Merkel mahnt bei Erdogan Einhaltung der Gewaltenteilung an

"Opposition gehört zu einer Demokratie dazu"

Viele Bundestagsabgeordnete forderten von der Kanzlerin, dass sie in der Frage von Freiheitsrechten Klartext gegenüber dem türkischen Staatschef spricht. Sie tat es. Und Erdogan verteidigte das von ihm gewünschte Präsidialsystem.

Merkel trifft Erdogan / © Lefteris Pitarakis (dpa)
Merkel trifft Erdogan / © Lefteris Pitarakis ( dpa )

Kanzlerin Angela Merkel hat bei ihrem ersten Besuch nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei Staatschef Recep Tayyip Erdogan zur Einhaltung von Freiheitsrechten aufgefordert. Sie sagte nach einem zweieinhalbstündigen Gespräch mit Erdogan am Donnerstag in Ankara, dass beide Staaten bei der Terrorbekämpfung eng zusammenarbeiteten. Sie betonte aber, in der entscheidenden Phase der Aufarbeitung des Umsturzversuches durch Militärs vom vorigen Juli sei es wichtig, Meinungsfreiheit und Gewaltenteilung einzuhalten. Ohne nähere Details zu nennen, erklärte sie ferner, sie mache sich Sorgen mit Blick auf verschiedene Fälle im Umgang mit Journalisten.

Mit Blick auf die bevorstehende Volksabstimmung über ein von Erdogan angestrebtes Präsidialsystem sagte sie, es müsse alles getan werden, damit die Gewaltenteilung und Meinungsfreiheit und Vielfalt der Gesellschaft weiter gewahrt bleibe. "Opposition gehört zu einer Demokratie dazu. Das erfahren wir alle miteinander jeden Tag in demokratischen Staaten", mahnte Merkel. Sie habe in dem "sehr intensiven und ausführlichen" Gespräch mit Erdogan auch darüber gesprochen, dass bei dem Referendum OSZE-Beobachter dabei sein könnten.

Hilfe bei Terrorbekämpfung

Erdogan verteidigte den Vorstoß zur Einführung eines Präsidialsystems. Von einer Aufhebung der Gewaltenteilung, wie von der Opposition befürchtet, könne keine Rede sein. Er nannte Merkels Besuch wichtig für die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Vor allem in der Terrorbekämpfung seien Zusammenarbeit und "Solidarität" unter Nato-Partnern wichtig. Erdogan forderte internationalen Beistand beim Kampf seines Landes gegen den Terrorismus. "Der internationale Terrorismus kann nicht durch ein einzelnes Land bekämpft werden. Dafür muss es internationale Anstrengungen geben", sagte Erdogan.

Erdogan betonte weiter: "Islam bedeutet Frieden." Merkel richtete sich ausdrücklich an die Menschen in der Türkei und sagte: "Jeder weiß, dass mir die Religionsfreiheit sehr viel wert ist."


Quelle:
dpa