DOMRADIO.DE: Inzwischen sind Sie mit den Spielern wieder auf dem Platz. Vor ein paar Tagen wurde noch alles abgesagt, oder?
Wolfgang Sandhowe (Trainer des jüdischen Fußballclubs TuS Makkabi Berlin): Es wurde ein Spiel vom Verband abgesagt, ein Spiel in Neustrelitz, das an einem Mittwoch stattfinden sollte. Wir haben einen Tag Trainingspause gemacht. Danach sind wir aber wieder jeden Tag auf dem Platz gewesen.
DOMRADIO.DE: In Ihrem jüdischen Fußballclub wird mit dem Davidstern auf der Brust gespielt. Aber es gibt nur sehr wenige jüdische Spieler bei Ihnen.
Sandhowe: Wir haben genau einen jüdischen Spieler, wir hatten zwei. Der eine hat aufgehört, der andere spielt bei mir. Der war auch Kapitän. Wir sind der Multikulti-Verein in Berlin, der alle Nationalitäten und alle Glaubensrichtungen aufgenommen hat.
Wir machen es der großen Politik vor, wie schön das ist, wenn man miteinander gut umgeht. Wenn man eine Mannschaft auf den Platz schickt, die eine Einheit ist. Wir sind 16 Nationalitäten und zeigen, wie man es gestalten müsste.
DOMRADIO.DE: Vorbild "Fußball", Vorbild "Sport", sagen Sie. Woran liegt es, dass Sie nur einen Spieler im Kader haben, der jüdisch ist?
Sandhowe: Es waren schon mal mehrere jüdische Spieler da. Aber da wir nun qualitativ ganz gut stehen mit meiner Mannschaft, achte ich darauf, dass die Qualität auch eines jüdischen Spielers gut ist. Diese Anforderung erfüllt im Augenblick Doron Bruck bei uns.
Wir hatten schon mehrere, die das dann aber qualitativ nicht halten konnten. Deshalb haben wir nur einen jüdischen Spieler. Aber ich muss noch mal betonen, wir sind eine Mannschaft, die den Davidstern trägt, aber wir sind Multikulti und leben vor, wie es sein könnte und was die Politik oder andere Institutionen leider nicht schaffen. Wir sind ein Verein, der es schafft, den Fußball gut und vor allen Dingen ohne Vorbehalte auf den Platz zu bringen.
DOMRADIO.DE: Wie geht es Ihnen und den Spielern jetzt? Sie spielen unter Polizeischutz?
Sandhowe: Ja, das ist traurig. Aber die Jungs sagen immer, wenn wir über die weiße Außenlinie gehen, sind wir eine Mannschaft, ein Team, die nur das Ziel hat zu gewinnen. Wir blenden alles andere, was uns berühren könnte, aus.
DOMRADIO.DE: Jetzt gab es auf der Plattform X (früher Twitter) einen Post des ehemaligen Nationalspielers Mesut Özil. Ein Bild mit der Unterschrift "Free Palestine", freies Palästina. Reden Sie im Klub über so was?
Sandhowe: Nein, da haben wir nicht drüber gesprochen, das wurde auch mit der Mannschaft nicht thematisiert. Was Mesut Özil sagt, der ist sowieso nicht mehr Nationalspieler, das berührt uns nicht.
Das Interview führte Tobias Fricke.