"Beirut im Dezember war einst ein Shopping-Spektakel mit tagelangen Staus in den Straßen, blinkenden Weihnachtslichtern und haushoher Reklame für Champagner und Schmuck." So beschrieb jüngst die französische Nachrichtenagentur AFP das vorweihnachtliche Erscheinungsbild der libanesischen Hauptstadt noch vor wenigen Jahren
Im multireligiösen Libanon wird das christliche Weihnachtsfest traditionell auch von Muslimen gefeiert. Die früher breite Mittelschicht hat sich teure Geschenke und eine aufwendige Festgestaltung gerne geleistet.
Seit im Herbst 2019 der wirtschaftliche Kollaps des Landes begann, ist davon für den größten Teil der Bevölkerung jedoch nur sehr wenig übrig geblieben. Verschärft wurde die Lage noch durch die Explosionen im Hafen von Beirut im Sommer 2020. Etwa 80 Prozent der Libanesen kämpfen inzwischen mit der Armut und bekommen nur durch die humanitäre Nothilfe der internationalen Gemeinschaft und zahlreiche Spenden ausländischer Kirchen das Allernötigste zum Überleben.
Dunkelheit und kein Geld
Beirut liegt auch in der Vorweihnachtszeit nachts mangels Stromversorgung weithin im Dunkeln; das Nachtleben ist - von wenigen Tanzlokalen für Wohlhabende abgesehen - tot. Nur einige Plätze sind erleuchtet und verbreiten mit strahlenden Weihnachtsbäumen eine festliche Atmosphäre. Junge Menschen, die sich dort musizierend zusammenfinden, wollen ein wenig Abwechslung von ihrem täglichen Elend erleben.
Illustriert wird die schwierige Situation schon durch die enormen Preissteigerungen bei Weihnachtsbäumen: Für einen mittelgroßen Baum müssen Käufer demnach aktuell zwischen zwei und drei Millionen libanesische Pfund hinblättern, bis zum Doppelten eines durchschnittlichen Monatseinkommens.
Nach dem derzeit inoffiziellen Wechselkurs der tief gefallenen libanesischen Währung entspricht dies einer Kaufkraft von 80 bis 120 US-Dollar. Wer aber nur noch rund 60 US-Dollar im Monat nach Hause bringt, geht an Geschäften für Weihnachtsdekoration und Geschenke einfach vorbei. Früher kostete ein mittelgroßer Weihnachtsbaum etwa 300.000 libanesische Pfund. Auch damals schon teuer, aber für Normalverdiener noch erschwinglich.
Weihnachten wird zur Herausforderung
Heute müssen sich deshalb Familien wie die von Mona Bassem auf die Lage einstellen. Die zweifache Mutter hatte gemeinsam mit ihrem Mann beschlossen, es diesmal bescheidener angehen zu lassen. "Wir haben unsere Kinder darauf vorbereitet, dass der Weihnachtsmann dieses Jahr nicht kommen wird und sie diesmal nur kleine Geschenke erwarten dürfen", sagte sie der saudischen Tageszeitung "Arab News". Ihre Kinder seien ein paar Tage lang "mürrisch und traurig" gewesen, aber sie müssten wegen der finanziellen Notlage mit der Situation zurechtkommen.
Fraglos auch eine Herausforderung für die Kirchen im Libanon. Die maronitische Kirche ist mit etwa einer Million Gläubigen die größte christliche Glaubensgemeinschaft im Land. Aus ihren zahlreichen Auslandsgemeinden hat sie in diesem Jahr viele Spenden erhalten, um insbesondere Kindern einen Hauch von Weihnachten zu ermöglichen.
"Wir versuchen unser Bestes"
Der maronitische Erzbischof von Antelias am nordöstlichen Stadtrand von Beirut, Antoine Bou Najem, ließ daher ein Weihnachtsdorf auf einem Kirchengelände aufbauen. An drei Tagen im Dezember bot es etwa 1.600 Kindern Adventsfeiern an. "Die Kinder leiden", sagte er dem katholischen US-Pressedienst CNS. Doch an diesem Tag sei er ihretwegen glücklich. "Wir versuchen unser Bestes, diesem Advent eine tiefe Bedeutung zu geben, damit sie Weihnachten in Frieden, Hoffnung und Freude feiern können, denn Jesus ist mit uns", so der Erzbischof.
Die jungen Gäste erwartete dort "eine Oase der Freude" mit rustikalen Hütten, festlichen Lichtern, Musik, einer bunten Kinderunterhaltungsshow, Essen und noch einem Snack zum Mitnehmen. Außerdem durfte sich jedes Kind ein Kleidungsstück aussuchen. Finanziert wurde das Weihnachtsdorf auch durch den Einsatz von Gleichaltrigen aus Australien: Über 5.000 maronitische Kinder in Sydney hatten demnach ihre Sparschweine geplündert, um Mädchen und Jungen im Libanon ein schönes Weihnachtsfest zu ermöglichen.