Die 65-jährige Sozialwissenschaftlerin war am Freitag mit 149 Stimmen zur Nachfolgerin von Thomas Sternberg gewählt worden, der nach sechs Jahren nicht mehr kandidiert hatte. Für ihren Gegenkandidaten Ulrich Hemel (65) votierten 41 Delegierte.
Nach der saarländischen CDU-Ministerin Rita Waschbüsch, die das Gremium von 1988 bis 1997 repräsentierte, steht damit zum zweiten Mal in der rund 150-jährigen Geschichte eine Frau an der Spitze. Zu Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten wählte die Vollversammlung Birgit Mock (51), Vizepräsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes KDFB, die Journalistin Claudia Nothelle (57), den Theologen Thomas Söding (65) und den Bankkaufmann Wolfgang Klose (57).
"Leidenschaftlich für Reformen kämpfen"
Stetter-Karp arbeitete knapp vier Jahrzehnte in verschiedenen Leitungsfunktionen im Bistum Rottenburg-Stuttgart, zuletzt als Caritasdirektorin und Ordinariatsrätin für die soziale Arbeit ihrer Kirche in Württemberg. Zudem ist sie Vizepräsidentin des Deutschen Caritasverbandes und eine der Moderatorinnen des katholischen Reformprojekts Synodaler Weg. Seit dem Vorjahr ist Stetter-Karp auch Präsidentin des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge.
Die neue ZdK-Chefin will nach eigenen Worten "leidenschaftlich für Reformen kämpfen". Der synodale Prozess sei "unverzichtbar", um den "50-jährigen Reformstau" zu lösen. Sie stehe für eine "diakonische Kirche, die Anerkennung der Menschenrechte und die Anerkennung von Vielfalt". Allerdings setze einem die Kirche "in manchen Moment gehörig zu mit ihrer männerbündischen Beharrlichkeit, um nicht Starrsinn und Machverliebtheit sagen zu müssen", so die ZdK-Präsidentin.
Stetter-Karp betonte, dass die Aufarbeitung der sexuellen Gewalt in der Kirche alle angehe. Auch das ZdK-Präsidium werde sich als Ganzes dieser Frage stellen müssen.
Das ZdK will bei der Aufarbeitung künftig stärker mit Betroffenen zusammenarbeiten, wie der Vorsitzende des zuständigen ZdK-Arbeitskreises Klose betonte. Die beiden Münsteraner Zeithistoriker Thomas Großbölting und Klaus Große Kracht stellten zudem erste Ergebnisse einer unabhängigen Studie zum Missbrauch in der Diözese Münster vor: Dabei hoben sie die systemischen Ursachen für den Missbrauch hervor, die sie vor allem in einem bestimmten Verständnis der Macht sahen.
Als Gastrednerin ermutigte die Erzbischöfin von Uppsala, Antje Jackelen, die katholische Kirche in Deutschland zu Fortschritten auf dem Synodalen Weg und hob die ökumenische Dimension des Reformprozesses hervor: "Die Zeit ökumenischer Schadenfreude ist definitiv vorbei. Wir sitzen in einem Boot", unterstrich die Bischöfin der Evangelisch-lutherischen Kirche in Schweden.
Impfaufruf des Papstes angeschlossen
Gesellschaftspolitisch mahnte Stetter-Karp das Laiengremium: "Die binnenkirchliche Debatte darf uns nicht aufsaugen." Die Katholiken könnten es sich nicht leisten, sich "weiter ins Abseits zu spielen".
So rief das ZdK auch zu einem humaneren Umgang mit Flüchtlingen und Migranten auf und bekräftigte die Istanbul-Konvention, die Gewalt gegen Frauen bekämpft.
In einem weiteren Aufruf stellte sich das Laiengremium hinter den Impfaufruf von Papst Franziskus, der die Immunisierung als einen Akt der Liebe bezeichnet hatte. Allerdings übten mehrere Delegierte scharfe Kritik an dem hybrid gehaltenen Format des Treffens: Die eng besetzten Reihen der Präsenzveranstaltung widersprächen der Corona-Notlage und seien nicht mit einer Vorbildverantwortung zu vereinbaren. Da nicht alle Tagespunkte behandelt werden konnten, will das ZdK nochmals am 7. Dezember zusammentreten, allerdings online.
Mit dem Umzug nach Berlin will das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) nach den Worten der neuen Präsidentin Irme Stetter-Karp künftig in der Hauptstadt auch politisch präsenter sein.