DOMRADIO.DE: Wie sieht es denn aktuell aus mit dem Ordensnachwuchs?
Schwester Maria Regina Greefrath OSA (Vorstandsmitglied in der Arbeitsgemeinschaft Berufungspastoral der Orden): Man kann schon sagen, dass der Nachwuchs in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist. Wir können sagen, dass in ganz Deutschland bei den Frauengemeinschaften im Schnitt ungefähr 60 Novizinnen waren und bei den Männer-Gemeinschaften ungefähr 49 Novizen.
DOMRADIO.DE: Was können Sie denn überhaupt machen, um junge Menschen für das Ordensleben zu begeistern? Wie erreicht man die?
Sr. M. Regina: Ich glaube, dass Authentizität die beste Werbung ist. Man kann einfach da sein, wo die Menschen sind, wo die jungen Menschen sind. Man kann ihnen begegnen. Man kann sein Leben mit ihnen teilen. Ich war zum Beispiel auf dem Katholikentag unterwegs in Stuttgart und habe da einfach mit ganz, ganz vielen Menschen gesprochen und bin auch gefragt worden, zu welcher Gemeinschaft ich gehöre.
Also einfach da sein und sichtbar sein, ist ganz, ganz wichtig, auch in den sozialen Medien. Zum Beispiel, dass man sich präsentiert und da ist, wo die Menschen sind.
DOMRADIO.DE: Machen Sie auch etwas in ihren Ritualen, in der Gemeinschaft, in ihrer Lebensform, das dann vielleicht für junge Leute attraktiver wirkt?
Sr. M. Regina: Bei uns gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, an den Chor-Gebetszeiten, an den Gottesdiensten teilzunehmen, ab und zu auch mal ein bisschen hinter die Klostermauern zu schauen. Wir haben deutschlandweit auch das Projekt Ordensjahr ins Leben gerufen. Das ist von Österreichern übernommen.
Da läuft das mit sehr viel Erfolg, dass einfach Menschen, die zum Beispiel gerade ihre Schullaufbahn, ihr Studium, das Berufsleben gerade abgeschlossen haben, dass sie für eine begrenzte Zeit in einem Kloster leben können. Und das ist, glaube ich, einfach das Beste, um es kennenzulernen.
DOMRADIO.DE: Aber das Ordensleben an sich, das bleibt immer gleich. Oder wie könnten Sie vielleicht für junge Menschen attraktiver werden?
Sr. M. Regina: Ich glaube, dass das Ordensleben in einer Spannung steht. Auf der einen Seite haben wir eine große Tradition, die wir nicht einfach über Bord werfen wollen. Aber auf der anderen Seite ist Ordensleben auch sehr dynamisch. Wir müssen schon auch mit der Zeit gehen und gucken, wie wir unser Leben in die heutige Zeit übersetzen können. Das ist nicht nichts Starres in dem Sinne.
DOMRADIO.DE: Jetzt sind Sie mit 38 Jahren die jüngste Schwester in Ihrem Kloster. Beobachten Sie denn da eine Verschiebung im Alter, dass man vielleicht grundsätzlich heute später eintritt als früher?
Sr. M. Regina: Ich würde sagen ja. Ich bin jetzt bei uns die Jüngste. In der Zeit, als ich im Noviziat war, da war ich auch immer die Jüngste, tatsächlich. Da waren viele, die mit Mitte 30 erst eingetreten sind. Ich war mit Mitte 20 eingetreten. Und wenn ich so an meine älteren Mitschwestern denke, da sind viele schon mit Anfang 20 eingetreten, also deutlich jünger als heutzutage.
Aber ich glaube, dass sich das in der Gesellschaft mit dem Heiraten, Familie gründen auch so ein bisschen nach hinten verschiebt. Ich meine, das beobachten zu können.
DOMRADIO.DE: Jetzt steht die Kirche ja aktuell sehr in der Kritik. Merken Sie das auch in der Berufungspastoral?
Sr. M. Regina: Man merkt schon, dass grundsätzlich das Interesse an der Kirche schwindet. Ich bin ja auch im Religionsunterricht mit meinen Schülerinnen und Schülern im Gespräch, die schon ein sehr kritisches Bild von Kirche haben, aber sie sind gleichzeitig auch offen. Sie sind nicht dem Glauben abgeneigt.
Man muss sie halt begeistern und packen können. Die sind auf der Suche, offen für den Glauben. Die Institution ist das, wo sie sich so ein bisschen dagegen sperren. Das ist mein Eindruck.
DOMRADIO.DE: Was raten Sie denn den Menschen, die auf der Suche sind, die sich vielleicht für das Ordensleben interessieren? Wie sollte man da vorgehen?
Sr. M. Regina: Ich würde immer eine geistliche Begleitung empfehlen. Ein Mensch, der eine Ausbildung bekommen hat. So kann man einfach gemeinsam den Weg suchen, den man gehen möchte. Zu zweit kann man immer besser Dinge wahrnehmen, die einem vielleicht selber gar nicht so bewusst werden.
Und Berufung hat ja auch immer viel mit dem Inneren zu tun. Das ist nichts, was man machen kann. Aber ein geistlicher Begleiter kann vielleicht helfen, die Stimme Gottes in meinem Leben wirklich wahrzunehmen und ein Gespür dafür zu bekommen.
Das Interview führte Heike Sicconi.