Literaturnobelpreis: Was Papst Joahnnes Paul II. und Dylan verbindet

"Hofdichter des Rocken Rolls"

Bob Dylan erhält den diesjährigen Literaturnobelpreis. Für viele Fans war die Nachricht am Donnerstag eine schöne Überraschung. Auch für Norbert Bauer aus dem Erzbistum Köln. Er hat unter anderem die religiösen Wandlungen des Künstlers begleitet.

Bob Dylan  / © Istvan Bajzat (dpa)
Bob Dylan / © Istvan Bajzat ( dpa )

domradio.de: Waren Sie als Bob Dylan-Fan überrascht, als verkündet wurde, dass der Sänger den Literaturnobelpreis bekommt?

Norbert Bauer (Pastoralreferent in Köln): Ich habe es jedes Jahr gehofft -  immer von Neuen. Auch dieses Jahr. Als das am Donnerstag dann um 13 Uhr auf meinem Handy erschien, dass er es tatsächlich geworden ist, habe ich mich riesig gefreut. 

domradio.de: Viele fragen sich sicher, wie es sein kann, dass ein Musiker einen Literaturnobelpreis bekommt. Hat er es denn verdient?

Bauer: Er hat tolle Texte und tolle Songs geschrieben. Wer bei einem Konzert von ihm war  - ich war drei Mal dabei -, der wird sehen, dass immer um Punkt acht Uhr das Licht ausgeht. Dann kommt eine Stimme aus dem Hintergrund und sagt "Begrüßen Sie mit uns den Hofdichter des Rocken Rolls." Ich finde wirklich, dass "der Hofdichter", der über Jahrzehnte hin tolle Songs gedichtet hat, zu Recht den Nobelpreis für Literatur erhält.

domradio.de: Sie haben gesagt, dass Sie selber schon auf einigen Konzerten waren. Wie erlebt man solch ein Konzert?

Bauer: Mein erstes Bob Dylan-Konzert war vor 15 Jahren in Düsseldorf. Damals habe ich überhaupt nicht gewusst, was mich erwartet. Er hat bei jedem Konzert andere Songs gespielt. Manchmal wussten sogar die Musiker nicht, was sie an diesem Abend erwartet. Bei dem letzten Konzert im letzten Jahr war ich auch dabei. Ich habe in der dritten Reihe gesessen. Es war sehr bewegend, so nah an jemandem zu sein, der mich über so viele Jahre musikalisch begleitet hat. Zu sehen, wie er sich bewegt, wie er zur Musik wippt und wie er in einem schwarzen, glänzenden Anzug da steht. Das war großartig.

domradio.de: Bob Dylan hat ja 1997 vor Papst Johannes Paul II. gespielt. Aber, wenn wir sein Verhältnis zum Christentum anschauen, sehen wir, dass das nicht ganz unkompliziert war. Das begann schon früher: Ende der 70er warf jemand in San Diego ein silbernes Kreuz auf die Bühne. Dylan hängte es sich um den Hals und fand Gott. Er schloss sich der Neuevangelikalischen Erweckungsbewegung an. Was denken Sie darüber?

Bauer: Bob Dylan hat in seinem Leben viele Phasen durchgemacht. Unter anderem auch eine explizit christliche Phase. In meinen Augen war das eine sehr schwierige Zeit. Es war eine sehr evangelikale Phase mit einem sehr radikalen und kämpferischen Christentum, wie wir es eigentlich nur aus den Vereinten Staaten kennen. Er hat auch zwei Platten mit Mark Knopfeler von den Dire Straits gemacht, die nicht so richtig gut waren. Aber die nächste Platte hieß dann "Ungläubige". Da hat er sich wieder ganz neu entwickelt. Man sieht darauf, wie er seinen Sohn bei einer Bar Mizwa-Feier in Jerusalem begleitet.

domradio.de: In seiner christlichen Phase hat er vor Johannes Paul II. gespielt. Warum hat er das gemacht?

Bauer: Das war einige Jahre später in Bologna. Ich glaube, er wurde einfach eingeladen von Papst Joahnnes Paul II. Er war ja selbst auch Poet. Er hatte einen Faible für Musik und Lyrik. Er hat ihn eingeladen, obwohl Ratzinger darüber überhaupt nicht froh war. Aber ich glaube, dass der Papst erkannt hat, was das für ein toller Musiker ist. Über einige Jahre stand auf meinem Schreibtisch auch das wunderschöne Foto mit Papst Johannes Paul II. und Bob Dylan. 

domradio.de: Seine Texte haben eine unheimliche spirituelle Kraft. Welcher Text ist da für Sie am wichtigsten? 

Bauer: Ich glaube "Like a Rolling Stone". Bob Dylan schreibt Lieder für die Menschen, die aus dem Paradies verstoßen sind, die immer wieder auf der Suche nach Halt und nach Glück sind. Ich glaube, das ist in dem Song wunderbar zum Ausdruck gebracht worden. Dass wir Menschen uns immer wieder neu auf die Suche machen und nach dem, was uns im Leben beglückt und begleitet. Und das macht Bob Dylan mit seinen Songs.

Das Interview führte Silvia Ochlast.


Quelle:
DR