Merkel will mit Länderchefs Rauchverbot auf den Weg bringen - Ärztekammer warnt vor "föderalen Eifersüchteleien"

Rauchzeichen aus Berlin

Nach dem Scheitern der Koalitionspläne für ein Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Gaststätten will die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern eine Initiative starten. Am kommenden Mittwoch wolle Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten über ein Rauchverbot sprechen, kündigte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Freitag an. Die Bundesärztekammer kritisierte die Abkehr von einem bundeseinheitlichen Rauchverbot scharf.

 (DR)

Krach über Zuständigkeiten von Bund und Ländern
Die Pläne einer Arbeitsgruppe von Union und SPD für ein umfassendes Rauchverbot sind damit vom Tisch. Zwischen der Arbeitsgruppe und den zuständigen Bundesministerien hatte es Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeiten von Bund und Ländern bei dem Thema gegeben.

Die Arbeitsgruppe hatte ein bundeseinheitliches Rauchverbot für öffentliche Gebäude, Restaurants und Diskotheken vorgeschlagen. In Bars, Kneipen und Bierzelten sollte das Verbot nicht gelten. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Marion Caspers-Merk (SPD), die auch der Arbeitsgruppe angehörte, sah eine Zuständigkeit des Bundes, weil das Rauchverbot dem Schutz vor "allgemeingefährlichen Krankheiten" dienen sollte.

Dieser Auffassung schlossen sich das Bundesinnen- und das Justizministerium als für Verfassungsfragen zuständige Ressorts jedoch nicht an. Der Bund dürfe zwar eingreifen, um vor "allgemeingefährlichen Krankheiten" zu schützen, erklärte die Sprecherin des Justizministeriums, Eva Schmierer. Das umfassende Rauchverbot hätte diese Kompetenz jedoch überdehnt. Für Krankenhäuser, Schulen und Gaststätten sind die Länder zuständig.

Eckpunkte für eine Bundesregelung
Der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, Klaus Vater, gab zu, dass sich die Auffassung des Innen- und des Justizministeriums durchgesetzt habe. Es sei aber nicht "unehrenhaft" von der Arbeitsgruppe der Koalition gewesen, über das verfassungsrechtlich Mögliche hinauszudenken. In den nächsten Tagen würden das Gesundheits- und das Verbraucherministerium Eckpunkte für eine Bundesregelung erarbeiten, über die das Kabinett am nächsten Mittwoch beraten werde. Dabei geht es um ein Rauchverbot in bundeseigenen Einrichtungen.

Die Bundesregierung halte eine wirksame Initiative für den Schutz vor Passivrauchen für notwendig, sagte Regierungssprecher Wilhelm. Ziel des Gesprächs mit den Ministerpräsidenten sei daher eine abgestimmte Initiative von Bund und Ländern. Wilhelm betonte, dass die Bundesregierung den Ländern weder zeitliche noch inhaltliche Vorgaben für ein Rauchverbot machen wolle, weil dies der Hoheit der Länder widerspreche.

Mindeststandards, keinen Flickenteppich
Caspers-Merk hält ein bundeseinheitliches Rauchverbot weiterhin für notwendig. Die Bundesländer wollten keinen Flickenteppich mit unterschiedlichen Regelungen, sondern Mindeststandards, sagte sie im MDR.

Der drogenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Detlef Parr, warf der schwarz-roten Koalition Dilettantismus vor. Die Bedenken gegen einen Nichtraucherschutz auf Bundesebene seien seit Anfang September bekannt. Die Koalition sollte ihren "Irrweg der Verbraucherbevormundung und -verunsicherung durch unausgegorene Gesetzesvorlagen beenden", forderte der Abgeordnete.

Kritik der Bundesärztekammer
Die Bundesärztekammer kritisierte die Abkehr von einem bundeseinheitlichen Rauchverbot scharf. "Die Bundesregierung scheint durch die Propaganda der Tabaklobby völlig vernebelt zu sein", erklärte Ärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe. Niemand bestreite, dass Passivrauchen gesundheitsschädlich sei. Daher hätten die Nachbarländer Deutschlands längst Rauchverbote durchgesetzt. "In solchen Fragen darf es keine föderalen Eifersüchteleien geben", sagte Hoppe.

Die Deutsche Krebshilfe betonte, dass die Regierung Verantwortung trage für die Gesundheit der Bevölkerung. Die Delegierung der Verantwortung auf die Länder sei ein falscher Schritt, kritisierte Präsidentin Dagmar Schipanski. Eine bundesweit einheitliche Lösung sei der einzige Weg, um die Bevölkerung vor der Gesundheitsgefahr durch Passivrauchen zu schützen.