Die junge Frau mit geistiger Behinderung hat sich beharrlich für ihren neuen Job in einer Kita qualifiziert. Um diese Personengruppe gezielt zu fördern, rief das rheinland-pfälzische Kinder- und Jugendministerium 2012 das Projekt "Helferinnen und Helfer in Kindertagesstätten" ins Leben, zuvor getestet im Kreis Mainz-Bingen. Es biete Behinderten "eine gute Perspektive auf eine Beschäftigung in einem pädagogischen Umfeld mit engem Kontakt zu Kindern, Eltern und Erzieherinnen. Das ist eine win-win-Situation für alle Beteiligten und gelebte Inklusion", sagt die zuständige Ministerin Irene Alt (Grüne). Aber, so räumt sie ein: Über deren Einsatz seien "nur wenige Einzelfälle bekanntgeworden".
Ziel ist es, dauerhafte Anstellungen vor allem im hauswirtschaftlichen Bereich zu ermöglichen. Das Konzept sieht zur Qualifizierung zunächst eine Praktikumsphase vor. Während dieser bleibt der Hospitant in der Werkstatt beschäftigt. In der Zeit entstehen dem Kita-Träger keine Kosten. Erprobt werden vor allem Arbeitsabläufe. Später sollen reguläre Jobs entstehen, die zu 70 Prozent aus dem Budget für Arbeit des Landes finanziert werden.
Martin Berg, Vorstandsvorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen, lobt den Ansatz: So entstünden Brücken hin zum allgemeinen Jobmarkt, etwa durch ausgelagerte Arbeitsplätze. Berg spricht von einem "wichtigen Beitrag, einen inklusiven Arbeitsmarkt zu gestalten".
Individuelle Schulungen
Dass das schon klappen kann, zeigt auch das Beispiel von Maria Faber, die in der katholischen Kita Don Bosco in Montabaur arbeitet. Mit Unterstützung von Viweca, der Integrationsabteilung der Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn, kam sie Mitte vergangenen Jahres auf einen Außenarbeitsplatz in der Kita, zuständig für den hauswirtschaftlichen Bereich. Dank Viweca ist es Faber gelungen, dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest näher zu kommen, erreicht ist er noch nicht, denn sie ist weiter in der Werkstatt angestellt.
19 Außenarbeitsplätze hat die Stiftung Attl geschaffen, eine der Caritas angeschlossene Einrichtung für Menschen mit Behinderung bei Wasserburg am Inn. Die ersten beiden Beschäftigungsverhältnisse in einem Kindergarten gibt es bereits seit dem Jahr 2004, wie die pädagogische Werkstattleiterin Lucia Wübbeling berichtet. Auch sie schildert die aufwendige Begleitung der wechselwilligen Mitarbeiter: "Die Schulung ist individuell an den Bedarf der Menschen mit Behinderung und der jeweiligen Tagesstätte angepasst." Ziele und Maßnahmen würden in Zusammenarbeit mit den Beschäftigten selbst und den Mitarbeitern vor Ort erarbeitet.
Wübbeling betont, dass die Beschäftigten in der Werkstatt angestellt bleiben. Zur Bezahlung sagt sie: "Wir bekommen einen Beitrag vom Beschäftigungsgeber, auch dieser Betrag ist sehr unterschiedlich, je nach dem, was sich der Kindergarten leisten kann." Der Einsatz der behinderten Menschen in den Kitas habe sich "sehr gut bewährt", betont Wübbeling.
Keinen Wattebausch für Menschen mit Behinderung
Doch die Hürden für den Wechsel sind hoch. Janet Grüning vom Fachdienst Betriebliche Integration der Lebenshilfe Braunschweig umreißt das Anforderungsprofil möglicher Bewerber. Dazu gehören ein angemessenes Sozialverhalten, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit sowie ein Mindestmaß an räumlicher Orientierung. Doch das sind nur jene Vorgaben, die ein Behinderter selbst erfüllen muss. Was es indes vor allem braucht, sind funktionierende Netzwerke zur Unterstützung: Helfer, die die behinderten Menschen auf ihren ersten Schritten in eine neue berufliche Zukunft eng begleiten. Bei Linda Koch waren das neben Mitarbeitern der Lebenshilfe vor allem Fachkräfte der katholische Kirche und der Stadt Braunschweig.
"Linda braucht ein gewisses Raster, nimmt aber Verantwortung sehr ernst", berichtet Ulrike Bruschke, die Leiterin der St.-Bernward-Kita. Es gebe "keinen Wattebausch für die neue Kollegin". Und Bruschke lobt Kochs Engagement: Sie sei "der Motor ihres eigenen Lebens".
Dirk Baas