Es sind stürmische Zeiten für die Leitungsebene des Erzbistums Luxemburg. Kurz vor Weihnachten erst flatterte Erzbischof Jean-Claude Hollerich mit einer Klage eine schöne Bescherung ins Haus. Es war der Höhepunkt eines seit Monaten eskalierenden Konflikts zwischen Hollerich, seinem Generalvikar Leo Wagener und kommunalen Kirchenvertretern. Es geht um die Kirche im Dorf, darum, wer künftig über Investitionen entscheidet, Budgets verabschiedet, wer Gotteshäuser saniert oder eben auch verkauft.
Mehr als 200 Jahre lang war diese Frage geklärt: Zuständig ist die Kirchenfabrik. Ein lokales Gremium, das nur in Luxemburg existiert, wo es anders als beim östlichen Nachbarn Deutschland das lukrative System der Kirchensteuer nicht gibt. Dafür zahlte der Staat aber seit den Zeiten Napoleons die Gehälter der Priester und finanzierte den baulichen Unterhalt der Kirchen.
Staatliche Zuschüsse sinken drastisch
Die seit 2013 amtierende Regierung des Liberalen Xavier Bettel hat mit mehreren Reformen das enge Geflecht zwischen Staat und Religionen entflechtet. Der Religionsunterricht wurde durch ein Werte-Fach ersetzt, neu eingestellte Kultusdiener müssen künftig von den Religionen selbst bezahlt werden, die staatlichen Zuschüsse sinken drastisch. Jetzt geht es an die heikle Reform der lokalen kirchlichen Besitzverhältnisse. Die Gebäude sollen künftig nicht mehr von den Kirchenfabriken verwaltet werden, in denen Vertreter aus Kirchengemeinden und Kommunen das Sagen haben.
Nach einer Übereinkunft von Staat und Erzbistum sollen sie vielmehr dem zu gründenden Kirchenfonds unterstellt werden. Dagegen läuft das "Syndikat der Kirchenfabriken" (Syfel) Sturm. "Das Schlimmste war", sagt Wagener am Donnerstag vor Journalisten, "dass so viele Gerüchte in die Welt gesetzt wurden: Es kommt alles in einen Topf, wir haben gar nichts mehr zu sagen."
Wagener betont, dass der Fonds dezentral ausgerichtet werden soll. Dennoch werden die Kirchengemeinden, wenn es nach dem Vorschlag der Bistumsleitung geht, maßgeblich an Einfluss verlieren. Ihre Zahl soll von derzeit 285 auf künftig 105 reduziert werden, sodass es in jeder Zivilgemeinde eine kommunale Kirchenfabrik gibt.
Reduzierung der Zahl der Pfarrgemeinden
Noch deutlicher reduziert werden soll die Zahl der Pfarrgemeinden von derzeit 274 in 57 Pfarrverbänden auf künftig nur noch 33. Der entscheidende Punkt ist die Budgethoheit, die nach dem neuen Modell nicht die Kirchenfabriken innehätten. Vielmehr sollen in den 33 Pfarreien Vermögensverwaltungsräte gebildet werden. "Der Vermögensverwaltungsrat ist zuständig für die geschäftlichen Anliegen der Pfarrei", heißt es in den Statuten.
Der Generalvikar betont, dass der Fonds eigenständig sein wird; "das Erzbistum wird nicht darauf zugreifen können. Wahrscheinlich werden wir den Fonds viel eher unterstützen müssen." Sorgen macht ihm die von der Regierung geplante Vorgabe, dass kommunale Zuschüsse an den Fonds verboten werden sollen. Die Kirchen seien, betont Wagener, architektonische Zeugnisse der luxemburgischen Tradition, "die es unserer Meinung nach verdienen, dass sie auf freiwilliger Basis von den Gemeinden unterstützt werden dürfen". Einige Kommunen haben das Verbot der Regierung bereits haushalterisch umgangen, indem sie Zuschüsse an kirchliche Fördervereine statt an die Kirche selbst bewilligt haben.
Diskussion über Kirchenfonds-Plan
In den kommenden Wochen dürfte der Kirchenfonds-Plan diskutiert werden. Wagener hofft, dass das Syndikat Dialogbereitschaft zeigt.
Auf lokaler Ebene sei diese vorhanden: Rund 110 Kirchenfabriken hätten bereits die Verhandlungen mit den kommunalen Gremien über den Fonds abgeschlossen. Andere unterstützen die gegen den Erzbischof und Vertreter des Staates gerichtete Klage des Syfel, der die Reform auf juristischem Weg verhindern will.
Bei herausragenden Gotteshäusern wurden gesonderte Verträge ausgehandelt; die Unterhaltskosten für die Echternacher Basilika etwa wollen sich Staat, Stadt und Kirchenfonds künftig teilen. Doch der Deal ist noch nicht in Kraft: Als der Gerichtsvollzieher ihm die Klageschrift zustellte, verweigerte Erzbischof Hollerich aus Protest seine Unterschrift.