Hinweise auf Missbrauch in Integrierter Gemeinde

Massive Vorwürfe

Gegen die vor einem halben Jahr kirchenrechtlich aufgelöste "Katholische Integrierte Gemeinde" gibt es neue, bisher öffentlich nicht bekannte Vorwürfe. Demnach könnte es vor über 40 Jahren auch einzelne Fälle von sexuellem Missbrauch gegeben haben.

Blick auf die Münchner Liebfrauenkirche / © FooTToo (shutterstock)
Blick auf die Münchner Liebfrauenkirche / © FooTToo ( shutterstock )

Die unabhängigen Ansprechpersonen für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch der Erzdiözese München und Freising hätten Kenntnis von fünf Hinweisen, teilte das Erzbischöfliche Ordinariat am Donnerstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit.

Vier Hinweise bezögen sich auf Taten, die sich in den 1970er Jahren ereignet haben sollen. Soweit strafrechtlich relevant, seien sie bei Bekanntwerden bereits verjährt gewesen. Ein Vorgang in Nordrhein-Westfalen sei an das Erzbistum Paderborn übergeben worden.

In den vier weiteren Fällen hätten die Identität des Beschuldigten oder der Tathergang nicht genau geklärt werden können. Die Hinweise wie auch alles andere dem Erzbistum zu Verdachtsfällen vorliegende Material seien 2018/2019 der Staatsanwaltschaft übergeben worden. Von entsprechenden Ermittlungen sei nichts bekannt.

Vielversprechender Aufbruch und prominente Unterstützer

Die "Katholische Integrierte Gemeinde" (KIG) entstand nach dem Zweiten Weltkrieg in München und galt zeitweise als ein vielversprechender Aufbruch in der katholischen Kirche. Sie wollte nach eigener Darstellung "ein Ort für ein aufgeklärtes und unverkürztes Christentum" sein. 1978 sprach der damalige Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger die kirchliche Anerkennung aus. Er stand über Jahrzehnte im Kontakt mit der Gruppe.

Massive Vorwürfe ehemaliger Gemeindemitglieder lösten eine sogenannte Visitation durch das Erzbistum aus, die 2020 abgeschlossen wurde. Nach Angaben des Untersuchungsteams gab es in der KIG überzogene Gehorsamsforderungen, war das wirtschaftliche Handeln undurchsichtig, wurden Kritiker kompromisslos ausgegrenzt. Ehemalige Mitglieder schilderten geistliche Manipulationen in einem System psychischer und finanzieller Abhängigkeit, was die KIG als "böswillige Verleumdung" zurückwies.

Gespräche mit Erzbischof stehen noch aus

Nach Ordinariatsangaben wurde Ende November 2020 ein Ansprechpartner für ehemalige Mitglieder der Gemeinde benannt, mit dem bisher 45 Personen Kontakt gehabt hätten. Darunter seien auch Ehemalige gewesen, die positive Erfahrungen geschildert und verlangt hätten, diese stärker zu gewichten.

Mehrere Personen hätten zudem um ein persönliches Gespräch mit dem Erzbischof gebeten. Ein solches gab es den Angaben aus der Kirchenbehörde zufolge bisher nicht. Zugleich stellte ein Sprecher des Erzbistums ein Treffen von Marx mit einer Gruppe ehemaliger KIG-Mitglieder in Aussicht. "Das wird im Zuge der weiteren Auseinandersetzung mit der Thematik geprüft", erklärte er. Aus Sicht des Erzbistums müsste der Rahmen nichtöffentlich und vertraulich sein.

Als Erzbischof von München-Freisng hat Kardinal Reinhard Marx die KIG vor einem halben Jahr kirchenrechtlich aufgelöst.


Quelle:
KNA
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