Michel Aupetit leitet künftig Frankreichs wichtigstes Bistum

Ein Arzt wird neuer Erzbischof von Paris

Manche sehen in der Ernennung von Michel Aupetit zum Pariser Erzbischof eine Überraschung, andere eine Kontinuität. Mit dem Arzt und Bioethiker übernimmt einer, der keine klassische Kirchenkarriere gemacht hat.

Autor/in:
Franziska Broich
 (DR)

20 Jahre war er, als er seine erste Bibel kaufte. Und 39, als er ins Priesterseminar eintrat. Michel Aupetit, der am Samstag als neuer Erzbischof von Paris in sein Amt eingeführt wird, hat nicht die klassische katholische Laufbahn absolviert. "Er ist weder politisch noch Stratege noch Karrierist", sagten Menschen aus seiner Nähe, bevor er 2013 Weihbischof in Paris wurde. Frankreichs Metropole kennt Aupetit besser als jede andere Stadt.

Geboren 1951 in Versailles, wuchs er ohne viel Kontakt mit der Kirche auf. Er besuchte weder eine christliche Schule, noch verbrachte er seine Wochenenden bei den Pfadfindern. Sein Vater habe nie eine Kirche betreten, schreibt die Zeitung "La Croix". Nach der Schule studierte Aupetit Medizin in Paris und arbeitete von 1979 bis 1990 als Arzt im Vorort Colombes. "Auch wenn ich aus einer Familie kam, in der nur wenig Religion praktiziert wurde, fühlte ich dem persönlichen Gebet und der Sonntagsmesse immer sehr verbunden", sagte Aupetit einmal.

Intensive Beschäftigung mit Anfang und Ende des Lebens

Mit 39 Jahren entschied er sich, diesen Weg zu verfolgen. Er trat ins Pariser Seminar ein und studierte Theologie; im Juni 1995 wurde er zum Priester geweiht. Danach arbeitete er acht Jahre lang als Vikar in verschiedenen Pariser Gemeinden, bevor er 2006 zum Generalvikar des Erzbistums ernannt wurde. Seine Leidenschaft für das Medizinische verlor er nicht. Von 1997 bis 2006 vertiefte er sein Wissen über Bioethik an der Uniklinik Henri Mondor in Creteil. "Damals, war ich Arzt, um für das Leben zu kämpfen. Heute bin ich im Dienst des ewigen Lebens", sagt Aupetit. Für Veröffentlichungen beschäftigte er sich intensiv mit der Bedeutung des Embryos und mit dem Lebensende. Das könnte ihm auch 2018 zugutekommen; da plant Staatspräsident Emmanuel Macron eine Reform des Bioethikgesetzes.

Auch kreativ ist der neue Pariser Erzbischof. In seiner Freizeit mache er Holzskulpturen, schreibt "La Croix". Zudem singe er gern und spiele Gitarre. Eine seiner Christusfiguren stehe im Eingang der Kirche Notre-Dame-de-l'Arche-d'Alliance im 15. Arrondissement. Aupetit interessiert sich auch für die Medien. Von 2014 bis 2017 war er etwa Präsident des religiösen Radiosenders Notre-Dame.

Entschuldigung nach Wutausbruch

Nachdem Aupetit 2013 zum Weihbischof ernannt wurde, machte ihn Papst Franziskus 2014 zum Bischof von Nanterre im Pariser Westen. In der Bischofskonferenz engagiert sich Aupetit im Ausschuss für Familie und Gesellschaft, dessen Vorsitz er im März übernahm. Dabei wird er besonders die Anwendung der Enzyklika "Amoris laetitia" in den Diözesen verfolgen.

Bewundert wird Aupetit für seinen Kontakt mit den Menschen. Egal ob Gemeindemitglieder, Priester oder Menschen anderer Religionen - Aupetit finde immer einen Zugang, berichten französische Medien. Und auch seine Mitarbeiter schätzen ihn. Ein Angestellte der Diözese Hauts-de-Seine nannte ihn anerkennend "Chef". "Manchmal könne er zornig werden, aber dann entschuldige er sich schon einige Minuten später", sagt sie.

Ein "Arbeitstier"

Sein einstiger Zimmernachbar im Priesterseminar, Pfarrer Pierre Vivares, beschreibt den Bischof als "glücklich ausgeglichen und weit entfernt von einer übertriebenen klerikalen Würde". Er sei ein "Arbeitstier", der seine Aufgaben stets ernst nehme. Vivares übernahm von Aupetit auch die Pariser Gemeinde l'Arche d'Alliance (Bundeslade). Durch Aupetit hätten die Gemeindemitglieder viele Initiativen und Aktionen angestoßen, so Vivares.

Im Vatikan sei Aupetit noch unbekannt, so französische Zeitungen. Sie interpretieren dies als ein Zeichen, dass der Wechsel vom seinem Vorgänger, Kardinal Andre Vingt-Trois, lange vorbereitet worden sei. Einige Ähnlichkeiten gibt es tatsächlich, etwa das Interesse an bioethischen Themen und die langjährige Verbundenheit mit Paris. "La Croix" sieht in der Wahl von Papst Franziskus eine "gewisse Kontinuität". Im Vorfeld der Ernennung waren immer wieder verschiedene Namen genannt worden - doch keiner hatte sich als Favorit herauskristallisiert. Offiziell tritt Aupetit sein neues Amt am Samstag mit einer Messe in der Kathedrale Notre-Dame an.


Notre-Dame Kathedrale in Paris, Frankreich / © SEBASTIEN NOGIER (dpa)
Notre-Dame Kathedrale in Paris, Frankreich / © SEBASTIEN NOGIER ( dpa )
Quelle:
KNA