Mazyek würdigt zehnjährige Amtszeit von Franziskus

"Große Hochachtung vor dem Papst"

Die zehnjährige Amtszeit von Franziskus stand auch im Zeichen des interreligiösen Dialogs. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, hat ihn mehrmals getroffen und würdigt das Wirken des Papstes.

Papst Franziskus (v.l.n.r.), Scheich Hamad bin Isa Al Chalifa, König von Bahrain; und Ahmad al-Tayyeb, Großscheich der Al-Azhar-Moschee im November 2022 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus (v.l.n.r.), Scheich Hamad bin Isa Al Chalifa, König von Bahrain; und Ahmad al-Tayyeb, Großscheich der Al-Azhar-Moschee im November 2022 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie sind Papst Franziskus im Januar 2022 im Vatikan begegnet. Wie war das Treffen für Sie?

Aiman Mazyek / © Jannis Chavakis (KNA)
Aiman Mazyek / © Jannis Chavakis ( KNA )

Aiman Mazyek (Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland): Ich habe sie als eine sehr angenehme und bemerkenswerte Begegnung empfunden. Es war übrigens meine dritte Begegnung mit dem Papst. Ich habe große Hochachtung vor dem Papst, insbesondere was seine, man muss schon sagen, fast revolutionären Schritte in Richtung des interreligiösen Dialogs, insbesondere des christlich-muslimischen Dialogs weltweit angeht. Dieser Hochachtung wollte ich mit einem persönlichen Besuch sozusagen Ausdruck verleihen.

Meine Erwartungshaltung ist durch seine bemerkenswerten Antworten erfüllt worden, da Papst Franziskus betont hat, dass der interreligiöse Dialog für ihn einen ganz wichtigen Stellenwert einnimmt.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet es denn für Sie als Muslim, das Oberhaupt der Katholiken zu treffen? 

Wichtige Stationen aus zehn Jahren Papst Franziskus

Franziskus ist der erste Papst der Kirchengeschichte aus Lateinamerika. Seine Wahl löste vor zehn Jahren weltweit einen regelrechten Papst-Hype aus. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) zeichnet die zentralen Stationen seiner bisherigen Amtszeit nach:

2013

Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Mazyek: Es leistet eine Arbeit, die aus einer Perspektive heraus selbstverständlich ist und auf der anderen Seite auch nicht selbstverständlich ist. Mir ist schon klar, dass er eine große Bedeutung hat und eine große Autorität in der christlichen Welt ist. Umso wichtiger war es für uns und für mich als Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, als deutsche Religionsgemeinschaft diese Aufwartung zu machen und deutlich zu machen, dass dieser Kurs, diesen Weg, den er da geht, unsere uneingeschränkte Solidarität und auch unseren Zuspruch erfährt.

Es legt auch nicht nur Lippenbekenntnisse ab. Das zeigt sich beispielsweise mit den Schritten, die er mit dem Dokument der Brüderlichkeit begangen hat und indem er erstmalig der arabischen Halbinsel einen Besuch abgestattet hat.

Dann war er zwei Jahre später in Bahrain, im letzten Jahren noch einmal, um zu dokumentieren, dass es eine Kontinuität gibt und von Nachhaltigkeit nicht nur geredet wird, sondern sie auch umgesetzt wird.

Auch die Zusammenkünfte mit muslimischen Gelehrtinnen und Gelehrten, die immer wieder vorkommen, sind schon sehr bemerkenswert. Das ist der richtige Weg.

Denn wenn man vom Zusammenhalt der Gesellschaft spricht, der durch Kriege, durch Auseinandersetzungen gerade in diesen Tagen überall auf der Welt in Mitleidenschaft gerät, dann sind das die richtigen Schritte.

Die Religionsgemeinschaften haben da, glaube ich, eine ganz große und wichtige Verantwortung. Das wollten wir unterstreichen und das war uns wichtig, dass wir das dokumentieren.

DOMRADIO.DE: Die Unterzeichnung des Dokuments zur Geschwisterlichkeit aller Menschen ist eine große Sache gewesen, an der Sie auch als Zentralrat der Muslime in Deutschland Ihren Anteil hatten. Welche Rolle spielt dieses Dokument denn für den interreligiösen Dialog?

Papst Franziskus spricht neben Ahmad al-Tayyeb, Großscheich der Al-Azhar-Moschee / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus spricht neben Ahmad al-Tayyeb, Großscheich der Al-Azhar-Moschee / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Mazyek: Es ist wirklich ein historischer Wendepunkt. Der Papst ist in der arabischen Halbinsel erstmalig zu Gast und trifft eines der wichtigsten Oberhäupter des sunnitischen Islams und unterzeichnet auch noch dieses wichtige Dokument, was wirklich bahnbrechend ist und inzwischen in viele Sprachen übersetzt wurde.

Es macht deutlich, in welche Richtung die Glaubensgemeinschaften bereit sind zu gehen. Daraus entstand der UNO-Welttag des interreligiösen Dialogs am 4. Februar.

Das sind wichtige Schritte, die damit einhergehen. Das war schon bemerkenswert und beeindruckend, daran teilgenommen zu haben.

DOMRADIO.DE: Das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und dem Islam ist nicht immer so entspannt gewesen, denkt man beispielsweise an die Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. zurück. Das ist schon ein neuer Tonfall, den sein Nachfolger Franziskus eingeschlagen hat, oder?

Mazyek: Das ist ein neuer Kurs. Ich hatte auch die Gelegenheit, Benedikt XVI. persönlich kennenzulernen, als er in Deutschland war. Er hat später noch versucht, ein Stück weit seine Position zu korrigieren. Es waren auch viele Missverständnisse dabei, ohne Zweifel. Es waren auch ein paar unglückliche Formulierungen dabei. Aber es war schon ein großer Schaden, gerade in der muslimischen Welt entstanden.

Papst Franziskus hat das um 180 Grad gewendet und in eine positive Richtung gewandelt. Der Respekt und die Hochachtung gerade der muslimischen Würdenträgerinnen und -träger ist seitdem enorm gewachsen.

DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie Papst Franziskus nach zehn Jahren im Amt? Mit 86 Jahren werden die kommenden Jahre sicher nicht leichter, als die letzten gewesen sind.

Mazyek: Ich bemerke schon, wie die Wege, die er beschreitet, schwerer sind. In Bahrain hat man das bei seinem Besuch auch gesehen. Ich wünsche ihm alles erdenklich Gute, viel Gesundheit und vor allen Dingen Gottes Segen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Quelle:
DR