Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz treffen an diesem Sonntag zum traditionellen TV-Duell vor der Bundestagswahl aufeinander. Die Diskussion wird um 20.15 Uhr live aus Berlin-Adlershof im Ersten, bei RTL, Sat.1 und ZDF sowie bei Phoenix mit Gebärdensprache ausgestrahlt. Im Radio überträgt der Deutschlandfunk die Sendung.
Die beteiligten Sender rechneten mit etwa 20 Millionen Zuschauern, sagte ZDF-Chefredakteur Peter Frey am Freitag in Berlin. Die erste Frage sei Schulz zugelost worden, die letzte gehe an Merkel, teilten die Sender bei der Vorstellung des Konzepts mit. Antworten sollen nicht länger sein als 90 Sekunden. Das Duell dauert 90 Minuten.
Moderiert wird die Sendung von Maybrit Illner (ZDF) und Peter Kloeppel (RTL), Sandra Maischberger (ARD) und Claus Strunz (ProSieben/Sat.1).
Kaum Schärfe erwartet
Der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), er erwartet nicht, dass das Duell mehr Schärfe in den Wahlkampf bringt. "Union und SPD könnten sich nicht fetzen, weil sie vier Jahre lang zusammen Politik gestaltet haben, und das nimmt den Dampf raus", sagte Brettschneider. Die Bundeskanzlerin führe zudem einen "Wohlfühlwahlkampf". Sie werbe für ihren Regierungsstil und nicht für Politikinhalte. Merkel vertrete die Haltung "in internationalen Krisenzeiten stehe ich, Angela Merkel, für Stabilität". Schulz müsse die Wähler hingegen davon überzeugen, bessere Politik zu machen als die CDU-Chefin.
Laut ARD-Deutschlandtrend erwarten die Zuschauer, dass Merkel beim Duell besser abschneidet als Schulz. 64 Prozent der 1.013 Befragten gehen den Angaben zufolge davon aus, dass die Kanzlerin besser auftritt. 17 Prozent schätzen, dass Schulz besser abschneiden wird.
In den vergangenen Wochen hatte es Kritik an der Einstellung Merkels zur Sendung gegeben. Vertreter der Kanzlerin lehnten eine neue Dramaturgie des Duells, ein Publikum im Studio und ein zweites Aufeinandertreffen mit Schulz ab - sonst werde Merkel nicht teilnehmen. Ursprünglich hatten die Sender nach eigenen Angaben "mehr Raum für Spontaneität und Vertiefung" schaffen wollen. Dafür sollten die beiden Moderatorenpaare jeweils für 45 Minuten Fragen an Merkel und Schulz stellen. Nun werden die Moderatorenpaare sich, wie im Jahr 2013, häufig mit ihren Fragen abwechseln.
Krirtik am Vorgehen des Kanzleramts
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte das Vorgehen des Kanzleramts. "Ich wundere mich, dass der Regierungssprecher den Sendern offenbar vorschreiben kann, wie das Fernsehduell ablaufen soll", sagte DJV-Vorsitzender Frank Überall. Merkel verteidigte ihre Einstellung. Der Fragemodus habe sich in der Vergangenheit "sehr gut bewährt", weil er sich auf den Dialog zwischen den beiden Kanzlerkandidaten konzentriert habe.
ZDF-Chefredakteur Frey sagte zu Merkels Bedingungen: "Am Ende mussten wir entscheiden, gibt es diese einzige direkte Auseinandersetzung zwischen dem Herausforderer oder gibt es die nicht", sagte Frey im ZDF-Morgenmagazin. Es wäre "der größere Schaden gewesen", dass Duell ganz abzusagen. Kleine Veränderungen werde es trotzdem geben. So sollen Merkel und Schulz mehr aufeinander zugehen und direkter kommunizieren als bisher. In einem Vorgesprächen sei mit den Kandidaten nur über Themenkomplexe gesprochen worden, beispielsweise Flüchtlings- und Außenpolitik. "Mehr wissen die Kandidaten nicht", sagte Frey.
Das TV-Duell der Kanzlerkandidaten findet in diesem Jahr zum fünften Mal statt. Bei der Premiere 2002 hatte es noch zwei Live-Sendungen gegeben.