Kirche und Staat haben am Samstag im Münchner Liebfrauendom Abschied von Alois Glück genommen. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx dankte dem Verstorbenen für dessen Glaubens- und Lebenszeugnis, für seinen Dienst in der Kirche, der Familie und der Gesellschaft.
Glück habe sich von der christlichen Botschaft herausfordern lassen und gezeigt, dass es funktioniert, mit der Bergpredigt Politik zu machen. Sie sei der Orientierungsrahmen, der Rückenwind gebe, so Marx. Denn es gehe darum, nicht die Polarisierung voranzutreiben, sondern Brücken zu bauen und zu versöhnen: "Das ist katholische Soziallehre in reinster Form."
Gemeinwesen gestalten
Der CSU-Politiker Glück war am 26. Februar mit 84 Jahren in München gestorben. Der Landwirt aus dem Chiemgau gehörte 38 Jahre lang dem Bayerischen Landtag an, von 2003 bis 2008 war er dessen Präsident, zuvor lange Fraktionschef seiner Partei. Von 2009 bis 2015 stand er an der Spitze des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).
Eine christlich geprägte Gesellschaft lasse niemanden im Stich, erinnerte der Kardinal. Sie schaue auf eine größere Gerechtigkeit und Solidarität sowie den Zusammenhalt. Er wünsche sich, das sich viele junge Menschen für das Gemeinwohl engagierten: "Das ist eine Berufung besonderer Art für einen Christen oder eine Christin, das Gemeinwesen zu gestalten mit den großen Prinzipien des Evangeliums."
Man müsse sich bewusst sein, dass es ohne die Kirchen und die Gemeinschaft des Gläubigen keine Weitergabe des christlichen Denkens in die nächste Generation gebe, betonte Marx. Deshalb habe sich Glück auch immer wieder für die Kirche engagiert, sei es in der Landjugend, in den Räten und im ZdK. Ihm sei sehr daran gelegen gewesen, dass sich diese Kirche erneure. Dabei habe er manches aushalten müssen, räumte der Kardinal ein, "auch von manchen Oberhirten".
Marx zeigt sich beeindruckt
Glück habe unter dem bisweilen auch lieblosen Ton in der Kirdche gelitten, sich aber nicht beirren lassen und weitergemacht. Ihm sei es darum gegangen, nach vorne zu schauen, Gräben zuzuschütten und Wunden zu heilen. "Das hat mich tief beeindruckt", sagte Marx.
Mit dem Kardinal zelebrierten der Berliner Erzbischof Heiner Koch und der emeritierte Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst. Der Sarg mit dem Verstorbenen stand vor den Altarstufen, bedeckt von einer weiß-blauen Rautenfahne. Mitglieder der Bergwacht, deren Ehrenvorsitzender er zuletzt war, hielten zuvor die Totenwache.
"Zum Glück hatten wir Glück"
Auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, erinnerte an ihren Vorgänger. "Alois Glück war ein prominenter, ein souveräner Vertreter der katholischen Zivilgesellschaft in Deutschland", sagte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, in ihrer Trauerrede laut Manuskript.
"Zum Glück hatten wir Glück!" - dieser Satz sei im ZdK öfter gefallen, sagte Stetter-Karp weiter. Seine Jahre als Präsident seien Zeiten des Umbruchs gewesen. "Der Umwelt- und Kulturwandel forderte heraus, es gab viele Diskussionen. Auch in der Kirche kam es zu deutlichen Veränderungen." Viele hätten in diesen Jahren aufgeatmet, wenn irgendwo sein Name gefallen sei. "Denn Alois Glück war kompetent, strategisch geschickt, aufrecht im Denken und Handeln. Man konnte sich auf ihn verlassen."
Vermittlung und Dialog
Die katholische Zivilgesellschaft in Deutschland habe er mit langem Atem zu einem Motor des gesellschaftlichen Zusammenhalts gemacht, sagte die ZdK-Präsidentin weiter. Dabei habe er auf Vermittlung und Dialog gesetzt und habe als "wandelnder Vermittlungsausschuss" gegolten. Er habe sich für den Schutz des ungeborenen Lebens eingesetzt, für eine nachhaltige Familienpolitik und ein würdiges Sterben mit Hospiz- und Palliativversorgung. "Die Liebe zur Schöpfung zeigte sich auch darin, wie er sich für den Erhalt der Natur einsetzte."
Am Requiem mit anschließendem Staatsakt für Alois Glück nahmen unter anderem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und Landtagspräsidentin Ilse Aigner (beide CSU) teil.