Mali wählt seinen Präsidenten

Staatsmann gegen Finanzexperte

Es sind zwei bekannte Politiker, die Präsident in Mali werden wollen. Dass sie das westafrikanische Land runderneuern, wird von beiden nicht erwartet. Sie werden genug damit zu tun haben, Mali so gut wie möglich aus der Krise zu führen.

Autor/in:
Katrin Gänsler
Mali wählt seinen Präsidenten (dpa)
Mali wählt seinen Präsidenten / ( dpa )

Ibrahim Boubacar Keita lächelt gutmütig von den Wahlplakaten. Häufig wird er mit Kindern gezeigt. Dann wirkt er wie ein Großvater, unerschütterlich und engagiert. Dieses Image scheint zu wirken. Bereits in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 28. Juli sprachen ihm 39 Prozent ihr Vertrauen aus. Jetzt verlangt Keita, der in Paris und Dakar Geschichte und Politikwissenschaften studierte, von seinen Unterstützern "eine Mehrheit, die nicht infrage gestellt wird". Das kündigte er bei einem seiner seltenen Auftritte an.

Keita wird am ehesten zugetraut, eine Lösung für den Konflikt im Norden des Landes, dem sogenannten Azawad, zu finden. Rund um die Stadt Kidal hat es zwar in den vergangenen zwei Wochen keine Anschläge mehr gegeben, doch der Frieden ist trügerisch. Noch immer beherrschen die MNLA (Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad) und der HCUA (Hoher Rat für die Einheit des Azawad) die Region.

Im Wahlkampf betonte Keita die Einheit Malis. Als Präsident wolle er hart durchgreifen. Keita war einer der Kritiker, als der Staat nach den Kämpfen mit Tuareg-Rebellen von 1990 bis 1995 Verträge mit den Aufständischen schloss. Seiner Meinung nach war das staatliche Entgegenkommen zu groß, erklärt Annette Lohmann, Leiterin der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako. In der Tat war die Regierung in Bamako später nur teilweise darin erfolgreich, die Rebellen in Armee und Polizei zu integrieren.

Cisse setzt auf den Islam

Am Sonntag (11.08.2013) dürfte IBK, wie Ibrahim Boubacar Keita genannt wird, dennoch vor allem im Süden Unterstützung erhalten. Bei jungen Wählern in Bamako kommt er an. Gute Kontakte hat er auch zur Armee, weshalb er als Gegenmodell zum alten System unter dem gestürzten Präsidenten Amadou Toumani Toure gilt. Genau diese Positionierung könnte ihm helfen. Viel Zuspruch erhält Keita auch von muslimischen Meinungsführern. In einem Land, in dem sich mehr als 90 Prozent zum Islam bekennen, ist das eine wichtige Voraussetzung. "Im Umkehrschluss heißt das jedoch nicht, dass IBK die Scharia einführen will", sagt Hamidou Konate, Leiter des Senders Radio Jamana. "Er steht sicherlich für einen säkularen Staat."

Mit Blick auf den Islam versucht auch Soumaila Cisse zu punkten. In letzter Minute vor der ersten Wahlrunde, bei der er 19 Prozent der Stimmen erreichte, ließ er in Bamako den Slogan "Stärkung für das islamische Bankwesen" plakatieren. Der 63-jährige studierte Informatiker war von 1993 bis 1997 Finanz- und Wirtschaftsminister, von 2004 bis 2011 Chef der westafrikanischen Währungsunion. Mali finanziell wieder auf die Beine zu helfen, könnte einer seiner Schwerpunkte sein - und gleichzeitig sein Nachteil werden: Mit einem solchen Profil, sagt Lohmann, gelte Cisse als "weniger volksnah".

Nicht viel Handlungsspielraum

Dabei ist das Ankurbeln der Wirtschaft nach der Krise wichtig für Mali. Seit jeher ist der Sahel-Staat abhängig von finanzieller Unterstützung aus dem Ausland. Im Mai sagten Geber auf einer internationalen Konferenz in Brüssel rund zwei Milliarden Euro zu - allein 520 Millionen von der EU. Der neue Präsident wird sich unter strenger internationaler Beobachtung finden. Viel Handlungsspielraum bleibt ihm nicht.

Das gilt auch für andere Politikbereiche: Neben einer politisch akzeptablen Lösung für den Norden muss die Armee umstrukturiert werden. Auch Verfassungsänderungen stehen an. Bildungssystem und Infrastruktur - vor allem im Norden - gelten als marode.

Nur ein Präsident reicht dafür nicht; Mali braucht auch ein neues Parlament. Dessen Wahl könne, wie es immer wieder vage heißt, "im September" stattfinden - realistischer ist jedoch November oder Dezember. Dieser Urnengang wird noch komplizierter. Nationale und internationale Beobachter sind sich aber einig, dass Mali mit der jetzigen Präsidentschaftswahl einen guten Schritt zurück zur Demokratie geschafft hat.


Quelle:
KNA