzeptabel."

Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN)

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) wurde 1947 in Friedberg gegründet. Bei dieser historischen Zusammenkunft waren Delegierte der drei Landeskirchen aus Nassau, Hessen und Frankfurt zu einem sogenannten "Kirchentag2 versammelt, der als Vorgänger der späteren Kirchensynode fungierte. Einstimmig bestätigten sie am 30. September 1947 die umstrittene Vereinigung der drei Landeskirchen, die bereits 1933 unter dem Druck der Nationalsozialisten erfolgt war.

St. Leonhard in Frankfurt am Main vor den Hochhäusern der Stadt / © geogif (shutterstock)
St. Leonhard in Frankfurt am Main vor den Hochhäusern der Stadt / © geogif ( shutterstock )
Quelle:
epd