Der Literaturnobelpreis geht in diesem Jahr an den US-amerikanischen Sänger Bob Dylan. Dylan habe "neue poetische Ausdrucksformen im Rahmen der großen US-amerikanischen Songtradition geschaffen", begründete die Jury ihre Entscheidung. Dylan folgt auf die Weißrussin Swetlana Alexijewitsch, die 2015 die weltweit bedeutendste literarische Ehrung erhielt.
Dass Dylan, der durchaus schon als Kandidat gehandelt worden war, den Preis erhält, war in diesem Jahr dennoch nicht vorherzusehen. Ewige Anwärter wie der Japaner Haruki Murakami oder der US-Amerikaner Philip Roth gingen auch jetzt leer aus. Dylan, der im Mai 75 Jahre alt geworden war, hat mehr als 500 Lieder und 40 Alben in den vergangenen 50 Jahren geschrieben und herausgebracht - darunter Welthits wie "Blowin' In The Wind".
Christlich geprägt
Sein Einfluss auf die zeitgenössische Musik sei tiefgreifend. "Dylan hat den Status einer Ikone", erklärte die Akademie. Seine Liedtexte spiegeln auch immer wieder christliche Botschaften wider. Er trat zudem vor knapp 20 Jahren beim Eucharistischen Kongress in Bologna auf. Papst Johannes Paul II. hatte ihn dazu eingeladen.
Dylan feierte am 24. Mai seinen 75. Geburstag. Der Rock- und Bluesmusiker stammt aus einer jüdischen Mittelklassefamilie in Minnesota und hatte seine ersten Auftritte in den 60er Jahren in New Yorker Kaffeehäusern. Seine Songs "Blowin' in the Wind" und "The Times They are A-Changin" wurden zu Hymnen der Antikriegs- und Bürgerrechtsbewegung.
Sohn eines jüdischen Kaufmanns
Als Sohn eines jüdischen Kaufmanns mit deutsch-ukrainischen Wurzeln wurde Dylan am 24. Mai 1941 unter dem Namen Robert Allen Zimmerman in Duluth (Minnesota) geboren. Ihm sei früh klar gewesen, dass es etwas gebe, wo er hin müsse, was er tun müsse - außerhalb Minnesotas, so Dylan im Sender CBS. Das Kunststudium an der University of Minnesota verbrachte er mehr in Cafes und bei Auftritten als im Hörsaal.
New York war sein Ziel. Greenwich Village avancierte Anfang der 1960er Jahre zum Treffpunkt der neuen Musikszene. Er habe stets an Vorbestimmung geglaubt, so Dylan. Es sei auch sein Schicksal gewesen, seinen Namen zu ändern. "Manche Menschen kommen mit dem falschen Namen und den falschen Eltern auf die Welt, das passiert."
Start mit der Mundharmoniker
In Big Apple nahm er seine ersten Songs auf, zunächst als Mundharmoniker-Spieler auf einem Album von Harry Belafonte. Den Durchbruch brachten seine Alben "The Freewheelin' Bob Dylan" und "The Times They Are a-Changin". Mit seinen Liedern über Krieg oder Rassenhass, wie in "Blowin' in The Wind", wurde Dylans Musik zum Soundtrack der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre.
Seine frühen Lieder seien auf beinahe "magische Art und Weise geschrieben worden", so Dylan. Als Protestführer habe er sich nie gefühlt. Ein Rebell wider Willen - dessen Beziehung zur Presse gespalten war. "Die Medien sind nicht der Richter, Gott ist der Richter."
Auf seine erste große US-Tournee 1963 ging er mit Joan Baez. Am 28. August 1963 trat er mit ihr und anderen Folksängern bei der Abschlusskundgebung des Civil Rights March auf, bei der Martin Luther King seine berühmte Rede "I Have a Dream" hielt.
Vom Folksänger zum Rockmusiker
In den folgenden Jahren vollzog Dylan den Wandel vom Folksänger zum Rockmusiker - unter Protest seiner Folk-Fans. Unter anderem schuf er 1965 den Klassiker "Like a Rolling Stone", der vom gleichnamigen US-Musikmagazin "Rolling Stone" zum berühmtesten Hit aller Zeiten gekürt wurde. 1965 ehelichte er das Model Sara Lowndes.
Doch die Auftritte, der Medienrummel und das Leben als Star rieben den Musiker auf. Nach einem Motorradunfall zog er sich für einige Zeit zurück und widmete sich seiner Frau und den Kindern. In dieser Zeit wandte er sich auch vermehrt der Country-Musik zu.
In den 1970er und 1980er Jahren geriet seine Karriere ins Wanken. Die Ehe ging in die Brüche, seine Alben fanden weniger Anklang. Dylan heiratete zum zweiten Mal und wurde erneut Vater - über beides schwieg er zunächst.
Konvertiert zum Christentum
1979 konvertierte er zum Christentum, offenbar nach einem sprittuellen Schlüsselerlebnis auf seiner Welttournee. Er schloss sich der Erweckungsbewegung an und veröffentlichte christlich inspirierte Alben. Später trat Dylan beim Eucharistischen Kongress in Bologna auf und spielte vor dem damaligen Papst Johannes Paul II. und Kardinal Josef Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., unter anderem "Knockin' on Heaven's Door".
Nach der Krise kam der Aufstieg. Beim Woodstock-II-Festival 1994 wurde Dylan vor allem von den Jüngeren gefeiert. Es folgten weitere Titel, Alben und Auszeichnungen, darunter der Oscar für den besten Filmsong. 2005 verfilmte Martin Scorsese Dylans Leben. Noch 1986 sagte das Ausnahmetalent: "Ich bin nur Bob Dylan, wenn ich Bob Dylan sein muss, meistens bin ich einfach ich."
Der Literaturnobelpreis ist mit acht Millionen Schwedischen Kronen dotiert (etwa 830.000 Euro). Er wird jedes Jahr von der Schwedischen Akademie vergeben, die 18 Mitglieder hat. Den Vorsitz des Nobel-Komitees an der Akademie hat der Autor Per Wästberg inne. Die Verleihung findet am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896).