Malteser erfüllen "letzten Wunsch"

Vom Hospiz auf den Reiterhof

Gabriele Schmall stirbt bald. Denn sie hat einen Tumor im Bauch. Vorher möchte Gabriele Schmall aber noch einmal zu "Pille" - ihrem Isländer-Wallach und Weggefährten über fast ein Vierteljahrhundert. Die Malteser können diesen Wunsch erfüllen.

Gabriele Schmall (links, Name geändert) und ihr geliebtes Pferd "Pille" mit jungen Reiterinnen auf dem Reiterhof (Malteser)
Gabriele Schmall (links, Name geändert) und ihr geliebtes Pferd "Pille" mit jungen Reiterinnen auf dem Reiterhof / ( Malteser )

Ein letzter gemeinsamer Apfel, ein feuchter Nasenstüber, dann ist Schluss - nach 23 Jahren. 1994 hat Gabriele Schmall (Name geändert) ihren Isländer-Wallach "Pille" gekauft, vor wenigen Tagen kam sie ein letztes Mal auf den Reiterhof Waakenhoff in der Wedemark, um Abschied zu nehmen von ihrem Pferd und langjährigen Reiterfreunden. Denn Gabriele Schmall stirbt bald.

Anfang der 90er Jahre hat sie "Pille" gekauft und hat seitdem jede freie Minute mit dem Wallach verbracht. Fast jeden Tag war die 68-Jährige auf dem Reiterhof Waakenhoff in der Wedemark. Pferd striegeln, ausreiten, Ställe reinigen. Gabriele hat das geliebt. Bereits als junge Frau hat sie sich das erste Pferd gekauft, später kamen noch Schafe dazu. Nach der Scheidung lebte sie lange Jahre mit einer Freundin auf einem Hof mit viel Platz für Tiere - ein guter Ausgleich für die anstrengende Arbeit als Chefsekretärin in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Nach der Verrentung 2014 widmete sich die heute 68-Jährige dann ganz ihrem Wallach. der eigentlich den isländischen Namen "Pilsner fra Ytri-Hofdoelum" trägt, von allen aber nur "Pille" genannt wird.

Vom Hospiz zurück auf den Reiterhof

Genießen konnte sie die Zweisamkeit nur ein gutes Jahr. Nachdem die passionierte Tierfreundin im Sommer 2015 plötzlich Schmerzen beim Sitzen spürte, wurde ein Tumor im Bauchraum diagnostiziert. Es folgten Operationen, Chemotherapie, die Einweisung auf die Palliativstation des "Friederikenstiftes" Hannover, schließlich das Hospiz Misburg.

Seit wenigen Tagen wird sie dort versorgt. Doch auch die beste Pflege konnte das Heimweh nach "Pille" nicht stillen - und so kamen die Malteser ins Spiel. Denn im Hospiz erfuhr die Krebskranke von dem Projekt "Herzenswunsch-Krankenwagen", mit dem die Malteser schwer kranken Menschen einen letzten Fahrtwunsch erfüllen: ob ans Meer, zu einer Familienfeier oder eben noch einmal zum geliebten Pferd.

"Keine leichte Fahrt"

Malteser-Rettungsassistent Daniel Kampen und die Rettungssanitäter Ingo Schulz und Ines Rabe von der Malteser-Gliederung in Celle haben sich diesen Freitagnachmittag frei genommen, um die Bettlägerige mit einem voll ausgerüsteten Rettungswagen zu "Pille" zu fahren, in Begleitung ihrer Freundin Birgit Rönnecke, die ebenfalls Pferde bei Waakenhoff hat.

"Keine leichte Fahrt", sagt Ines Rabe. Für die 24-Jährige Studentin der Sozialarbeit, die sich ehrenamtlich bei den Maltesern engagiert, ist es der zweite Herzenswunsch-Einsatz. Mit den anderen elf ehrenamtlichen Projektmitarbeitern in Celle wurde sie intensiv auf diesen Dienst vorbereitet, durch spezielle Seminare zum Thema Sterben und Tod. Wie alle Maltesersanitäter ist sie medizinisch gut ausgebildet.

Für den "Herzenswunsch-Krankenwagen" musste sie aber lernen, einen todkranken Patienten unter Umständen auch in Ruhe gehen zu lassen. "Es macht mir selbst viel Freude, Menschen eine solche letzte Fahrt zu ermöglichen", bekennt die junge Frau. "Schön zu sehen, wie viel Humor und Lebensfreude dabei oft noch zu spüren ist."

Für "Pille" wird gesorgt sein

Tatsächlich genießen Gabrielle Schmall und ihr gutmütiger Wallach das letzte Zusammensein sehr. Bereitwillig lässt sich "Pille" von seiner Besitzerin mit Äpfeln füttern und ausgiebig streicheln. Auch er ist mit seinen 29 Jahren nicht mehr der Jüngste. Immerhin darf der Isländer seine letzten Jahre in gewohnter Umgebung verbringen, das haben die Freunde vom Reiterhof Gabriele Schmall versprochen.

Gemeinsam wollen sie sich um das Pferd kümmern und für die Kosten der Unterbringung aufkommen. "Hier ist er gut aufgehoben", sagt Gabriele Schmall mit Tränen in den Augen, "das macht mir den Abschied leichter."

Der Herzenswunsch-Krankenwagen

Seit rund einem Jahr bieten die Malteser in Niedersachsen das Projekt "Herzenswunsch-Krankenwagen" an, allein in der Diözese Hildesheim an sechs Standorten: in Hannover, Celle, Braunschweig, Wolfsburg, Hildesheim und Göttingen. Etwa 70 ehrenamtliche Helfer der Malteser stehen dafür zur Verfügung. Da Patienten und deren Begleiter für eine solche Fahrt nichts zahlen, sind die Malteser auf Spenden für den "Herzenswunsch-Krankenwagen" angewiesen.

Ansprechpartner für dieses landesweite Malteser-Projekt ist Dr. Christoph Mock, Theologe und Trauerbegleiter des Ambulanten Hospizdienstes der Malteser in Hannover. "Wenn wir mit dem Herzenswunsch-Krankenwagen einem todkranken Patienten eine Herzensangelegenheit erfüllen können, dann hat das Projekt seinen Zweck erfüllt", sagt Mock und hofft zugleich, dass dieses Angebot mithelfen könnte, den Hospizgedanken zu verbreiten und auf die vielen Möglichkeiten hospizlichen Handelns aufmerksam zu machen. Dr. Hans-Gert Pöttering, Präsident des Europäischen Parlaments a.D. und Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, hat die Schirmherrschaft über den "Herzenswunsch-Krankenwagen" in Niedersachsen übernommen.


Quelle: