Nahles zu möglichen Reformen in der Kirche

"Manchmal braucht das etwas"

Gläubige Christen haben es laut Andrea Nahles schwer, sich in der Politik zu behaupten. Bei ihrem Besuch in der Evangelischen Studierendengemeinde in Mainz äußerte sich die Katholikin auch zu Reformen in der katholischen Kirche.

SPD-Politikerin Andrea Nahles / © Christian Charisius (dpa)
SPD-Politikerin Andrea Nahles / © Christian Charisius ( dpa )

Der christliche Glaube stehe "auf Kriegsfuß" mit jeder Form von Macht, sagte die praktizierende Katholikin und SPD-Vorsitzende Andrea Nahles am Donnerstagabend bei einem Besuch in der Evangelischen Studierendengemeinde in Mainz: "Christus gibt an keiner Stelle auch nur irgendeine Hilfestellung für uns Politiker." 

Wer aus einer christlichen Haltung heraus versuche, anderen Menschen gegenüber immer Gesprächskanäle offenzuhalten, mache sich damit auch verletzlicher.

Viele Politiker zu Zynikern geworden

"Christsein ist nichts, was einen vor der Wucht der Kritik schützt, im Gegenteil", sagte die Politikerin vor rund 100 Zuhörern. Besonders in Berlin seien viele Berufspolitiker über die Jahre deshalb zu Zynikern geworden. Auf die Frage, was ihre Partei von den Kirchen lernen könnte, nannte sie den achtsamen zwischenmenschlichen Umgang miteinander. Die Parteien wiederum könnten den Kirchen als Vorbild darin dienen, Veränderungen durchzusetzen und dafür Kompromisse auszuhandeln.

Ihre eigene katholische Kirche nahm Nahles gegen pauschale Kritik in Schutz. Die katholische Kirche sei unter Papst Franziskus liberaler geworden. "Ich merke, dass ich irgendwann ein Buch schreiben werde: 'Wir Katholiken sind gar nicht so schlimm.' Ich bin kurz davor." Protestanten dürften sich nicht in der Vorstellung ausruhen, sie seien die fortschrittlichere Konfession: "Ich habe schon unheimlich viele konservative Evangelikale getroffen, und kenne so viel 'Pietcong' (Wortspiel aus Pietist und Vietcong, Anm. d. Red.) bei Euch." 

"Manchmal braucht das etwas"

Auch in der katholischen Kirche werde es irgendwann einmal Priesterinnen geben, versicherte sie und warb für Verständnis, dass eine Weltkirche nicht schnell zu reformieren sei. "Erst vor einigen Jahren hat der Papst offiziell festgestellt, dass es keine Lindwürmer gibt. Manchmal braucht das etwas."

Auf Nachfrage aus dem Publikum sagte Nahles, sie stehe fest dazu, den konfessionellen Religionsunterricht an Schulen beizubehalten. Sie halte nichts davon, Grundlagen des Glaubens wie eine "völkerkundliche Einführung" zu vermitteln: "Dieses Lirum, larum Löffelstiel, alles in einen Topf, da bin ich völlig dagegen."

Leider fehle vielen Deutschen inzwischen jegliche Vorstellung davon, was Religion einem Menschen bedeuten könne, bedauerte sie. Nahles war in der Mainzer Hochschulgemeinde Gast der Veranstaltungsreihe "Chat in the Church". 


Quelle:
epd